Stefan Bradl nimmt an diesem Wochenende in Barcelona zum 219. Mal an einem Grand Prix der Motorrad-Weltmeisterschaft teil. Aller Voraussicht nach wird es sein letzter sein. 2025 verstärkt Bradls Arbeitgeber Honda sein Test- beziehungsweise Entwicklungsteam mit Aleix Espargaro und Takaaki Nakagami. Beide Fahrer sollen auch MotoGP-Wildcard-Einsätze bestreiten. Bei nur sechs erlaubten Wildcards pro Hersteller bleiben für Bradl nicht viele Gelegenheiten zum Rennfahren. Motorsport-Magazin.com traf den 34-jährigen Deutschen am Donnerstagabend in Barcelona zum exklusiven Interview.
Motorsport-Magazin.com: Stefan, du bekommst 2025 zwei neue Kollegen in der Test- beziehungsweise Entwicklungsabteilung von Honda: Aleix Espargaro und Takaaki Nakagami. Bei beiden Verpflichtungen war auch von Wildcard-Einsätzen die Rede. Drei Fahrer also, sechs Wildcards stehen Honda zur Verfügung.
Stefan Bradl: Ja? Frag konkret! (lacht)
Motorsport-Magazin.com: Sehen wir dich an diesem Wochenende zum letzten Mal im Renneinsatz?
Stefan Bradl: Ja.
Motorsport-Magazin.com: Ja?
Stefan Bradl: Ich denke schon. Ich kann es nicht zu 100 Prozent sagen, aber mein Gefühl sagt mir, dass es so sein wird.
Motorsport-Magazin.com: Also ist es nicht deine Entscheidung?
Stefan Bradl: Wir haben die Entscheidung schon gemeinsam getroffen. Wenn es so sein sollte, dann passt das für mich auch. Ich kann es nicht mit absoluter Sicherheit sagen, weil sich bei HRC gerade so viel tut in alle möglichen Richtungen. Ich bin extrem happy, dass zwei weitere Fahrer ins Testteam kommen, denn ich hätte dieses Pensum nicht mehr länger halten können. Dieses Jahr war für mich brutal.
Motorsport-Magazin.com: Inwiefern?
Stefan Bradl: Vor allem mental. Wenn du in ein Rennwochenende gehst und weißt, dass das alles nicht richtig vorbereitet werden konnte. So wird es auch an diesem Wochenende wieder sein. Wir brauchen uns über Ergebnisse gar keine Gedanken machen oder uns etwas erhoffen. Es gilt einfach nur, den Plan abzuarbeiten. Deshalb bin ich happy, dass wir neue Testfahrer haben. Und ich bin happy, dass ich bis Ende 2026 Testfahrer bin. Ich habe aber kein Problem damit, wenn ich keine Wildcards mehr fahre. Ich merke einfach, dass ich als Fahrer die nötige Vorbereitung nicht mehr bekomme. Das ist der Situation, dass wir bei Honda dermaßen hinterherfahren, geschuldet. Da kommt es nicht auf das Ergebnis von Stefan Bradl bei seinem Wildcard-Einsatz an. Es geht um das große Ganze. Da muss auch einer die Drecksarbeit machen.
Motorsport-Magazin.com: Was müsste passieren, dass du diese Arbeit doch noch einmal übernimmst?
Stefan Bradl: Wenn sich beispielsweise Taka beim Testen verletzt, dann werde ich sicher nicht 'Nein' sagen. Wir werden hier auch keine Abschiedsparty veranstalten. Aber das ist schon eine gute Frage von dir, ob es mein letzter Grand Prix ist. Ich glaube ja. Ich werde nicht jünger und wir haben zwei neue Fahrer, die diese Saison noch Stammpiloten waren. Die gehen ganz klar vor und ich lasse ihnen auch gerne den Vortritt. Damit habe ich überhaupt kein Problem. Ich bin da mit mir absolut im Reinen.
Stefan Bradl: Eine große Karriere
Von bislang 218. Gefahrenen Grands Prix konnte Stefan Bradl sieben gewinnen - zwei in der 125ccm-Klasse, fünf in der Moto2. In der mittleren Kategorie krönte er sich 2011 im Duell gegen Marc Marquez zum Weltmeister. In der MotoGP gelang ihm 2013 in Laguna Seca sein bestes Rennwochenende: Er holte die Pole Position und stand am Sonntag als Zweiter zusammen mit Rennsieger Marc Marquez und Valentino Rossi auf dem Podium.
Seit einigen Jahren ist Bradl neben seiner Rolle als HRC-Testfahrer auch als Experte für ServusTV tätig und kümmert sich mit einem eigenen Nachwuchsprojekt um deutsche Motorrad-Youngsters. Motorsport-Magazin.com gratuliert Stefan Bradl zu einer großen Rennfahrerkarriere.
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