Ducati ist im Motorrad-Olymp angekommen. Die Desmosedici aus Italien dominiert den Sport auf eine Art und Weise, wie es sie in der MotoGP-Ära seit langem nicht gab. Anstatt eines oder zwei bestimmender Piloten verfügte Ducati 2023 über eine ganze Armada an der Spitze. Nach Saisonende rangierten sechs Ducati-Fahrer unter den ersten Neun der WM-Wertung, davon drei ganz vorne. 17 von 20 Saisonrennen wurden gewonnen. Nie gab es ein Rennen ohne Ducati auf dem Podium, auch nicht im Sprint. Um eine ähnlich einseitige Weltmeisterschaft zu finden, müssen wir ins Jahr 2003 zurückgehen. Damals war Honda nicht zu schlagen. Diese Situation änderte sich schnell durch den Wechsel Valentino Rossis zu Yamaha im Folgejahr.
Ducatis Dominanz hingegen basiert vor allem auf einem anderen Faktor: Der Technik. Das Werk aus Borgo Panigale hat nicht weniger als eine Revolution der MotoGP losgetreten. Aus einer Fahrermeisterschaft mit außergewöhnlichen Motorrädern hat man eine Herstellermeisterschaft mit außergewöhnlichen Fahrern gemacht. Doch der Weg dahin war lang. Vor den dreifachen Titelgewinnen in Fahrer-, Team- und Konstrukteursweltmeisterschaft 2022 und 2023 fuhr Ducati Erfolgen zumeist hinterher. Wie es die italienische Edelschmiede in zehn Jahren von einer podestlosen Saison 2013 zu einer Serie von aktuell 46 Rennen in Folge auf dem Podium geschafft hat:
Ducatis Kontinuität ganz oben: Ein Dreigestirn fürs Superhirn
Zuallererst braucht es für Erfolg die richtigen Leute am Steuerrad. Diese müssen die richtigen Strukturen aufbauen und das Vertrauen aus der Chefetage genießen. Erfolg kommt nicht über Nacht, sondern erst Jahre später. Ende 2013 fand Ducati nach schwachen Jahren den Mann, der diesen Weg gestalten sollte: Luigi 'Gigi' Dall'Igna. Das Mastermind des Rennstalls kam mit der Empfehlung zweier WM-Titel für Aprilia in der Superbike-WM zur Rennsportabteilung Ducati Corse und drückte ihr seinen Stempel auf. Was er aber zunächst vorfand, war Chaos. Valentino Rossi machte den Abflug, Chefkonstrukteur Filippo Preziosi musste dafür den Kopf hinhalten und die Ingenieure arbeiteten aneinander vorbei. Es fehlte nicht an Know-how und Kompetenz, es fehlte an Ordnung und Struktur. Genau diese schuf Dall'Igna und bildete dabei die Grundlage für den Erfolg, noch vor allen Innovationen und cleveren Schachzügen.
Dall'Igna wurden dabei zwei weitere Führungsfiguren zur Seite gestellt: Teammanager Davide Tardozzi und Sportdirektor Paolo Ciabatti. Ex-Rennfahrer Tardozzi ist der Mann mit Stallgeruch. Jahrelang war er für Ducati Teamchef in der Superbike-WM und damit für nicht weniger als acht WM-Titel verantwortlich. 2009 schockte er das Werk jedoch mit seinem plötzlichen Abgang in Richtung BMW. Als diese Ehe wenig Erfolg hervorbrachte, wurde er 2014 zurückgeholt, doch diesmal für das MotoGP-Projekt. Seine jahrelange Erfahrung und seine Vergangenheit als Rennfahrer machten ihn zum richtigen Mann. Sein Umgang mit den Fahrern und deren Mechaniker-Crews gilt als große Stärke. Die Grundregel seiner Arbeit erklärte er so: "Entscheidend ist, dass man auswählt, was der Fahrer braucht und ihm nicht gibt, was er will. Das ist ein Unterschied. Fahrer verlangen immer etwas. Aber man muss ihnen geben, was sie brauchen und nicht, was sie wollen."
