Es war die Geschichte des Auftakt-Grand-Prix' zur Formel 1 Saison 2014. Daniel Ricciardo schaffte als erster Australier überhaupt beim Heim-GP den Sprung aufs Podium. Doch lange währte die Freude des Red-Bull-Piloten nicht. Unmittelbar nach Rennende wurde eine Untersuchung gegen Auto Nummer 3 eingeleitet. Rund fünf Stunden später stand fest: Ricciardo wird disqualifiziert. Doch was war passiert? Motorsport-Magazin.com erklärt, welche Fehler Red Bull konkret angelastet werden.

Ein wichtiger Bestandteil des neuen technischen Reglements ist Artikel 5.1. Dieser regelt grob die Spezifikation des neuen Verbrennungsmotors. 5.1.4 ist ein Unterpunkt dieses Artikels und besagt, dass pro Stunde nicht mehr als 100 Kilogramm Treibstoff in die sechs Brennkammern des Motors eingespritzt werden dürfen. Diese Grenze gilt für alle Drehzahlen über 10.500 Umdrehungen pro Minute.

Problemfall Einheitsbauteil

Das Corpus Delicti: FIA-Fuel-Flow-Meter, Foto: Gill Sensors
Das Corpus Delicti: FIA-Fuel-Flow-Meter, Foto: Gill Sensors

Doch wie wir das überwacht? Die neuen Turbo-Motoren in der Formel 1 sind Direkteinspritzer. Heißt: Der Treibstoff wird direkt die Brennkammern injiziert und vermischt sich erst dort mit der Verbrennungsluft. Die Teams können so genau überwachen, wie viel Benzin fließt. Das ist auch nötig, denn über die eingespritzte Menge kann die Charakteristik des Motors beeinflusst werden.

Allerdings hat diese Messung einen Nachteil: Nicht alle Motorenhersteller benutzen die gleichen Komponenten. Aus Angst, es könnte unter den Teams zu Abweichungen kommen, führte die FIA ein zusätzliches Einheitsbauteil ein - das sogenannte FIA-Fuel-Flow-Meter. Das ist ein einzelner Sensor, der mittels Ultraschall misst, welche Menge an Treibstoff gerade fließt. Diese Daten stehen den jeweiligen Teams und der FIA laufend zur Verfügung.

Was ist bei Daniel Ricciardo schief gelaufen?

Während der Freien Trainings stellte Red Bull fest, dass die Werte, die das FIA-Fuel-Flow-Meter misst, variieren. Zu Beginn des ersten Training erhielten die Ingenieure andere Werte als am Ende. In FP2 gab der Sensor die gleichen Werte wieder, wie am Ende des ersten Trainings.

Daniel Ricciardo wurde disqualifiziert, Foto: Sutton
Daniel Ricciardo wurde disqualifiziert, Foto: Sutton

Red Bull ersetzte den Sensor für Samstag durch ein neues, identisches FIA-Fuel-Flow-Meter. Allerdings stellten die Werte des neuen Bauteils weder Red Bull, noch die FIA zufrieden und für Sonntag sollte wieder das ursprüngliche Fuel-Flow-Meter eingebaut werden. Die FIA hatte es inzwischen überprüft und ebenfalls Schwankungen festgestellt, die allerdings innerhalb des Toleranzbereichs lagen.

Als Red Bull das alte FIA-Fuel-Flow-Meter wieder einbaute, wurde das Team von einem technischen Delegierten darauf hingewiesen, dass es die eigene Messung, die wie oben beschrieben unabhängig vom Fuel-Flow-Meter funktioniert, mit einem Faktor anpassen müsse. Denn der endgültige Benzinfluss wird nicht über das Fuel-Flow-Meter reguliert - es hat lediglich eine Kontrollfunktion -, sondern über die Einspritzanlage.

Red Bull glaubte aber weiter fest an die Ungenauigkeit des eingebauten Sensors und passte die eigene Messung nicht an. Ricciardo startete das Rennen und Red Bull regulierte die Spritmenge lediglich über die eigens gemessenen Werte. Das FIA-Fuel-Flow-Meter, das übrigens identische Werte wie gegen Ende von FP1 und über das gesamte FP2 lieferte, zeigte den Regelhütern, dass bei Ricciardo zu viel Benzin floss.

Der technische Delegierte machte das Team noch während des Rennens darauf aufmerksam und forte die Mannschaft von Christian Horner dazu auf, den Benzinfluss so anzupassen, dass er innerhalb des vom Fuel-Flow-MeterS gemessenen Limits ist. Red Bull entschied sich dagegen und passte die injizierte Menge an Treibstoff nicht an.

Was, wenn der Sensor wirklich defekt war?

Doch was, wenn der Sensor wirklich defekt war? Um einen fairen Wettbewerb zu garantieren, gibt es natürlich auch eine Backup-Lösung. Diese Backup-Lösung sieht die Messung des Teams vor - allerdings mit Korrekturfaktor. Der Korrekturfaktor wird dabei von der FIA bestimmt und resultiert aus Vergleichswerten.

Die FIA beharrt auf ihrer Souveränität, Foto: Sutton
Die FIA beharrt auf ihrer Souveränität, Foto: Sutton

Außerdem gibt es noch eine entscheidende Feinheit: Ob ein Fuel-Flow-Meter defekt ist, entscheidet nicht das Team. In einer Technischen Anweisung der FIA vom 1. März 2014 heißt es: "Wenn WIR zu irgendeinem Zeitpunkt der Meinung sind, dass der Sensor nicht richtig funktioniert und das Problem nicht vom System entdeckt wurde, dann sagen WIR das dem Team und wechseln zur Backup-Lösung."

Fazit

Für Red Bull ist es bitter gelaufen. Schon länger gibt es Kritik am FIA-Fuel-Flow-Meter, die Messungen seien zu ungenau und zudem würden sie zu sehr schwanken. Red Bull fühlte sich im Recht und wollte die ungenaue Messung partout nicht hinnehmen. Ob Ricciardo nun mit höherer Durchflussrate gefahren ist oder nicht, das spielt im Endeffekt bei der Bestrafung keine Rolle.

Red Bulls Problem liegt darin, dass sie eigenmächtig auf das eigene Berechnungsmodell, das zudem nicht nach Vorgabe des technischen Delegierten angepasst wurde, vertraut haben. Spätestens als während des Rennens die Warnung kam, hätte Red Bull reagieren müssen. Die Frage lautet: Warum reagierten sie nicht? Hätte eine Anpassung so große Einbußen bei der Leistung bedeutet? Da Red Bull gegen die Disqualifikation Einspruch einlegte, werden wohl die ein oder anderen Fragen noch beantwortet werden müssen.