Adrian Sutil zeigte bei den Freien Trainings zum Großen Preis von Deutschland erneut, was er in Kombination mit dem Force India zu leisten im Stande ist. Im ersten Freien Training sortierte sich der Gräfelfinger direkt hinter beiden Mercedes und Mark Webber auf Rang vier ein, am Nachmittag reichte es trotz eines größeren Fehlers in seiner schnellsten Runde zu Rang elf. Wahrscheinlich hätte es auch ohne Fahrfehler nicht zu einer absoluten Spitzenplatzierung gereicht, doch der Gesamteindruck ist positiv. "Beide Reifenmischungen waren eigentlich in Ordnung, wir waren heute im Bereich Siebter, Achter oder Neunter", so Sutil.

Dass es am Nachmittag zwar immer noch gut, aber nicht mehr so gut wie am Vormittag lief, führt der Force-India-Pilot auf mehrere Faktoren zurück. "Heute Morgen lief es für uns aus irgendeinem Grund ein bisschen besser, oder vielleicht haben es die anderen nicht so hinbekommen", so seine erste Analyse, präzisierte aber noch: "Heute Nachmittag waren die Bedingungen etwas realistischer, es war wärmer und es war einfacher, die Reifen auf Temperatur zu bekommen - damit hatten glaube ich einige am Vormittag Probleme." Für den Rest des Wochenendes erwartet Sutil zwar noch wärmere Bedingungen, ob Vor- oder Nachteil für Force India, wollte er aber nicht beurteilen.

Fast selbstverständlich waren auch die neuen Reifen ein großes Thema am Nürburgring. Der 30-Jährige ist mit der Wahl Pirellis in der Eifel sehr zufrieden. "Der neue Medium-Reifen hielt sehr lange und war sehr konstant. Der Soft-Reifen war gut auf einer Runde, hält aber nicht lange." Auf Sonntag können sich die Fans jedenfalls freuen, wenn es nach Sutil geht: "Das wird interessant im Rennen, es ist eine gute Kombination." Dass Pirelli den Teams nun gewisse Parameter des Setups vorschreibt, ist für Force India kein Problem, wie der Gräfelfinger meint. "Das ist mehr für die anderen Teams, die haben damit mehr Probleme. Wir müssen nichts ändern, wir müssen nur die neuen Reifen zum Arbeiten bekommen."

Die Formel 1 wird langweilig

Ganz nebenbei gibt es beim Deutschland GP natürlich wieder jede Menge Politik. Pirelli bringt für den Grand Prix einen neuen Reifen, der beim nächsten Rennen in Ungarn schon wieder aussortiert wird. Sutil gefällt diese Entwicklung ganz und gar nicht, wie er Motorsport-Magazin.com erzählte. "Es ist klar, dass die Reifen für die Top-Teams gemacht werden. Die Top-Teams beklagen sich, bekommen es nicht hin und dann werden die Reifen gewechselt. Und wir müssen dann damit leben", klagte er und fuhr fort: "So war die Formel 1 schon immer, aber sportlich ist das nicht."

Der 97-fache GP-Teilnehmer sieht sich der guten Arbeit seines Teams beraubt. "Wir haben die Reifen hinbekommen, die anderen beklagen sich, weil sie es nicht hinbekommen. Dann wechseln sie die Reifen und die anderen haben auch keine Probleme mehr und fahren wieder vorne rum." Auch für den Fan bedauert Sutil diese Vorgehensweise. "Das ist schade, weil das eigentlich unsere gute Arbeit bestraft. Und dann wird die Formel 1 wieder langweilig."

Stand Force India zu Beginn der Reifendiskussionen jeglichen Änderungen noch sehr skeptisch gegenüber, sehen die Inder Änderungen nicht mehr so dramatisch. Der Grund dafür ist einfach. "Ich glaube", so Sutil, "Anfang des Jahres hatten wir einen Vorteil - besonders im Rennen -, weil wir die Reifen besser verstanden haben. Je länger man fährt, je mehr Gelegenheit die anderen haben, Daten zu sammeln, je mehr geht der Vorteil verloren." Sorgen machen müsste sich aber Force India weiterhin nicht.

Am Donnerstag erklärte die Fahrergewerkschaft GPDA, bei erneuten Reifenproblemen einen Boykott in Erwägung zu ziehen. Sutil, der als einer von drei Piloten dieser Gewerkschaft nicht angehört, macht einen möglichen Boykott allerdings nicht von der Gewerkschaft abhängig. "Ich muss dazu kein GPDA-Mitglied sein, um zu entschieden, ob ich starte oder nicht. Ich entscheide, ob ich morgen das Qualifying fahre oder nicht, das ist ganz einfach." Dass der Gräfelfinger kein Mitglied ist, hat nichts mit der Haltung der Gewerkschaft oder ähnlichem zu tun, prinzipiell hält Sutil sie für eine sinnvolle Institution. "Ich bin dieses Jahr erst sehr spät in die Formel 1 gekommen und habe mir da noch keine Gedanken gemacht, ob ich der GPDA beitreten soll oder nicht."