Der Dritte im Bunde ist Ciabatti. Auch er kam 2013 aus der Superbike-WM zu Ducati und brachte den guten Draht nach ganz oben mit. Audi hatte 2012 die italienische Motorradschmiede gekauft und 2013 Claudio Domenicali als Geschäftsführer installiert. Domenicali und Ciabatti kannten sich damals schon seit über 20 Jahren. Die beiden waren sich einig: Ducati durfte in der MotoGP nicht einfach nur mitfahren, sondern es mussten Erfolge her. Domenicali selbst spielte dann eine große Rolle in der Anwerbung Dall'Ignas. Mit Ciabatti hatte der Boss stets einen Ansprechpartner, dem er vertrauen konnte, selbst wenn die italienischen Gazetten wieder einmal auf Ducati einprügelten.
Seit 2014 führte das Trio aus Dall'Igna, Tardozzi und Ciabatti die Operationen von Ducati Corse kontinuierlich an. Erst elf Jahre später wird es 2024 zu einer Veränderung in der Führungsetage kommen. Das Trio war ein eingespieltes Team mit großem gegenseitigem Vertrauen. Die Chefetage rund um Domenicali ließ ihnen die Zeit, zu diesem Team zu werden. Bis 2022 endlich der erlösende Titel durch Bagnaia eingefahren wurde, waren seit Casey Stoners erstem WM-Triumph 15 Jahre vergangen. Seit 2007 wartet auch das italienische Vierrad-Pendant auf einen Titel in der Formel 1. Bei Ferrari aber kommen und gehen Teamchefs und Technik-Direktoren, es ist der heißeste Stuhl im Motorsport. Bei Ducati hingegen herrscht Kontinuität, auch bei zwischenzeitlichen Misserfolgen. Dall'Igna und seine Leute durften machen. Und was sie machten, hatte Hand und Fuß.
Ducatis genialer Schachzug: 'Open' für Neues
Schon in seinem ersten Winter als neuer Boss zeigte Dall'Igna, aus welchem Holz er geschnitzt ist. Der Italiener ist nicht nur Ingenieur und Organisator, sondern auch ein Regelfuchs. Die MotoGP führte 2014 die 'Open-Class' mit Zugeständnissen für finanzschwächere Privatteams ein. Als Bedingung für die Anmeldung galt nur eines: Es musste eine Einheitselektronik von Magneti Marelli verwendet werden. Dafür gab es viel weniger Beschränkungen im Motorenbereich, der unter einer regulären Werkseinschreibung per Reglement in Stückzahl, Benzinmenge und Entwicklung gestutzt wurde. Elektroniknachteile in Kauf nehmend ergriff Dall'Igna die Chance für bessere Motorenentwicklung sofort und führte so Dorna, IRTA und FIM vor. Ein Werk wie Ducati in einer Klasse die für 'Bastler-Teams' wie Forward oder Avintia geschaffen wurde? Das war eigentlich undenkbar. Am Ende musste ein Kompromiss her. Ducati durfte als 'Open-Class' starten, doch Podesterfolge und Siege würden ihnen ihre Vorteile für die Zukunft wieder wegnehmen. Dazu kam auch noch, dass es nun doch zum Einsatz hauseigener Elektronik kommen durfte.
Ducati hatte sich durch Dall'Ignas Schachzug und der zusammengeschusterten Reaktion der überrumpelten MotoGP-Führung fast nur Vorteile im Entwicklungsrennen gesichert. Mehr Motoren, die mit mehr Benzin befeuert werden durften, machten die Desmosedici des Werksteams und des Kundenteams Pramac zu absoluten Raketen auf den Geraden. Doch weil Ducati beim Rest des Bikes immer noch hinterherhing, mussten sie erst nach der Saison 2016 mit zwei Erfolgen auf der Powerstrecke in Spielberg und bei einem Regenrennen in Malaysia wieder in die Klasse der Hersteller zurückkehren. Beim Motor setzte Ducati so schon damals die Benchmark, doch für die ganz großen Erfolge brauchte es noch mehr.
Ducati wird Technikvorreiter: Experimentieren bis der Holeshot sitzt
Und so wurde nicht nur im Regelwerk, sondern auch im Technikbüro eifrig nach neuen Möglichkeiten gesucht. Bereits 2014 wurde mit dem Test eines Massedämpfers im Heck der Desmosedici begonnen. Ab 2015 begann dann die Entwicklung von aerodynamischen Flügeln, um Abtrieb zu produzieren. Jahre zuvor waren Casey Stoner und Valentino Rossi davon bei Tests noch wenig begeistert gewesen, doch Dall'Igna ließ sich nicht beirren. Aero-Entwicklung sollte nun an jedem Teil des Motorrads erforscht werden. Den Desmosedicis wuchsen mit der Zeit immer mehr Flügel. Gegen den als 'Spoon' bekannten Spoiler, der am Schwungarm vor dem Hinterrad angebracht wurde, klagte die Konkurrenz sogar. Doch Ducati kennt das Regelwerk seit Dall'Ignas Antritt ganz genau, und bekam recht.
