Vermutlich hätte er es selbst nicht geglaubt, wenn man es ihm vor der Saison erzählt hätte: Daniel Ricciardo hat drei Rennen vor Schluss 56 Punkte mehr auf dem Konto als sein Teamkollege Sebastian Vettel. Als einziger Fahrer konnte er bislang die Mercedes-Dominanz an der Spitze brechen und war immer zur Stelle, wenn bei Silber etwas schief lief. Als einer von nur drei Saisonsiegern hat er nicht nur Sebastian Vettel zur allgemeinen Überraschung in die Schranken gewiesen, sondern dabei auch seine lockere Art nicht verloren. Sein Rezept: Die Formel 1 als Spielplatz begreifen, aber in den richtigen Momenten eiskalt sein.

Und genau mit dieser Lockerheit ist er sein persönliches Projekt Red Bull auch angegangen: "Man muss das Team einfach zu seinem Spielplatz machen", erklärte der Australier seine Herangehensweise gegenüber dem australischen Magazin The Good Weekend. Dieser spielerische Ansatz hat ihm nicht nur drei Saisonsiege, sondern auch eine Menge Sympathien eingebracht. Sein Strahlen ist zu einer Marke geworden.

Daniel Ricciardo wie man ihn kennt: Auch der Regen kann ihm die gute Laune nicht verderben, Foto: Red Bull
Daniel Ricciardo wie man ihn kennt: Auch der Regen kann ihm die gute Laune nicht verderben, Foto: Red Bull

Wichtig ist ihm, dass er an der Seite des viermaligen Weltmeisters Sebastian Vettel keinen Nummer-2-Status bekommen habe: "Sie mussten mir die gleichen Chancen geben, weil ich in der Vergangenheit bereits guten Speed bewiesen habe. Obwohl Seb die letzten Jahre dominiert hat, hatten sie keinen Grund, mir nicht die gleichen Chancen einzuräumen und zu glänzen, sollte ich in der Lage sein, mit ihm mitzuhalten. So konnte ich dem Team zeigen, dass ich es genauso drauf habe wie er." Und wie er das umsetzte: In der ersten Saisonhälfte führte er den Weltmeister nahezu vor, erst in jüngerer Zeit konnte Vettel zumindest ein Gleichgewicht herstellen.

Ricciardo und Red Bull war Liebe auf den ersten Blick: "Ich kam herein und sie sagten mir: ‚Du bekommst zu 100 Prozent dasselbe Material. Geh da raus und wenn du gewinnen kannst, gewinne!‘ Und das war so ziemlich genau die Herangehensweise, die ich auch hatte: Einfach ans Steuer setzen, nicht zu sehr auf Seb konzentrieren, sondern einfach von ihm lernen, ohne ihn dabei aber als Teamleader, vierfachen Weltmeister oder so etwas zu betrachten." Dass das Team ihn so hat walten lassen, sei ein großer Vorteil für ihn gewesen, fügte der 25-Jährige hinzu.

Rücksichtslos wenn es sein muss

Es geht auch anders: Ricciardo Rücksichtslos existiert, Foto: Sutton
Es geht auch anders: Ricciardo Rücksichtslos existiert, Foto: Sutton

Sein Grinsen bringt ihm nach außen viele Sympathiepunkte ein, doch hinter der Fassade steckt ein knallhartes Alphatier, das zu allem bereit ist, wie Ricciardo selbst sagt: "Man kann nirgendwo - sei es im Sport, im Geschäftsleben oder sonst wo - ganz nach oben kommen, wenn man nicht ein gewisses Maß an Rücksichtslosigkeit mitbringt, oder irgendetwas in diese Richtung...ja, ich denke, Rücksichtslosigkeit ist das richtige Wort." Es sei für ihn aber leicht, den Schalter genau zum richtigen Zeitpunkt umzulegen, sagte er schnell noch hinterher. Er beherrscht das Spiel, diese Schonungslosigkeit nicht wie andere nach außen zu tragen.

Was er aber nach außen trägt, ist die Tatsache, dass er seinen Job liebt. "Ich genieße es, deshalb lächele ich so oft. Ich weiß, dass viele Kinder gerne in meiner Position wären. Deshalb sollte man immer dankbar sein für das, was man hat. Selbst an schlechten Tagen versuche ich, das Positive mitzunehmen." Kommende Saison wird er dann der Alteingesessene im Team sein und mit Daniil Kvyat ein weiteres großes Talent an die Seite gestellt bekommen. Der Spielplatz ist aufgebaut, jetzt gilt es für Ricciardo, ihn zu verteidigen.