Knapp 4,2 Millarden Euro! So viel zahlt Formel-1-Rechteinhaber Liberty Media voraussichtlich zum Jahresende an MotoGP-Promoter Dorna Sports, um ab 2025 auch die Königsklasse auf zwei Rädern zum eigenen Portfolio zählen zu können. Noch ist der Deal nicht final abgeschlossen, Sorgen wegen eines möglichen Verstoßes gegen das EU-Wettbewerbsrecht gibt es jedoch nicht. Kein Wunder also, dass im MotoGP-Paddock bereits jeder fest vom Führungswechsel ausgeht. Die bevorstehende Übernahme durch Liberty Media zeigt aber vor allem eines: Die MotoGP ist 2024 aus wirtschaftlicher Sicht interessanter denn je. Überall wird vom Boom der Motorrad-WM gesprochen, doch gibt es diesen auch wirklich? Motorsport-Magazin.com nutzt die aktuelle Sommerpause, um Bilanz zu ziehen.

Zunächst einmal die grundlegende Frage: Wie kann der vermeintliche Boom einer Rennserie überhaupt gemessen werden? Ganz einfach: Beim Boom handelt es sich um nichts anderes als das steigende Zuschauerinteresse. Da leider keine offiziellen Zahlen zu den weltweiten TV-Zuschauern bei MotoGP-Events vorliegen, widmen wir uns im Folgenden den Fans an der Rennstrecke. Denn hierzu veröffentlicht die Dorna jedes Rennwochenende genaue Zahlen. Um herauszufinden, ob das Zuschauerinteresse gestiegen ist, haben wir daher einen Vergleich der Besucherzahlen der ersten neun Rennwochenenden 2024 mit den jeweiligen Werten der einzelnen Grand Prix aus dem letzten Jahr vorgenommen - und die Ergebnisse sind eindeutig.

Denn wie im obigen Diagramm zu erkennen ist, kann die MotoGP im Jahr 2024 fast ausschließlich gestiegene Zuschauerzahlen vorweißen. Beim Frankreich Grand Prix in Le Mans konnte mit 297.471 Besuchern sogar ein neuer Allzeit-Rekord für die Motorrad-WM aufgestellt werden. Aber auch beim Deutschland GP am Sachsenring wurde zum dritten Mal in Folge ein neuer Bestwert aufgestellt und viele weitere Kurse erzielten ihre höchsten Werte seit langem. In den Niederlanden wurde bei der Dutch TT etwa der höchste Zuschauerwert seit 1995 gemessen.

Einzig beim Katar Grand Prix gelang der MotoGP im Vergleich zum Vorjahr keine Steigerung der Zuschauerzahlen. Zum Saisonauftakt auf dem Losail International Circuit kamen sogar knapp 15.000 weniger Menschen an die Strecke. Doch das lässt sich wohl einfach erklären: Denn 2023 fand das Nachtrennen in der Wüste aufgrund von Umbauten erst Mitte November statt. Somit lagen zwischen den beiden Events keine vier Monate Pause, wodurch der 'Hunger' vieler Kataris auf einen weiteren MotoGP-Besuch wohl noch ziemlich gesättigt gewesen sein könnte. Zudem tobte im Vorjahr in Katar noch ein packender WM-Kampf zwischen Francesco Bagnaia und Jorge Martin, der für zusätzliches Interesse gesorgt haben dürfte, welches 2024 beim Saisonstart aber logischerweise fehlte. Bei den knapp 40.000 Zuschauern handelte es sich dennoch um den zweithöchsten Wert, der in Katar je gemessen wurde - getoppt einzig von der Vorsaison.

Marc Marquez jubelt mit den Fans in Jerez
Fans und Fahrer sorgen 2024 in der MotoGP für spektakuläre Bilder, Foto: LAT Images

Ein Boom der MotoGP ist im Jahr 2024 also tatsächlich nicht von der Hand zu weisen, das Zuschauerinteresse ist zumindest vor Ort an der Strecke weiter angestiegen. Das zeigt auch ein Blick auf die gesamten Zuschauerzahlen: 2024 besuchten die Königsklasse auf zwei Rädern bereits 1.595.016 Fans, während es 2023 bei den gleichen neun Events 'nur' 1.440.329 Zuschauer waren. Das entspricht einem Zuschauerplus von 17.521 pro Rennwochenende.

Die MotoGP-Zuschauerzahlen 2023 vs. 2024

Grand PrixZuschauer 2023Zuschauer 2024Differenz
Katar55.05040.343-14.707
Portugal123.608174.614+51.006
Amerika119.289122.559+3.270
Spanien163.479181.289+17.810
Frankreich278.805297.471+18.666
Katalonien152.065176.684+24.619
Italien135.670156.676+21.006
Dutch TT179.167192.554+13.387
Deutschland233.196252.826+19.630
Insgesamt1.440.3291.595.016+154.687

Die größte Steigerung gegenüber 2023 gelang dem Portugal Grand Prix. Dieser wurde im Jahr 2024 von mehr als 50.000 zusätzlichen MotoGP-Fans besucht. Auch in Barcelona und Mugello konnten mehr als 20.000 zusätzliche Zuschauer verzeichnet werden, der Sachsenring, Le Mans und Jerez scheiterten nur knapp an dieser Marke. Das geringste Plus verzeichnete ausgerechnet der Amerika Grand Prix in Austin mit 3.270 neuen Zuschauern. Zahlen, die man bei Liberty Media sicherlich nicht gerne sehen wird, kokettiert man doch mit einem zweiten MotoGP-Rennen in den USA. Mit Blick auf die hohen Zuschauerzahlen in Europa sollte allerdings auch noch entsprechend großes Verbesserungspotenzial vorhanden sein. Zum USA Grand Prix der Formel 1 pilgerten in Austin im vergangenen Jahr immerhin sagenhafte 440.000 Zuschauer.

Wie sich die MotoGP unter Liberty Media in ähnliche Sphären vortasten will, erfahrt ihr in nachfolgendem Artikel: