Mit großen Ambitionen und der neuen, weltmeisterlichen Fahrerpaarung Fernando Alonso und Kimi Räikkönen gestartet, geht für Ferrari 2014 eine der schlechtesten Saisons der Teamgeschichte zu Ende. In der Konstrukteurs-Wertung reicht es für das stolze Team aus Maranello nur zum vierten Rang. Eine so schlechte Platzierung erzielte die Scuderia in den vergangenen 20 Jahren nur ein einziges Mal.

Sinnbild der Ferrari-Saison gleich zum Auftakt in Australien, Foto: Sutton
Sinnbild der Ferrari-Saison gleich zum Auftakt in Australien, Foto: Sutton

Nicht einmal zu einem Saisonsieg reicht es für die Roten - erstmals seit 1993. Selbst auf dem Podium sehen die Fans nur zweimal einen roten Anzug. Kimi Räikkönen gelingt gar nur ein vierter Platz als bestes Saisonergebnis. Nach einem katastrophalen Saisonstart tritt Teamchef Stefano Domenicali zurück. Doch unter Nachfolger Marco Mattiacci läuft es nicht besser. Sieben Monate später ist auch er Geschichte. Schon zuvor kommt es in Italien zum Urknall. "Il Commendatore", Chairman Luca Cordero di Montezemolo, wird gegangen. Nur ein Coup gelingt der Scuderia: Ferrari sichert sich für 2015 die Dienste des viermaligen Weltmeisters Sebastian Vettel.

Das Team

Im Team von Ferrari beobachten wir 2014 das größte Stühlerücken seit dem Ende der Ära Brawn/Byrne/Todt/Schumacher. Kimi Räikkönen übernimmt zu Saisonbeginn das Cockpit von Felipe Massa. Die Zusammenarbeit mit Teamkollege Alonso funktioniert tadellos. Jedoch hauptsächlich, weil der F14T nicht zum Fahrstil des Finnen passt und Räikkönen Alonso nie ernsthaft fordern kann. Kurz zuvor war bereits James Allison von Lotus zurück nach Maranello gewechselt. Der Brite ersetzt Pat Fry als Technischen Direktor der Scuderia. Fry tauscht dafür seinen Posten gegen den des Chefingenieurs.

Stefano Domenicali hat keine Lust mehr auf die Pleitenserie, Foto: Sutton
Stefano Domenicali hat keine Lust mehr auf die Pleitenserie, Foto: Sutton

Noch mehr Wechselwind wirbelt im Amt des Teamchefs. Zum siebten Mal mit Stefano Domenicali in die Saison gegangen, nimmt der 48-Jährige nach erfolglosem Saisonstart im April freiwillig den Hut. Als Nachfolger beruft die Scuderia Ferraris Nordamerika-Geschäftsführer Marco Mattiacci. Wegen dünner Rennsport-Vita eine nicht unumstrittene Personalie. Sieben Monate später setzt Ferrari Mattiacci mit dem Saisonende in Abu Dhabi schon wieder vor die Tür. Marlboro-Manager Maurizio Arrivabene übernimmt.

Urknall: Montezemolo sagt Arrivederci!

Ebenfalls gehen muss Luca Marmorini, den die Scuderia im Juli entlässt. Dem langjährigen Motoren-Chef Ferraris wird angelastet, entscheidende Entwicklungen bei den 2014 eingeführten 1,6-Liter-V6-Turbomotoren verpasst zu haben (siehe Das Auto). Damit nicht genug. Für den Urknall sorgt eine ganz andere Figur. Unmittelbar nach dem Großen Preis von Italien erklärt Luca Cordero di Montezemolo seinen Abschied als Chairman von Ferrari. "Es ist das Ende einer Ära", kommentiert di Montezemolo seinen Abschied nach 23 Jahren im Amt des Präsidenten selbst. Den Posten von "Il Commendatore" übernimmt Fiat-Boss Sergio Marchionne.

Domenicali und di Montezemolo kehren Ferrari den Rücken, Foto: Sutton
Domenicali und di Montezemolo kehren Ferrari den Rücken, Foto: Sutton

Insgesamt erscheint das gesamte Team so unkoordiniert wie seit Jahren nicht zu arbeiten. Im Gegenteil: Statt sich im Saisonverlauf zu verbessern, fällt Ferrari eher weiter ab. Ganz so chaotisch wie vor den Zeiten von Michael Schumacher wirkt es zwar nicht. Wobei es schon ein starkes Stück ist, zu vergessen die Batterie aufzuladen. Aiaiaiaiai! Nicht wahr Herr Alonso. Dennoch hinterlässt ein weiterer Personalwechsel den Eindruck, man wolle genau diesen Rückfall in alte Muster vermeiden. Schließlich stößt mit Sebastian Vettel in der nächsten Saison wieder ein Deutscher Weltmeister zur Mannschaft aus Maranello ...

