Es herrscht verkehrte Welt in den Königsklassen des Motorsports. Die Formel 1, eigentlich Aerodynamik auf Rädern, hat ihre Möglichkeiten zur Luftführung mit dem Reglement von 2022 eingeschränkt. In der MotoGP hingegen sprießen die Flügel mehr und mehr aus den Bikes. Im Gegensatz zur Königsklasse auf vier Rädern handelt es sich im Motorradsport allerdings um eine junge Entwicklungsdisziplin. Warum also nicht von der Formel 1 profitieren?
Entwicklung in allen Bereichen: MotoGP-Aero in 'neuer Dimension'
KTMs Sportchef Pit Beirer ist selbst über die Entwicklung in der MotoGP erstaunt: "Für uns alle hat sich da eine ganz neue Dimension eröffnet. Mittlerweile wird es wild, wenn man sich ansieht, was da alles nach Sepang [zum Test, Anm. d. Red.] gebracht wurde. Wir sind jetzt an einem Punkt, an dem die Formel 1 vor ein paar Jahren war. Ein Punkt, an dem jede kleine Ecke am Motorrad überprüft wird, wie wir sie aerodynamisch nutzen können."
Dem raschen Entwicklungstempo kann sich niemand entziehen. Die Vorteile sind enorm: "Es ist klar. Du brauchst die Aerodynamik nicht mehr nur, um auf der Geraden schnell zu sein. Du nutzt es auch, um die Front unten zu halten beim Beschleunigen. Dann kannst du es nutzen, um das Bike abzubremsen und einzulenken. Eigentlich spielt die Aerodynamik in jedem Moment - Beschleunigung, Topspeed, Bremsen, Einlenken - eine Rolle. Deswegen wurden die Schritte in den Rundenzeiten in den letzten beiden Jahren noch verrückter als zuvor." Die Rundenrekorde purzeln tatsächlich. Beim Test in Sepang Anfang Februar wurde die Rekordzeit um acht Zehntel verbessert. Die alte Marke war dabei erst im Oktober des Vorjahres aufgestellt worden.
Red Bull als KTM-Abkürzung: Aufbau eigener Aero-Abteilung wäre schwierig
Bei KTM ist für diesen Fortschritt maßgeblich der Hauptsponsor des Werksteams verantwortlich. Oder besser gesagt, dessen eigenes Formel-1-Team. "Wir sind mehr als glücklich und dankbar, dass uns Red Bull in dieser Sache die Türen geöffnet hat. Wir bekamen über Nacht ein Team von Experten, die daran arbeiteten" freute sich Beirer über die seit 2022 bestehende technische Kooperation. Mattighofen nahm so eine gewaltige Abkürzung: "Wenn wir eine solche Abteilung Schritt für Schritt bei uns hätten aufbauen müssen, dann hätte das mit Sicherheit einige Zeit gedauert. Außerdem wäre es nicht so einfach gewesen, solche Experten zu finden."
Seit Ingenieurs-Legende Adrian Newey von McLaren abgeworben wurde, hat Red Bull die wohl beste Aerodynamik-Abteilung der Formel 1 aufgebaut. In den Zeiträumen, in denen die Motorenentwicklung eingefroren wurde, dominierten die Bullen zuerst mit Sebastian Vettel und in den letzten Jahren mit Max Verstappen. Dabei gilt der Windkanal in Milton Keynes gar nicht mehr als modern. In den nächsten Jahren soll ein neuer gebaut werden.
Beirer sicher: Mit Red Bulls Hilfe voll dabei im Aero-Wettstreit
Da die Windkanal- und CFD-Zeiten in der Formel 1, und insbesondere die von Weltmeister Red Bull, stark beschränkt sind, steht mehr als genug Betriebszeit für andere Zwecke zur Verfügung. Neben Projekten wie dem hauseigenem RB17 Hypercar können auch externe Partner profitieren. Mit der starken Verbindung zum großen österreichischen Motorradhersteller lag die Kooperation also auf der Hand.
Mit der Unterstützung des F1-Klassenprimus im Rücken macht sich Beirer in diesem technischen Bereich keinerlei Sorgen: "Wir haben Zugang zu einem großartigen Team in Milton Keynes. Ich würde sagen, dass unser aerodynamisches Paket damit gedeckt ist. Wir können da mit jedem mithalten." In den letzten beiden Jahren fuhr trotz der Red-Bull-Hilfe Ducati allen davon. Dieses Jahr soll das anders werden. KTM hat bereits angekündigt, den Titel anzustreben.
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