Normalerweise liefert Motorsport-Magazin.com an dieser Stelle eine umfangreiche Longrun-Analyse. An diesem verlängerten Wochenende ist das aber etwas komplizierter. Nicht nur, dass Longruns in Monaco ohnehin sehr undurchsichtig sind. Im zweiten Freien Training, wenn eigentlich die Runden mit vollen Tanks gefahren werden, war die Strecke nass. Also blieben eigentliche Longruns ganz aus.

Die Supersofts kamen leider kaum zum Einsatz, Foto: Sutton
Die Supersofts kamen leider kaum zum Einsatz, Foto: Sutton

Dafür herrschte im ersten Freien Training Monaco-typisch viel Fahrbetrieb. Allerdings nur auf Soft-Reifen und mit einer anderen Aufgabenstellung. Nicht der Dauerlauf stand im Mittelpunkt, sondern die Piloten, die den Groove durch die engen Gassen finden müssen. Deshalb geht es nicht unbedingt darum, konstant Runden zu drehen, sondern vielmehr darum, das Limit zu finden.

Der Effekt: Die Rundenzeiten sinken im Normalfall vor allem zu Beginn des Wochenendes peu a peu, weil die Piloten immer näher an das Limit kommen - auch wenn die Reifen abbauen. Außerdem zeigt sich, dass die Fahrer öfter Abstand nehmen, um auf einer freien Runde die Bestzeit zu drücken. Oder die Reifen sollen sich nach einer schnellen Runde erholen, um im nächsten Umlauf wieder attackieren zu können.

Deshalb gleicht der grafisch dargestellte Zeitenverlauf eher einem Zick-Zack-Muster als einem tatsächlichen Longrun. Genau betrachtet ist die Longrun-Performance in Monaco aber ohnehin sekundär. Dafür gibt es gleich mehrere Gründe.

Zum einen macht sich das Gewicht auf dem winkligen Kurs nicht so stark bemerkbar wie auf anderen Strecken. Hinzu kommt, dass die Renndistanz mit 260 Kilometern ohnehin kürzer ist als üblich, zudem der Spritverbrauch wegen des geringen Vollgasanteils niedriger ist. Die Fahrzeuge werden also nicht einmal mit 100 Kilogramm Treibstoff in das Rennen starten.

Auch die Tatsache, dass in Monaco schlichtweg nicht überholt werden kann, schmälert den Wert der Longruns. Im vergangenen Jahr konnte Nico Rosberg das Rennen gewinnen, obwohl er im Renntrimm wohl deutlich langsamer war als Sebastian Vettel. Rosberg bezeichnete sich selbst als D-Zug.

Die eigentlichen Lehren des Trainigs

Die Longrun-Pace ist also in Monaco kein großes Thema. Dennoch hat das Training einige interessante Aspekte zutage gefördert. Zum Beispiel, dass Mercedes auch in Monaco vorne ist. Daniel Ricciardo fehlten aber lediglich zwei Zehntelsekunden auf Lewis Hamilton. Doch das Bild täuscht etwas.

"Wir entschieden uns heute für einen verschobenen Ablaufplan, um nicht zu sehr im starken Verkehr zu stecken", erklärte Paddy Lowe die die Strategie der Silberpfeile. Sowohl Nico Rosberg als auch Lewis Hamilton gingen am Vormittag früher auf die Strecke als die Konkurrenz. Somit fanden sie eine freie, aber mit wenig Grip versehene Strecke vor.

Hamilton fuhr seine Bestzeit auf einer Strecke, die noch nicht so viel Grip bot wie später, als Ricciardo seine Bestzeit setzte. Rosberg fuhr seine persönlich schnellste Zeit zwar ebenfalls etwas später, seine Reifen waren zu diesem Zeitpunkt aber schon 15 Runden alt. Ricciardos Pneus hatten erst neun Runden auf dem Buckel. Heißt also, der Mercedes-Vorsprung könnte in Wahrheit etwas größer sein.

Vettel verliert im letzten Sektor

Monaco-typisch sind die Abstände aber insgesamt geringer als üblich. Das hat zum einen mit der lediglich 3,3 Kilometer langen Runde zu tun. Aber auch damit, dass die Defizite der kleineren Teams weniger zum tragen kommen und der Faktor Fahrer mehr zählt. Bei den Sektorzeiten sind Abstände folglich noch geringer, teilweise kaum existent.

FahrerSektor 1Sektor 2Sektor 3
Lewis Hamilton20.70736.08821.476
Nico Rosberg20.53636.28621.473
Daniel Ricciardo20.55436.18521.469
Sebastian Vettel20.58636.37621.922
Fernando Alonso20.64136.40221.630

So ergibt sich ein bunt gemischtes Bild. In Sektor eins hat Rosberg die Nase vorne, im zweiten Hamilton und im Schlusssektor schließlich Daniel Ricciardo. Während in Sektor eins und drei die Abstände an der Spitze aber im Tausendstel-Bereich liegen, sieht es im Mittelsektor anders aus.

Mit rund 36 Sekunden Fahrzeit ist er mit Abstand der längste Sektor, folglich liegt es nahe, dass die Abstände dort etwas größer sind. Aber sie sind noch etwas größer. Interessant: Hamilton gewinnt hier rund zwei Zehntelsekunden auf Nico Rosberg. Leider beinhaltet der Mittelsektor alles: Sowohl die langsamste Stelle der Strecke, als auch die schnellste. Somit lässt sich nicht sagen, wieso Hamilton dort Zeit gewinnt.

Hamilton verriet vor dem Wochenende, dass er im vergangenen Jahr extrem viel Zeit in der Saint Devote, also der ersten Kurve verloren hat. Das scheint sich dieses Jahr fortzusetzen: Obwohl die Abstände im ersten Sektor wie bereits erwähnt sehr eng sind, verliert der Brite fast zwei Zehntel auf seinen Teamkollegen. Insgesamt gleichen sich die Schwächen und Stärken bei Mercedes also fast aus: 34 Tausendstel lagen zwischen beiden. Und das nicht nur bei der schnellsten Runde, die beiden fuhren nahezu die gesamte Zeit identische Runden.

Eklatanter ist der Unterschied bei Red Bull: Sebastian Vettel verliert alleine im letzten Sektor eine halbe Sekunde auf seinen Teamkollegen. Abgesehen von der schnellen Schwimmbadschikane besteht dieser lediglich aus langsamen Kurven.

Topspeed auch in Monaco höher

Die Rundenzeiten sind wie bereits im Vorfeld befürchtet langsamer als im letzten Jahr. Die Zeiten aus dem ersten Training unterschieden sich um rund zwei Sekunden. Trotzdem ist die Höchstgeschwindigkeit auch in Monaco in diesem Jahr höher.

2013 wurden Ausgangs des Tunnels 281 Stundenkilometer gemessen, in diesem Jahr sind es 288. Dabei befindet sich die Messstelle ein ganzes Stück vor der Bremszone. Übrigens bewahrheiteten sich die Befürchtungen beim Vergleich mit der GP2 nicht: Die Formel 1 ist auch in Monaco schneller als die Nachwuchsklasse, auch auf der härteren der beiden Mischungen. Auf den Supersoft-Reifen wird der Abstand noch ein ganzes Stück größer sein.