Das Regelwerk bestimmt allerdings nur, was erlaubt ist, und nicht, was funktioniert. Das musste Ducati schon noch selbst herausfinden und hatte damit nicht immer den Erfolg, wie in ihrer Vorreiterrolle bei der Aerodynamik. So sollte etwa eine Start-Stop-Automatik für weniger Benzinverbrauch sorgen. Die Idee war simpel: Solange das Bike in der Bremsphase ist, muss der Motor ja nicht laufen und unnötig Sprit verbrennen. Die Fahrer waren aber alles andere als begeistert. Der Neustart des Motors aus den Kurven heraus erfolgte abrupt und war so fast schon gefährlich. Das System wurde eingestampft.
An einer anderen Stelle wurde aber auch nach Fehlschlägen an der Grundidee festgehalten: Der Traum einer variablen Geometrie des Bikes. Zunächst begann die Idee am Hinterrad. Beim Anbremsen sollte durch eine bewegliche Aufhängung das Heck abgesenkt werden und so die Gewichtsverteilung deutlich günstiger gestaltet werden. Tatsächlich konnte so ein paar Meter später gebremst werden. Doch das System eröffnete andere Baustellen. Durch die Entlastung des Vorderrads kam es dort viel leichter zum Blockieren. Der Verwendungszweck war der falsche, aber die Grundidee der Innovation war richtig. Dies bewies Ducati bei den Wintertestfahrten 2019. Nicht hinten, sondern an der Front wurde nun angesetzt. Um beim Start die Hatz in die erste Kurve und so in der Motorradsprache den 'Holeshot' zu gewinnen, wurde nun die Front des Bikes abgesenkt. Ein niedrigerer Schwerpunkt vorne bedeutete weniger Wheelie und bessere Kraftübertragung. Das System wurde zum Erfolg und fand schnell Einzug in der gesamten MotoGP. Doch war es nur die Spitze des Eisbergs. Das 'Holeshot-Device' muss per Reglement vom Fahrer selbst aktiviert werden und nutzt ihm nur am Start, da es mit der ersten Betätigung der Bremse deaktiviert wird. Die Vorteile einer variablen Geometrie mussten aber doch auch im ganzen Rennen und am Heck nutzbar sein? Genau das dachte sich auch Ducati und machte konsequent weiter.
Auch das Absenken am Heck brachte die Vorteile beim Beschleunigen und diese sollten aus jeder Kurve heraus wirken. Doch wie sollte das funktionieren, ohne den Piloten beim Fahren der PS-Monster der MotoGP völlig mit der Bedienung von Köpfen oder Hebeln zu überfordern? Ein automatisches System ist ja eigentlich verboten. Doch auch hier dachte sich Ducati wieder etwas Cleveres aus und brachte es 2021 erstmals an die Strecke. Das System, welches sich unter dem Begriff 'Ride-Height-Device' schnell im MotoGP-Jargon einbürgerte, ist sozusagen halbautomatisch. Der Fahrer kann den Knopf schon vor der Kurve unter wesentlich weniger Fahrstress drücken und stellt damit das System scharf. Durch einen hydraulischen Mechanismus kommt es dann aber erst beim Herausbeschleunigen zur Absenkung. Der Vorteil bleibt erhalten und der Fahrer kann sich voll auf die Kurvenfahrt konzentrieren. Was sich genial anhört, war schwierig umzusetzen. Die Einstellung dieses Tricks ist natürlich hochkompliziert, unterscheiden sich doch Kurventypen und Strecken stark. Außerdem kann ein Defekt das Rennende oder einen Sturz bedeuten. Ducatis Weg an die Spitze der MotoGP war nun mal nicht von Vorsicht bestimmt.
Der Mut zum Risiko: Ducati überholt Honda & Co.
Ducatis Weg an die Spitze ist nicht nur durch die zuvor beschriebene Innovation, sondern auch durch deren Tempo und den Mut zum schnellen Renneinsatz bestimmt. Stetig spuckt das Ingenieursbüro neue Entwicklungen aus und diese werden oft sofort ans Motorrad geschraubt. Rasante Revolution statt bedachter Evolution lautet das Motto. Ein Weg, der ein gewisses Risiko beinhaltet. Ducati wäre damit ausgerechnet in der triumphalen Saison 2022 beinahe auf die Nase gefallen. Die Desmosedici GP22 war der vorläufige Höhepunkt der Ducati-Ingenieurskunst, aber kaum ausgereift. In den ersten fünf Rennen gelang Titelhoffnung Francesco Bagnaia damit kein einziger Podestplatz. Gresini-Pilot Enea Bastianini hingegen fuhr auf dem aussortierten Vorjahresmodell bereits zwei Siege ein, ehe Bagnaia mit dem Erfolg in Jerez der vermeintliche Durchbruch gelang. Was folgte waren aber Stürze in entscheidenden Momenten. Die GP22 war schnell geworden, aber keineswegs stabil. Nach dem Sturz am Sachsenring lag der Rückstand auf den konstant punktenden Titelverteidiger Fabio Quartararo bei satten 91 Punkten.
Doch Bagnaia strahlte weiterhin Ruhe aus. "Ich weiß um unser Potential", war mehrfach von ihm zu hören. Was sich damals wie Durchhalteparolen anhörte, sollte tatsächlich Realität werden. Vier Siege in Folge von Assen bis Misano läuteten eine noch nie dagewesene Aufholjagd ein, an deren Ende der erste Titelgewinn für Ducati seit jenem Ausnahmejahr Casey Stoners 2007 stand. Die GP22 entwickelte sich vom Ritt auf der Kanonenkugel zur präzise steuerbaren Rakete. Und dies gelang Ducati trotz der stetigen Weiterentwicklung während des Jahres. In Großbritannien etwa sorgte das Ingenieurteam Gigi Dall'Ignas wieder einmal für Aufsehen. Am Heck der Desmosedici waren nun wie an der Front und an den Seiten Flügelaufbauten zu sehen. Im MotoGP-Paddock machte der 'Stegosaurus' sofort Eindruck. Es dauerte nicht lange, da warf Honda das Kopiergerät an. KTM ließ sich ebenfalls inspirieren und so trägt die RC16 mittlerweile einen Heckflügel der Marke 'Pommestheke'. Wieder einmal war Ducati den anderen einen Schritt voraus. Sie gingen im Technik-Poker stets 'All in' und knackten nach mehreren Versuchen am Ende doch noch den Jackpot. Doch bei allem beeindruckenden Hightech sollte der Faktor Mensch ebenfalls nicht vergessen werden.
Die Pferde aus dem eigenen Stall: Ducati setzt auf Talente statt Stars
Damit kommen wir zum letzten wichtigen Punkt in Ducatis Erfolgsformel: Den Fahrern. Auch wenn wir bereits festgestellt haben, dass der technische Fortschritt des Bikes die Dominanz der Italiener geformt hat, so braucht es doch immer noch einen Lenker, der dies umzusetzen weiß. Auch hier revolutionierte Ducati die MotoGP. Der erste MotoGP-Titel 2007 basierte nämlich noch auf dem alten Konzept des Erfolges: Ein Starpilot, der mit dem Bike zurechtkam, sorgte für die Spitzenplätze. In Ducatis Fall hieß der Goldjunge Casey Stoner. Das australische Fahrgenie konnte die Desmosedici als einziger zu großen Erfolgen führen. Ein Umstand, der auch für die anderen Werke galt. Für Yamaha war es zunächst Valentino Rossi und dann Jorge Lorenzo. Honda wurde ab 2013 zur großen Show des Marc Marquez. Yamaha fand in Fabio Quartararo ab 2021 wieder eine neue Speerspitze.
Doch Ducati musste lernen, dass die alte Starformel in der modernen MotoGP nicht mehr zwingend funktionierte. 2011 kam Valentino Rossi als Ersatz für Stoner und konnte nicht gewinnen. Nach zwei Jahren floh er wieder zu Yamaha. 2017 wurde Jorge Lorenzo verpflichtet. Als er ein Jahr später endlich auf Touren kam, da war sein Wechsel zu Honda schon eingetütet. Star-Zugänge waren der falsche Weg. Doch Ducati hatte Glück, denn ein anderer zeigte ihnen die richtige Herangehensweise auf: Andrea Dovizioso. Der 'Professor' hatte sich Ducati bereits 2013 angeschlossen und arbeitete sich mit dem Team Schritt für Schritt nach vorne. Erst 2016 gelang der erste Sieg, doch schon ein Jahr später war er im WM-Kampf. Obwohl es aufgrund eines Marc Marquez in Hochform nicht gelang, den Titel nach Italien zu holen, stellte Dovizioso dennoch die neue Erfolgsformel auf. Ein Fahrer muss mit einem Hersteller und dem Bike wachsen. Er muss die technischen Entwicklungen verstehen lernen und sich ihnen anpassen, anstatt dem Bike den eigenen Stil aufdrücken zu wollen.
