Nach Platz vier beim Ducati-Debüt im Valencia-Test Ende November startete Marc Marquez mit hohen öffentlichen Erwartungen in das MotoGP-Jahr 2024. In den ersten offiziellen Testfahrten in Sepang konnte der achtfache Weltmeister diese Performance aus dem Vorjahr aber nicht bestätigen. Während seine Ducati-Kollegen den Test dominierten, war Marquez zweitlangsamster Stammfahrer auf einer Desmosedici. Konnte er zumindest in der Sprint-Simulation noch halbwegs mithalten, lag der gebürtige Katalane auf eine Runde fast sechs Zehntel zurück.

Zumindest auf dem Papier deutete somit nach dem Sepang-Test vor knapp zwei Wochen nur wenig darauf hin, dass Marquez bereits in der Frühphase der Saison an der Spitze kämpfen könne. Und doch herrschte im MotoGP-Paddock in Malaysia eine gänzlich andere Meinung vor. Viele Experten vor Ort kauften dem Gresini-Neuzugang seine 'schwache' Leistung nämlich nicht ab und gingen vielmehr davon aus, dass er 'Sandbagging' betreibe - seine Performance also bewusst verschleiere und sein wahres Potenzial noch zurückhalte.

Marc Marquez' Performance in Sepang sorgte im MotoGP-Paddock für Rätsel, Foto: LAT Images
Marc Marquez' Performance in Sepang sorgte im MotoGP-Paddock für Rätsel, Foto: LAT Images

Simon Crafar vermutet: Haben wahren Marc Marquez noch nicht gesehen

"Marc ist keine Zeitattacken gefahren, er blieb konstant im 1:58er-Bereich. Er fuhr Runde um Runde. Mein Eindruck ist, dass er alles austestet. Wenn er fährt, ist er nur auf der Bremse so aggressiv wie wir ihn kennen. Den Rest fährt er sehr geschmeidig und konstant. In der letzten Kurve geht er immer wieder weit. Das ist nichts, was ein achtfacher Weltmeister normalerweise macht. Er weiß, dass er jederzeit loslegen und eine Runde rausknallen kann. Sobald er will, kann er alles zusammenfügen. Das ist mein Bauchgefühl. Ich sage nicht, dass er das erste Rennen gewinnen wird. Aber wir haben noch nicht gesehen, was er wirklich kann", beschrieb MotoGP-Experte und Ex-500ccm-Rennsieger Simon Crafar in Sepang stellvertretend.

Am Montag in Katar danach befragt, ob er noch etwas zurückhalte, bestritt Marquez diese Bluff-Gerüchte jedoch. "Nein, ich pushe! So, wie auch jeder andere in diesem Test pusht", stellte er klar und verwieß anschließend auf seine Anpassungsprobleme an die Ducati Desmosedici GP23. Im MotoGP-Format 'After the Flag' beschrieb der Gresini-Pilot: "Ich muss noch einige Dinge verstehen. Morgen [Dienstag, Anm.] werden wir ein klareres Bild meiner wahren Pace erhalten, auch wenn du dich während der Saison natürlich noch verbessern kannst. Ich fühle mich immer besser. Ich kann mehr mit dem Motorrad spielen und im Kurveneingang sliden, das ist mein Stil. Aber Martin und Bagnaia sind aktuell schneller als alle anderen Ducatis. Ich muss das Motorrad noch verstehen, in einigen Kurven verlieren ich zu viel Zeit."

Recht gibt Marquez ein Blick in das Klassement des ersten Testtages in Katar. Dort ist der sechsmalige MotoGP-Champion nur auf Platz 16 vorzufinden, ganze 0,919 Sekunden hinter der Tagesbestzeit von Markenkollege Francesco Bagnaia. Von den acht Ducatisti im Feld schnitt einzig Pramac-Ersatzmann Michele Pirro, der dort erneut den verletzten Franco Morbidelli vertritt, noch schlechter ab. Auf seine GP23-Kollegen Fabio Di Giannantonio (5.), Alex Marquez (7.) und Marco Bezzecchi (11.) fehlten dem Katalanen zwischen anderthalb und fünf Zehntelsekunden.

Marc Marquez kam im Katar-Test am Montag nicht über Platz 16 hinaus, Foto: LAT Images
Marc Marquez kam im Katar-Test am Montag nicht über Platz 16 hinaus, Foto: LAT Images

"Ich fühle mich hier schon besser, kann mehr mit meinem Körper spielen und das ist schon ein Fortschritt. Nach elf Jahren auf einem anderen Bike ist mein instiktiver Fahrstil aber einfach noch ein anderer, wenn ich auf eine neue Strecke komme", erklärt Marquez seinen Rückstand. Schon in Sepang hatte er berichtet, die Ducati speziell auf eine schnelle Runde, in der instinktiv gehandelt werden muss, noch zu sehr wie eine Honda fahren zu wollen. Das funktioniert aber natürlich nicht, die Anpassung braucht Zeit: "Wir müssen das Schritt für Schritt verändern. Ich arbeite jeden Tag hart an mir selbst und meinem Fahrstil."

Marc Marquez warnt vor hohen Erwartungen: MotoGP-Saison 2024 wird hart!

Da nur noch ein offizieller Testtag vor dem MotoGP-Saisonstart in Katar (08. - 10.03.) verbleibt, will der 59-malige Rennsieger momentan nichts von den hohen Erwartungen seiner Fans wissen. "Die Realität ist, dass ich aus vier schweren Jahren komme. Ich muss mein Selbstvertrauen erst wieder aufbauen. Ich bleibe ruhig und versuche, dass Bike zu verstehen. Das dauert eben. Ich bin menschlich, die Jahre vergehen", meint Marquez. "Junge Leute kommen in die WM und sich schnell, das ist ganz natürlich. Jeder Sportler hat seine Zeit, du musst dich an neue Situationen anpassen. Es wird eine harte Saison werden. Es gibt, speziell innerhalb Ducatis, zwei bis drei Jungs, die das Motorrad sehr gut fahren. Ich muss von ihnen lernen, aber das ist schwer und dauert. Wir wollen näher und näher kommen, aber ein Sieg ist nicht das Ziel. Wenn ein Sieg das Ziel wäre, wird es sehr frustrierend werden."