MotoGP-Legende Casey Stoner ist ziemlich unzufrieden mit dem aktuellen Zustand der Königsklasse. Der Australier sparte zuletzt nicht mit Kritik am Sport. Trotzdem hat der zweifache Weltmeister immer noch ein Herz für die Fahrer und versucht ihnen zu helfen. In Misano galt das besonders für das aktuelle Sorgenkind des Feldes.

Stoner über Bagnaias MotoGP-Krise: Wird nicht über Nacht verschwinden

"Ich habe in diesem Paddock keinerlei Verpflichtung. Ich laufe hier auf und ab in der Boxengasse und sehe mir ein paar Sachen auf der Strecke an. Wenn ich etwas sehe, dann versuche ich hier und da einen Ratschlag zu geben", spielte Stoner bescheiden herunter, dass er mittlerweile zu einer Art Fahrer-Coach geworden ist. Auf dem World Circuit Marco Simoncelli griff er den Fahrern seiner Ex-Teams unter die Arme. Zunächst war der 39-Jährige bei Honda zu Gast. Luca Marini freute sich über den Rat des Ex-Champions und zeigte ein starkes Wochenende bei seinem Heimspiel, doch Stoner tat sein Mitwirken ab: "Das haben sie selbst geleistet."

Casey Stoner wütet gegen aktuelle MotoGP (07:48 Min.)

Beim Besuch seines zweiten Ex-Teams Ducati sah es anders aus. Während Marc Marquez von Sieg zu Sieg fährt und keinerlei Hilfe benötigt, steckt Francesco Bagnaia in der tiefsten Krise seiner Karriere. Für Stoner ist klar, dass es keine Wunderheilung geben wird: "Wir können da nach einem Tag oder einer Session draufblicken und darüber denken, was wir auch wollen. Es ist etwas, das kontinuierlich passieren muss. Das geht nicht einfach über Nacht. Er muss wieder Vertrauen zurückgewinnen. Er tut sich in einigen Bereichen schwer."

Casey Stoner erkennt: Am Bagnaia-Motorrad läuft etwas schief

Auch am Montag beim Test nach dem San Marino Grand Prix war der Australier dann noch an der Seite von 'Pecco'. Zunächst hatte er wohl eine ähnliche Meinung wie Stefan Bradl, der Bagnaia mit harten Worten Lustlosigkeit attestierte. Nachdem er näher dran am Geschehen war, revidierte Stoner aber seine Einschätzung: "Ich persönlich dachte auch, Pecco müsste sich einfach etwas mehr zusammenreißen. Aber dann habe ich Dinge von diesem Motorrad gesehen, die im Vergleich zu den anderen [Ducatis] nicht richtig aussahen. Die sahen alle deutlich komfortabler aus."

Francesco Bagnaia fühlt sich nicht wohl auf dem Motorrad, Foto: IMAGO / Italy Photo Press
Francesco Bagnaia fühlt sich nicht wohl auf dem Motorrad, Foto: IMAGO / Italy Photo Press

Ins Detail wollte er dabei nicht gehen, aber der Austausch mit seinen alten Kollegen bei den Roten bestätigte ihn in seinem Eindruck nur umso mehr: "Ich habe mit Christian [Gabbarini, der Crewchief Bagnaias und der damalige Ducati-Crewchief Stoners, Anm. d. Red.] darüber gesprochen, was ich gesehen habe. Einige der Beschwerden von Pecco auf der Strecke kann ich bei keinem der anderen Ducati-Fahrer sehen. Es scheint sich um einen Sonderfall zu handeln."

Casey Stoner mit Francesco Bagnaias Motorrad in der Ducati-Box
Stoner an Bagnaias Motorrad im Misano-Test, Foto: Motorsport-Magazin.com

Am Montag nach dem Test sprach auch Bagnaia selbst über die Hilfestellung durch Stoner. "Ich habe heute Morgen schon gesehen, wie Casey am Motorrad gearbeitet hat", scherzte der Italiener zunächst. Doch dann bestätigte er die Rolle der MotoGP-Legende als Fahrerlehrer: "Es ist schön, dass ich diese Beziehung zu Casey habe. Er ist sehr hilfreich, ebenso wie Manu Poggiali [Der Fahrer-Coach von Ducati und ehemaliger 125ccm- sowie 250ccm-Weltmeister, Anm. d. Red.]. Sie haben heute zusammengearbeitet. Sie standen draußen [auf der Strecke] und haben sich uns angesehen, auch schon während des Wochenendes."

Stoner widerspricht Francesco Bagnaias Lob: Schwierig zu sehen, wo Probleme liegen

Die Auffassungsgabe der Ex-Piloten beeindruckte den Ducati-Piloten: "Sie haben ein unglaubliches Auge. Was ich auf dem Motorrad spürte, wussten sie schon vorher [bevor Bagnaia es ihnen mitteilte, Anm. d. Red.]. Es ist gut, wenn jemand das aus einem anderen Blickwinkel betrachtet." Worüber Bagnaia staunt, war laut Stoner allerdings alles andere als leicht zu sehen: "Ehrlicherweise ist es auf der Strecke schwer zu erkennen, womit er persönlich solche Schwierigkeiten hat. Alles sieht recht in Ordnung aus, aber er kann einfach nicht das Beste aus dem Motorrad rausholen." Angesichts dieses Zustandes ist mittlerweile auch Ducati-Boss Gigi Dall'Igna alarmiert. Mehr dazu hier:

Letztlich ist Bagnaia inmitten seines Allzeittiefs offen für jegliche Art von Hilfe. "Casey ist immer sehr analytisch, manchmal vielleicht sogar etwas zu viel. Für mich war es heute aber sehr wichtig, dass er dabei war", bedankte sich 'Pecco' bei seinem Vorgänger bei Ducati. Gut möglich also, dass Stoner noch häufiger in der Box der Nummer 63 zu sehen sein wird.

Casey Stoner war sein Vorgänger als Ducati-Weltmeister, doch auch Bagnaias Nachfolger steht bereits (so gut wie) fest. Hier erfahrt ihr, wie sich Marc Marquez bereits im nächsten Rennen in Motegi zum Weltmeister krönen kann: