Lewis Hamilton holte in Ungarn den dritten Saisonsieg für Mercedes. Vor dem Rennen war die große Frage: Halten die Reifen? Und sie hielt. Auch Teamchef Ross Brawn gibt zu, vor dem Rennen nicht gewusst zu haben, wo man stand. "Wir gingen in dieses Rennen, ohne wirklich zu wissen, wir mit der Reifenperformance stehen und wie sie sich verhalten. Aber als sich das Rennen entwickelte, wurde es klar, dass wir mit beide Autos und beiden Fahrern konkurrenzfähig bleiben können."

Besonderes Lob gab es in dieser Hinsicht für Lewis Hamilton. "Er konnte aggressiv racen und hielt dennoch die Reifen am Leben, so dass unsere Strategie aufging." Auch Toto Wolff findet lobende Worte für den Sieger, der in den Tagen und Wochen zuvor vor allem mit seinem Privatleben auf sich aufmerksam machte. "Meine Meinung ist, dass er von Anfang an fokussiert war. Beide Fahrer sind so professionell, dass sie beide 24 Stunden am Tag an nichts anderes denken als an Rennfahren."

Auch wenn die Reifen im Rennen nicht das ganz große Thema waren, so waren sie dennoch Gesprächsthema Nummer eins. "Irgendeiner jammert immer, aber bei uns jammert heute keiner", jubelte Wolff über ein reifentechnisch problemloses Rennen. Weshalb die Probleme bei Mercedes wie weggeblasen waren, hat mehrere Gründe. "Der Reifen ist neu, wir haben eine neue Konstruktion, die hier erstmalig zum Einsatz gekommen ist. Dieser Reifen kommt uns entgegen", nannte Wolff einen wichtigen Faktor.

Einen Seitenhieb in Richtung FIA-Tribunal konnte sich der Motorsportverantwortliche nicht verkneifen. Mercedes wurde aufgrund des Reifentests in Barcelona von den dreitätigen Young Driver Tests ausgeschlossen und durfte die in Ungarn erstmals zum Einsatz gekommen Reifen nicht testen. "Ein zusätzlicher Faktor ist, dass wir ja drei Tage zusätzlich Zeit zum Nachzudenken hatten." Aber auch die Arbeit während dem Rennwochenende wurde umgestellt, so wurde beispielsweise das Auto noch extremer Richtung Renntrimm abgestimmt. Dass es dennoch zur Pole Position reichte, war umso überraschender. "Das [die Abstimmung] ist gegen unsere Single-Lap-Performance gegangen", betonte Wolff.

Ob der Test in Barcelona hilfreich war? Der Österreicher verneint. "Wir wissen nicht, was wir in Barcelona getestet haben." Dass ausgerechnet jenes Team den ersten Grand Prix mit den neuen Reifen gewann, das beim letzten Test fehlte, wirft die Frage in den Raum, wie effektiv Testfahrten überhaupt sind. Wolff erklärt: "Ich glaube Testfahrten bringen schon etwas, aber der Reifen ist neu und Silverstone ist eine andere Rennstrecke als Ungarn - und die Temperaturen waren anders."

Auch wenn es in Budapest genug Grund zur Freude gab, schließlich erwies sich ein "vermeintlich sehr schwieriges Wochenende als ein gutes Wochenende", dennoch warnt der 41-Jährige vor zu großen Erwartungen. "Wir müssen am Boden bleiben. Wenn wir vor einem halben Jahr darüber diskutiert hätten, dann hätten alle geglaubt, wir sind nicht ganz richtig." Für den Wiener steht die zweite Saisonhälfte unter der Prämisse, nachhaltig gute Ergebnisse einzufahren, Formschwankungen sollen von nun an der Vergangenheit angehören. "Wir sind immer noch die Underdogs", stapelte er tief, "aber wir befinden uns auf einem Aufwärtstrend."

Neues Roulette in Spa

Doch schon beim nächsten Rennen in Spa gibt es die nächsten Rätsel zu lösen. "Es könnte ihn Spa, bei anderen Temperaturen, bei einem anderen Belag, bei einer anderen Streckencharakteristik wieder ganz anders sein. Dann findet man den Sweet-Spot wieder, oder man findet ihn nicht." Selbst im gleichen Rennen sei die Wahrnehmung der beiden Silberpfeil-Piloten anders gewesen, obwohl die Temperaturen identisch waren. "Der Verkehr hat vermutlich eine Rolle gespielt."

Doch unabhängig davon, konnte Nico Rosberg das Rennen ohnehin nicht beenden. Ein Motorschaden ist die Ursache, doch weshalb der Mercedes-Motor genau in Flammen aufging, ist noch unklar. "Der Teufel liegt im Detail, müssen noch genau sehen, was es war." Von Frust soll beim Wiesbadener aber dennoch keine Spur sein. "Auch Nico ist jetzt guter Dinge und ist froh, dass das Auto funktioniert. Das ist der Spirit, den wir spüren." Für Wolff geht es jetzt vom Formel-1-Spirit zum DTM-Spirit nach Moskau, anschließend steht Urlaub an. "Hoffentlich irgendwo, wo mein Handy keinen Empfang hat."