Als die Scuderia Ferrari gestern beim Testdebüt ihres neuen F2005 insgesamt 61 Runden, neun davon auf der kurzen Streckenvariante, auf dem gefrorenen Autodromo del Mugello absolvierte, brandete an manchen Stellen der F1-Welt ein Aufschrei durch die Massen. Zumindest bei jenen, die sich an längst vergangene Tage erinnerten, in denen in der Woche vor einem Grand Prix nur ein 50 Kilometer Shakedown erlaubt war.

Entsprechend schnell wurde gestern Abend und im Laufe des heutigen Tages davon gesprochen, dass Ferrari die Testregeln gebrochen habe. Dem ist allerdings nicht so. Denn seit Ende 2001 hat der Motorsportweltverband FIA die Beschränkung der Testfahrten aufgegeben und den Teams selbst überlassen, was unter anderem neben Testlimits auch die Shakedown-Regelung beinhaltete.

In der Saison 2002 galt somit das so genannte "Suzuka Agreement" aller Teams, eingeschlossen Ferrari, welches besagte, dass die Rennställe abgesehen von einer Sommer-, Saisonend- und Weihnachtspause jeder Zeit und so oft sie wollten auf lizenzierten Strecken testen durften. GP-Kurse, abgesehen von Barcelona, Silverstone und Monza, waren jedoch ebenso tabu wie ein umfangreicher als 50 Kilometer gearteter Shakedown in der Woche vor einem Grand Prix.

Für das Jahr 2003 wurde dieses Abkommen bekanntermaßen erweitert: Neben der Möglichkeit nach dem "Suzuka Agreement" zu testen, durften sich die Teams auch dafür entscheiden nach dem so genannten "Heathrow Agreement" zu testen. Dieses beinhaltete 20 Ein-Auto-Testtage unter den Voraussetzungen des Suzuka-Abkommens, also mit der Shakedown-Regelung, sowie eine zweistündige Zusatztrainingssession am Freitagmorgen eines jeden Grand Prix Wochenendes. Damals entschied sich neben Minardi, Jordan und Jaguar auch Renault für diese Testweise.

Im vergangenen Jahr wurde das "Heathrow Agreement" fallen gelassen und das Suzuka-Abkommen derart verändert, dass den Teams nur noch 48 Testtage erlaubt waren. Zudem durften die Bottom-6-Teams der 2003er Konstrukteurswertung ein drittes Auto in den beiden freien Trainingssitzungen eines jeden GP-Freitags einsetzen. Als Fahrer kamen dafür aber nur Piloten mit weniger als sechs absolvierten Renneinsätzen in den vergangenen zwei Jahren in Frage. Alle Teams hielten sich an diese Vorgehensweise, welche auch noch die Shakedown-Regelung beinhaltete.

Nach dem ersten Treffen beim Brasilien GP 2004 unterschrieben neun Teams eine Absichtserklärung für ein erneut verändertes 2005er Suzuka-Abkommen, welches diesmal nur noch 30 Testtage mit maximal zwei Autos auf zeitgleich nur einer Rennstrecke während der Saison beinhaltet. Dieses Abkommen wurde jedoch nicht von der Scuderia Ferrari unterschrieben, die ihrerseits ein eigenes Testabkommen vorlegte, welches allerdings keines der anderen neun Teams unterzeichnete. Somit müssen sich die Italiener auch nicht an die 30 Testtage-Beschränkung oder die Shakedown-Regelung halten.

Denn das FIA-Reglement schreibt in Testsachen nur einige wenige Punkte - aber keinerlei Reglementierung - vor:
Artikel 63) a) Testfahrten sind auf für F1 Autos nicht genehmigten Strecken verboten. Um sicherzustellen, dass der Austragungsort zu jedem Zeitpunkt der Testfahrten den Lizenzvoraussetzungen entspricht, müssen Testteilnehmer die FIA über ihren Testplan in Kenntnis setzen, damit falls notwendig ein Beobachter eingesetzt werden kann.
b) Während aller F1-Tests: muss das rote Flaggen-Prozedere eingehalten werden, darf kein anderes Fahrzeug auf der Strecke fahren, müssen alle vernünftigen Maßnahmen ergriffen werden, um die Sicherheitsvorschriften des Artikels 16 des Anhangs H zu erfüllen.