Weihnachtsfeier bei Ferrari bedeutet große Ansprache vom Chef höchstpersönlich. Luca di Montezemolo ließ sich beim traditionellen Medien-Dinner zunächst zu den üblichen Themen aus: das Verbot der Testfahrten würde der gesamten Formel 1 schaden und der Aerodynamik würde ein viel zu hoher Stellenwert beigemessen.

Ein weiteres Lieblingsthema des Mächtigen der Scuderia: Felipe Massa. Nach seinem Vize-Titel 2008 ging es in den vergangenen Jahren stetig abwärts mit dem Brasilianer, der sich trotz jeglicher Kritik immer wieder bei Ferrari durchsetzte und sein Cockpit behalten durfte. Montezemolo stellte sich auch nach dieser Saison vor seinen Schützling. "Ich bin sicher, dass wir einen konkurrenzfähigen Felipe haben werden, wie vorher", war der Ferrari-Präsident überzeugt. Man dürfe schließlich nicht vergessen, dass er früher manchmal sogar schneller als sein damaliger Teamkollege Michael Schumacher gewesen sei.

Doch die Zeiten scheinen erst einmal vorbei zu sein. In der abgelaufenen Saison hatte Massa gegenüber seinem dominanten Teamkollegen Fernando Alonso fast immer das Nachsehen und spielte die klare zweite Geige im Team. "Ich erwarte eine starke Reaktion von Felipe, denn er hatte keine erfolgreiche Saison", so Montezemolo. "Dafür gibt es Gründe. Die Charakteristik unseres Autos passte nicht zu seinem Fahrstil. Das war seit dem ersten Test klar. Außerdem waren die Reifen zu hart. Felipe kann nächstes Jahr eine sehr gute Saison haben und ich weiß, dass er sich sehr gut darauf vorbereitet.

Das muss er auch, denn für 2013 ist sein Cockpit ernsthaft in Gefahr, sollte er wieder einmal nicht überzeugen können. In diesem Jahr schaffte es Massa kein einziges Mal aufs Podium, fünfte Plätze waren seine besten Resultate. Dass Massa nicht fest im Ferrari-Sattel sitzt, daraus machte auch Montezemolo kein Geheimnis. "Am Ende der nächsten Saison haben wir viele Möglichkeiten", meinte er. "Es herrscht große Auswahl. Heute ist das einzige Problem, das wir nicht haben, ein Fahrerproblem."

So wurde etwa Robert Kubica vor seinem Rallye-Unfall zu Beginn des Jahres mehr als nur einmal zu Ferrari geschrieben. Selbst nach dem tragischen Crash gilt der Pole immer noch als Kandidat bei der Scuderia und soll sogar Testfahrten im alten Ferrari-Boliden erhalten, sobald es seine Gesundheit wieder zulässt. "Wir werden sehen, was mit Robert passiert und ich hoffe, dass er zurück kommen kann", wünschte Montezemolo dem Lotus Renault-Piloten gute Besserung.

Mit folgendem Satz heizte der Ferrari-Präsident die Gerüchteküche noch einmal ein wenig mehr an, nachdem die Flamme zur Mitte der Saison größtenteils erloschen war: "In diesem Jahr mochte ich auch Nico Rosberg sehr. Er hatte eine sehr gute Performance." Problem an der Sache: Rosberg hat vor nicht allzu langer Zeit seinen Vertrag bei Mercedes verlängert und kommt zumindest vom Papier her nicht als Nachfolger für Massa in Frage. "Außerdem gibt es Fahrer mit gutem Potential, die nicht in konkurrenzfähigen Autos sitzen. Das ist ein Grund, warum ich für ein drittes Auto bin", konnte sich Montezemolo einen Abstecher ins Reich der Drittes-Auto-Diskussion nicht verkneifen.