Francesco Bagnaia haftet nach den letzten Jahren der Ruf eines Sturzpiloten an. In der MotoGP-Saison 2024 verlor er den Titelkampf gegen Jorge Martin, obwohl er acht Grand Prix mehr (11 zu 3) als sein spanischer Konkurrent gewann. Doch bei einem Blick auf die Statistik zeigt sich auch ein anderes Bild: Bagnaia ist eigentlich nicht wirklich ein Sturzpilot, außer in entscheidenden Momenten.

Francesco Bagnaia steht in Sturzstatistik gut da, aber nur auf den ersten Blick

Beim Blick auf die Crash-Statistik von 2024 taucht der Italiener erst auf Rang 17 auf. Nur neun Mal kam er in der Saison zu Fall. Zum Vergleich: Spitzenreiter Pedro Acosta lag 28 mal auf dem Hosenboden, sein kommender Teamkollege Marc Marquez 24 mal und Titelrivale Martin immerhin 15 mal. In diesem Vergleich ist Bagnaia eindeutig der Spitzenpilot, der am wenigsten als Sturzpilot bezeichnet werden sollte.

Sturz von Pedro Acosta in Spielberg
Pedro Acosta stürzte dreimal so oft wie Bagnaia, Foto: LAT Images

Nur stellt sich auch die Frage nach dem wann und wie. Und da sieht es für 'Pecco' leider nicht gut aus. Nur ein kurioser Crash bei Startübungen im letzten Rennen in Barcelona und ein Sturz im Qualifying von Le Mans kosteten Bagnaia keine Punkte. Richtig gelesen: Sieben seiner neun Saisonstürze unterliefen ihm in Sprints oder Rennen. Nur wenn es wirklich um etwas ging, warf der zweifache MotoGP-Weltmeister seine Desmosedici weg. Und das ist der Unterschied zu den meisten anderen Fahrern. Ihre hohen Sturzzahlen entstehen hauptsächlich in den Trainings, gelegentlich auch in den Qualifyings. Beim Ducati-Star sieht das anders aus. Im Folgenden die Auflistung seiner Rennstürze.

Francesco Bagnaias Stürze in Rennen und Sprints 2024

RennenSturzgrundauf Platzverlorene Punkte
Portugal GPKollision mit Marc Marquez511
Jerez SprintKollision mit Binder und Bezzecchi55
Katalonien SprintFront verloren (in letzer Runde)112
Silverstone SprintFront verloren46
Aragon GPKollision mit Alex Marquez316
Emilia Romagna GPFront blockiert316
Malaysia SprintFront verloren29

Etwa 75 Punkte hat Bagnaia also liegengelassen, plus minus möglichen Positionsverschiebungen nach den Stürzen. Dabei fällt jedoch etwas auf. 'Pecco' verlor nicht nur die Front seiner Maschine, sondern drei der sieben Stürze resultierten aus Kollisionen. Besonders mit dem Vorfall mit Alex Marquez in Aragon haderte der Ex-Champion. Gegen dessen Bruder Marc in Portugal musste er aber wohl eine gewisse Härte an den Tag legen. Der Vorfall im Jerez-Sprint war schlichtweg Pech. Bagnaia befand sich zur falschen Zeit am falschen Ort und wurde im Zweikampf mit Brad Binder und Marco Bezzecchi unglücklich berührt.

Dreimal schied Bagnaia 2024 durch Kollisionen aus, Foto: LAT Images
Dreimal schied Bagnaia 2024 durch Kollisionen aus, Foto: LAT Images

Zweimal völlig ohne Not

Die vier 'normalen' Stürze über die Front lassen sich in zwei Kategorien aufteilen. In Silverstone und Malaysia befand sich Bagnaia im Kampf um Positionen. Im ersten Fall jagte er Aleix Espargaro hinterher und wollte Platz drei. Im zweiten wollte er den führenden Titelrivalen Jorge Martin nicht ziehen lassen. Dass man da ans Limit geht und dann auch Fehler passieren können, ist im Motorradrennsport normal.

In Barcelona kam Bagnaia in der letzten Runde zu Fall, Foto: LAT Images
In Barcelona kam Bagnaia in der letzten Runde zu Fall, Foto: LAT Images

Für die Stürze in Katalonien-Sprint und Misano gibt es aber keinerlei Entschuldigung. Im ersten Sprint in Barcelona lag Bagnaia in der letzten Runde in Führung, mit über einer Sekunde Vorsprung auf Aleix Espargaro. In Misano wiederrum war der Sieg bereits außer Reichweite. Bagnaia hätte nur Rang Drei hinter Martin und Bastianini nach Hause fahren müssen. Der Eindruck dieser Stürze wird dabei auch noch durch die Reaktion des Italieners verstärkt: Er zeigte sich in diesen Momenten ratlos. Ein Muster, das auch schon aus den Vorjahren bekannt ist.

Fazit: Francesco Bagnaias Sturz-Ruf stammt nicht aus Quantität, sondern aus Konsequenzen

War Francesco Bagnaia also 2024 ein Sturzpilot? Die Antwort ist ein klares Jein. Beziehungsweise hängt sie vom Blickwinkel ab. Sprechen wir rein von der Quantität der Stürze, dann auf keinen Fall. Der Italiener gehört da sogar zum besten Drittel des Feldes. Blicken wir jedoch auf die Konsequenzen und die Art und Weise seiner Stürze, so ist sein Ruf vermutlich nicht verwunderlich. 75 in Kollisionen und teilweise als unnötig empfundenen Stürzen liegengelassene Punkte brennen sich deutlich stärker ins Gedächtnis, als die Trainingsstürze anderer Fahrer. Oder anders formuliert: Bagnaia ist kein Sturzpilot per se, aber ein Mann der Sturzdramen.

Und diese Dramen ereigneten sich nicht nur im Jahre 2024. Wir haben sie nochmal alle für euch zusammengetragen: