Viele heiße Themen erwarten die Fans in der MotoGP-Saison 2024. Eines sticht jedoch heraus: Marc Marquez und sein Wechsel auf die Ducati GP23 von Gresini. Nicht wenige erwarten vom Superstar den nächsten Titel. Sein neuer Crewchief Frankie Carchedi sprach nun bei crash.net darüber, worauf es ankommen wird. Viel Zeit zur Eingewöhnung hat Marquez nicht.

Carchedi warnt: Sepang-Test nicht mit GP-Wochenende zu vergleichen

Wo die Reise für Marc Marquez hingehen könnte, wird sich laut Carchedi bereits früh abzeichnen: "Ich kann nur sagen, dass wir uns im Laufe des Jahres verbessern werden. Es kommt nur auf die ersten 3 bis 4 Rennen an, wie hoch das Ausgangsniveau ist und wie viel man darauf aufbauen muss. Dann wird man verstehen, was man in einem Jahr schaffen kann." Mehr Zeit werden die beiden wohl kaum zusammen in der Gresini-Box verbringen. 2025 wird der sechsfache Weltmeister einen Wechsel in ein Werksteam anstreben.

Stapelt Marc Marquez tief? Der MotoGP-Test in der Analyse (20:26 Min.)

Die weitgehend positiven Eindrücke aus dem Test in Sepang sind für den britischen Ingenieur ein zweischneidiges Schwert. Die Testbedingungen entsprechen dem Wochenendformat der MotoGP nicht im Geringsten: "Wenn man 150 bis 200 Runden an drei Tagen fährt, hat man Zeit, sich an die Spitze zu setzen. Vor Katar gibt es einen Test, aber wenn man nach Portimao [das zweite Saisonrennen, Anm. d. Red.] fährt, hat man etwa 20 Runden Zeit, und dann muss man direkt ins Q2 kommen. Dann weiß man, wie weit man ist. Denn man muss ein Paket haben. Eine Basis, die sofort funktioniert. Dann bekommen wir eine bessere Vorstellung davon, was wir in der Saison erreichen können."

Marquez selbst hatte das Qualifying noch als seine Schwäche auf der Ducati angegeben. Andererseits gibt es auch einen Faktor, der die Dinge besser aussehen lässt: "Als Crewchief hat man auch Strecken, die gut für einen funktionieren, und solche, die nicht so toll sind. Sepang ist wahrscheinlich eine der Strecken, die ich am wenigsten mag, und sie ist eine der Strecken, die Marc am wenigsten mag." Aus dieser Betrachtungsweise waren die Testergebnisse (P6 auf eine Runde, P4 in der Sprint-Simulation) keineswegs schlecht.

Die Ducati verstehen: Wie lange braucht Marc Marquez?

Was den Eingewöhungsprozess angeht, so hat Carchedi allerdings keine guten Nachrichten für Marquez-Fans: "Es ist ein völlig anderes Motorrad. Es wird Zeit brauchen. Es gibt einen Grund, warum Pecco [Bagnaia] bis zu seinem vierten Jahr gebraucht hat [um Weltmeister zu werden, Anm. d. Red.]." Auch im Vorjahr erlebte Carchedi einen solchen Prozess hautnah. Fabio di Giannantonio fuhr eineinhalb Jahre lang trotz des besten Bikes im Feld hinterher. Im letzten Saisondrittel gelang dem Italiener der Durchbruch und er fuhr um die Podestplätze, inklusive erstem MotoGP-Sieg in Katar.

Fabio di Giannantonio feiert seinen ersten MotoGP-Sieg mit Frankie Carchedi
Frankie Carchedi half Fabio di Giannantonio zum ersten MotoGP-Sieg, Foto: LAT Images

Eine solch lange Eingewöhnungszeit kann sich Marquez nicht erlauben. "Ich habe letztes Jahr ein bisschen experimentiert, aber jetzt habe ich ein Jahr [mit der Ducati, Anm. d. Red.] gearbeitet, also verstehe ich sie besser" macht der Crewchief Mut. Vor 2023 war er bei Suzuki unter Vertrag und holte mit Joan Mir 2020 den Titel. Durch den Rückzug des japanischen Herstellers landete Carchedi dann bei Gresini, und arbeitet jetzt mit dem nächsten Weltmeister.

Bagnaia fällt auf: Marquez fährt noch wie auf der Honda

"Wir müssen Marcs Sitzposition verbessern und ihm dann helfen, das Motorrad besser zu verstehen", formuliert er die Zielsetzung. Dazu muss Marquez seine Erfahrungen aus über einem Jahrzehnt mit Honda zu einem gewissen Grad ablegen können: "Etwas Dummes wie eine Änderung der Schwingenlänge um 4 Millimeter kann sich von einem Motorrad zum anderen völlig anders anfühlen. Es ist in der Vergangenheit schon vorgekommen, dass ein Fahrer etwas Bestimmtes nicht ändern wollte, weil er bereits Erfahrungen gemacht hatte, und dann hat er irgendwann gemerkt, dass es sich auf einem anderen Bike völlig anders anfühlt."

Marquez hatte während der Tage in Malaysia zugegeben, dass er die Ducati noch zu sehr wie die Honda fährt. In einem am Freitag veröffentlichen Video auf MotoGP.com ist ein Gespräch zwischen Marquez und Weltmeister Francesco Bagnaia nach dem letzten Testtag zu hören. Bagnaia meinte: "Ich fuhr hinter dir und sah, dass du es [die Ducati, Anm. d. Red.] wie die Honda gefahren bist." Es folgte ein Austausch, in dem es im Wesentlichen um folgendes ging: Die Honda wird beim Anbremsen aggressiv in die Kurve geworfen, die Ducati ist stabiler und 'schwerer'.

Francesco Bagnaia beobachtete die Fahrweise von Marc Marquez beim Test, Foto: LAT Images
Francesco Bagnaia beobachtete die Fahrweise von Marc Marquez beim Test, Foto: LAT Images

Letztendlich geht es aber laut Carchedi immer um dasselbe: "Jedes Motorrad hat seine eigene Charakteristik, aber es gelten dieselben Prinzipien. Man versucht immer, ein Motorrad so abzustimmen, dass es später bremst als andere. Und beim Grip am Heck und beim Einlenken ist es nicht anders." Nur wie das zu finden ist, bleibt die große Krux. Marc Marquez steht eine große Aufgabe bevor, wenn der WM-Zug nicht abfahren soll.