Seit dieser Erkenntnis sehnt sich Ducati nicht mehr nach Stars. Dem wechselwilligen Superstar Marquez erteilte Paolo Ciabatti öffentlich eine Absage. Eine Verpflichtung entspreche nicht dem 'Ducati-Weg'. Dass der Honda-Star dennoch kam, lag einzig an der Unabhängigkeit des Gresini Teams. Nach dem Ducati-Weg werden keine Stars mehr eingekauft, sondern aus der eigenen Nachwuchsförderung heraus geformt. Weltmeister Francesco Bagnaia war der erste, der diesen Weg ging. Enea Bastianini folgte ihm 2023 ins Werksteam. Mit Jorge Martin und Marco Bezzecchi stehen bereits zwei weitere Spitzenleute bereit. VR46 und Gresini haben mit vier weiteren Bikes deutlich mehr Plätze für Talente geschaffen, obwohl die Fahrer der Kundenteams nicht unbedingt direkt beim Werk unter Vertrag stehen. Ducati hat sich somit erfolgreich aus der einstigen Abhängigkeit von Stoner gelöst und einen noch nie dagewesenen Stall in Breite und Spitze geschaffen, der sich durch Erfahrungs- und Datenaustausch auf den Strecken jeweils gegenseitig helfen kann. Dass Enea Bastianini 2023 eine Seuchensaison voller Verletzungen erlebte, fällt fast gar nicht auf, stehen doch trotzdem drei Ducatis an der Spitze der WM-Wertung. Wenn hingegen bei Yamaha Quartararo oder bei Honda Marquez ausfällt, dann sah es dort noch viel düsterer aus, als es aufgrund der schwachen Bikes ohnehin schon war. Ducati hingegen hat mehrere Schultern, auf denen ein Titelkampf getragen werden kann. Auch deswegen erscheint ihre Dominanz derart erdrückend.
Die Konkurrenz schläft nicht: KTM und Aprilia machen Druck
Doch obwohl Borgo Panigale in jeglicher Hinsicht stark aufgestellt ist, heißt das noch lange nicht, dass die Vorherrschaft in der MotoGP in Stein gemeißelt ist. Während die Japaner einen Weg aus der Krise finden müssen, schicken sich mit Aprilia und KTM zwei europäische Konkurrenten an, Ducati das Leben schwer zu machen. Beide haben sich an das Entwicklungstempo der Dominatoren angenähert und präsentieren eigene Innovationen. Der neueste Technik-Trend sind Karbon-Chassis, die enorme Gewichtseinsparungen und mehr Grip bringen können. Mattighofen und Noale sind hier Vorreiter. KTM-Testfahrer Dani Pedrosa war mit einem solchen Chassis bei seiner Wildcard in Misano schon im Renneinsatz, kurze Zeit später kamen auch die Werkspiloten Brad Binder und Jack Miller in den Genuss der neuen Chassis-Variante.
Die Chance, dass Ducatis Dominanz gebrochen werden kann, ist also durchaus vorhanden. Andererseits kann die Truppe um Gigi Dall'Igna auch auf Neuheiten der Konkurrenz eine Antwort geben und ist sich keineswegs zu schade, zu kopieren. Als Aprilia erstmals mit Ground-Effekt-Verkleidung auftauchte, dauerte es nicht lange und die Desmosedici war ebenfalls mit einer ausgerüstet. Das rasante technische Wettrüsten zwischen Ducati und seinen beiden Herausforderern wird bis mindestens 2027 weitergehen. Erst dann kann ein neues Reglement in Kraft treten, das Entwicklungen wie Aero-Flügel oder die Ride-Height-Devices verbietet. Bis dahin wird die MotoGP von der Technologierevolution Ducatis geprägt sein, selbst wenn die Italiener nicht alle Titel einfahren sollten.
Dieser Artikel über Ducatis Weg an die MotoGP-Spitze wurde ursprünglich in Ausgabe 93 unseres Print-Magazins veröffentlicht. Auf den Geschmack gekommen? Hier kannst du dir unser neuestes Heft sichern!
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