Das Auto

Der F14T ist der Staubsauger unter den Nasenbär-Frontpartien der diesjährigen Boliden-Generation. Als einziges Team neben Mercedes setzt Ferrari damit auf eine andere Lösung als einen unschönen Stab an der Front, um das neue Regelwerk zu erfüllen. Doch das mit ganz anderem Erfolg. Während das Wunderauto von Mercedes dem Feld nach Belieben um die Ohren fährt, stottert sich der Ferrari nur durch das Mittelfeld.

Der F14T raucht in Monza ab, Foto: Sutton
Der F14T raucht in Monza ab, Foto: Sutton

Speziell auf der Geraden ist der F14T Mercedes-Futter. Ferrari hat es nicht geschafft zu Beginn 1,6-Liter-V6-Turbo-Ära einen leistungsfähigen Hybriden hinzustellen. Der Auspuff sei nicht ausgreift, die einzelnen Antriebskomponenten nicht ideal angeordnet und auch der Turbolader einfach nicht passend, heißt es. Motoren-Chef Luca Marmorini muss deshalb Ende Juli gehen. Auch in Sachen Aerodynamik und mechanischer Grip ist der F14T kein Meisterwerk. Dem Auto fehlt einfach in allen Bereichen das gewisse Etwas.

Die Fahrer

Alonso grübelt über die Ferrari-Performance, Foto: Sutton
Alonso grübelt über die Ferrari-Performance, Foto: Sutton

Fernando Alonso: Das beste Indiz für die Schwäche des F14T ist sicherlich, dass nicht einmal Fernando Alonso aus dem roten Flop-Auto sonderlich viel herausquetschen kann. Generell ist der Spanier dafür bekannt, selbst mit unterlegenem Material zu zaubern - und unmöglich erscheinende Resultate nach Hause zu fahren. Nicht so 2014. Gerade ein zweiter Platz in Ungarn und einer dritter Rang in China gelingen Alonso. Mehr geht nicht.

In der WM reicht es nur zum sechsten Platz - und damit wieder einer Position hinter seinem langjährigen Rivalen Sebastian Vettel. Trotz dessen Seuchensaison. Bitter! Einzig 2009 ( Renault) und 2001 (Minardi!) war der Spanier im Gesamtklassement schlechter platziert. Kein Wunder also, dass er Ferrari zum Saisonende verlässt.

Räikkönen würde sich am liebsten verstecken, Foto: Sutton
Räikkönen würde sich am liebsten verstecken, Foto: Sutton

Kimi Räikkönen: Noch schlimmer als Alonso trifft es Kimi Räikkönen. Der Finne erleidet eine Horrorsaison. Räikkönen beendet zum ersten Mal ein Formel-1-Jahr mit einer WM-Platzierung außerhalb der Top-10. Selbst in seiner Debüt-Saison mit Sauber 2001 war der Iceman besser platziert. Die Ursache für den Absturz des fliegenden Finnen ist schnell gefunden. Das Auto passt so gar nicht zu seinem Fahrstil. Erst in der zweiten Saisonhälfte gelingt es den Ingenieuren vereinzelt ein passendes Setup zu finden.

In diesem Zeitraum gelingen schließlich auch die besten Resultate. Doch sind das gerade einmal ein sechster Platz auf dem Hungaroring und ein vierter Rang auf Räikkönens Paradestrecke im belgischen Spa-Francorchamps. Bitter für Kimi! Als einziger Trost bleibt dem Finnen seine Einstellung. Solange er nicht siegt, ist es ihm sowieso egal, ob Zweiter oder Zwanzigster.

Redaktionskommentar

P6 und P12 in der Fahrer-, P4 in der Konstrukteurswertung. Vielmehr als dieser drei Ergebnisse bedarf es eigentlich nicht, die Leistung der Scuderia Ferrari 2014 einzuordnen. Ferrari gehört ganz nach vorne ins Klassement. Dass es in diesem Jahr nicht einmal reichte auch nur ansatzweise um die Spitze zu kämpfen, ist mit eigenem Anspruch und eigener Identität nicht im Mindesten zu vereinbaren. Zwar versuchte Ferrari mit Personalrochaden zu reagieren - doch war es da schon viel zu spät und hat nur noch mehr Unsicherheit, Zweifel und Hektik heraufbeschworen. "Ferrari ist immer Favorit", sagte der geschiedene Fernando Alonso zuletzt in Abu Dhabi befragt zur Perspektive seines Noch-Arbeitgebers. Hoffen wir für die Scuderia, dass sie dieser Rolle 2015 endlich wieder gerecht wird. (Jonas Fehling)