Bislang hat Mercedes seine beiden Fahrer Nico Rosberg und Lewis Hamilton frei gegeneinander fahren lassen. Teamorder? Ein absolutes Unwort bei den Silberpfeilen - und doch wurde es immer wieder heiß diskutiert. Bis zum Belgien Grand Prix ging die Rechnung auf, doch an diesem Sonntag in Spa-Francorchamps knallte es zwischen den beiden Alpha-Tieren. Vor dem kommenden Rennen in Monza lautet nun die Frage, ob Mercedes sein Prinzipien über Bord wirft und eventuell doch aktiv ins Renngeschehen eingreift.

Kurz nach dem ereignisreichen Belgien-Rennen gab es ein erstes Meeting aller Beteiligten inklusive der Fahrer. Hier fiel noch keine Entscheidung, ob Teamorder in Zukunft eine Option sein könnte. Die Führungsetage hat allerdings schon weitere Meetings angekündigt, bei denen dieser Punkt diskutiert wird. Noch im Fahrerlager von Spa ließ Toto Wolff verlauten, dass eine mögliche Einführung der Teamorder zumindest besprochen wird. "Teamorder steht zur Diskussion", sagte der Mercedes-Motorsportchef. "Was können wir machen, damit so etwas nicht mehr passiert."

Wie geht es jetzt weiter bei Mercedes?, Foto: Sutton
Wie geht es jetzt weiter bei Mercedes?, Foto: Sutton

Teamorder? Kann sein

Auf die Frage, ob der zweiplatzierte Mercedes-Fahrer im Rennen künftig seinen Teamkollegen nicht mehr angreifen dürfe, antwortete Wolff: "Das kann sein." Es ginge nun darum, genau zu analysieren, wie es weitergeht in den kommenden Rennen. "Was wir tun wollen und wie wir in den nächsten Rennen die Situation managen wollen, damit das nicht mehr passiert. Wichtig ist, dass es Regeln gibt, und dass diese befolgt werden." Der Unfall zwischen Rosberg und Hamilton zu diesem frühen Zeitpunkt sei absolut inakzeptabel.

Bislang habe es laut Wolff keinen Grund gegeben, einen der beiden Fahrer einzubremsen. Jetzt ist das Worst-Case-Szenario allerdings eingetreten und Mercedes muss umdenken. Schließlich steht der Erfolg des Teams über allem - und auf dem Spiel, wenn auf diese Weise Punkte verloren gehen. "Wir hatten viele Rennen, wo es gut funktioniert hat und die beiden das respektiert haben, was wir besprochen haben", sagte Wolff. "Wenn das respektiert wird, brauchst du ja nicht dauernd als Oberlehrer reinzugrätschen. Heute ist das aber nicht passiert."

Teamorder könnte in Zukunft ein Thema sein, Foto: Sutton
Teamorder könnte in Zukunft ein Thema sein, Foto: Sutton

Vielleicht das Verhalten ändern

Wolff weiter: "Heute ist genau das eingetreten, was wir nicht wollten. Und jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, dass man vielleicht das Verhalten ändert." Auch Rosberg wollte nicht ausschließen, dass es bald vorbei sein könnte mit der freien Fahrt der Silberpfeile. Dies müsse nun zusammen mit dem Team diskutiert werden.

"Wir müssen schauen, wie wir als Team jetzt weitermachen", sagte der Zweitplatzierte im Rennen. "Was heute passiert ist, ist nicht akzeptabel. Wir sind hier, um einen Doppelsieg einzufahren. Wir müssen schauen, ob wir da etwas anpassen müssen oder weitermachen wie bisher." Darüber sei beim ersten Treffen noch keine Entscheidung getroffen worden.

Auch Hamilton war nicht sicher, wie der Wind künftig bei Mercedes weht. Der Brite, der das Rennen nach dem Unfall vorzeitig beenden musste, gab in einer Medienrunde einige Details aus dem Meeting preis, während sich die anderen komplett bedeckt hielten. "Ich kann mir nicht vorstellen, was das Team jetzt macht", sagte Hamilton, und ließ tief in seine Gefühlslage blicken: "Ich kam hier mit sehr positiven Gedanken an. Ich wir richtig gespannt... Wir hatten noch acht Rennen und es war eng - nur elf Punkte Unterschied - und ich dachte, dass das gut für uns alle sei."

Enormer Medien-Aufruhr nach dem Spa-Unfall, Foto: Sutton
Enormer Medien-Aufruhr nach dem Spa-Unfall, Foto: Sutton

Wolff: Hatte es immer befürchtet

Niki Lauda, der weiter darauf beharrte, dass Rosberg der Schuldige an dem Crash war, forderte zunächst einmal zur Ruhe auf. "Jetzt fahren wir mal alle nach Hause und dann sehen wir weiter", beschwichtigte der Mercedes-Aufsichtsratsvorsitzende noch in Spa. Wolff war zunächst außer sich über den Zwischenfall, hatte so etwas aber schon kommen sehen. "Im Hinterkopf habe ich immer befürchtet, dass es mal zu so einer Situation kommt beziehungsweise habe ich eh damit gerechnet, dass es soweit kommt", sagte der Österreicher. "Aber jetzt ist es soweit - vielleicht früher als ich gedacht habe."

Mercedes wird sich nun genau überlegen, seine Fahrer weiter frei fahren zu lassen. Wolff hatte immer wieder betont, dass Kontrolle durchaus wichtig sei und beide Seiten der Garage miteinander arbeiten müssen. Nach dem Spa-Crash dürfte die ohnehin schwankende Harmonie einen weiteren Dämpfer erlitten haben.

Die Silberpfeile waren für ihre Herangehensweise gelobt worden - damit könnte nun Schluss sein. "Ich weiß nicht, aber ich hoffe nur, dass Mercedes sie weiter gegeneinander fahren lässt", sagte stellvertretend Jacques Villeneuve gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Deshalb konnten wir als Renn-Fans das bisher genießen. Jetzt wird es hart."