Am 22. Mai 2023 verkündete Yamaha in einer Pressemitteilung eine völlig überraschende Nachricht: Starpilot Toprak Razgatlioglu, 2021 immerhin noch Superbike-Weltmeister mit den Japanern, würde das Team mit Saisonende verlassen. Nur vier Stunden später war dann auch offiziell, wo es 'El Turco' ab 2024 hin verschlagen würde: Er unterschrieb einen Zweijahres-Vertrag mit BMW.

Für Superbike-Kenner kam diese Nachricht fast noch überraschender als der Yamaha-Abschied. Schließlich kam BMW seit der werksseitigen Rückkehr in die Superbike-WM im Jahr 2019 nie wirklich in Gang. Der deutsche Hersteller konnte einzig 2021 ein Superpole-Race gewinnen, im Hauptrennen wird bis heute auf den ersten Sieg gewartet. 2023 stand kein einziger BMW-Pilot auf dem Podest, in der Weltmeisterschaft landete Garrett Gerloff als bestplatzierter Fahrer auf Rang 12 - mehr als 400 Punkte hinter Razgatlioglu und Yamaha.

Wohin geht die Reise BMWs in der Superbike-WM?, Foto: LAT Images
Wohin geht die Reise BMWs in der Superbike-WM?, Foto: LAT Images

Wieso sollte der türkische Toppilot die siegfähige Yamaha-R1 also aufgeben, um ausgerechnet auf der wenig konkurrenzfähigen BMW M1000RR an den Start zu gehen? Die Spitzenresultate der vergangenen Jahre werden damit ja wohl kaum wiederholbar sein, oder etwa doch? "Ich bin vollkommen fokussiert auf die nächsten beiden Jahre. Das wird eine große Herausforderung. Ich muss mit BMW gewinnen. Wir werden sehe, ob das klappt. Ich weiß, dass es nicht leicht werden wird, aber ich glaube daran", zeigte sich Razgatlioglu bereits Mitte November bei 'MotoGP.com' optimistisch, auch in den kommenden Jahren an der Spitze der WSBK kämpfen zu können. Er lässt aufhorchen: "Ich hoffe, dass ich mit BMW Weltmeister werden kann."

Toprak Razgatlioglu hocherfreut: Endlich mehr Motorleistung!

Eine Aussage, die mittlerweile gar nicht mehr so abwegig erscheint. Anfang Dezember konnte 'El Turco' nach Ablauf seines Yamaha-Vertrages in Portimao erstmals auf der BMW M1000RR testen. Und der erste Eindruck viel dabei ziemlich positiv aus. "Die Motorbremse ist unglaublich und das Motorrad auf den Geraden sehr schnell. Das freut mich sehr, zum ersten Mal fühle ich Leistung", lobte Razgatlioglu, der zudem auch seine Bremsstärke auf der BMW nicht verloren zu haben scheint, im Gespräch mit 'WSBK.com'. Er macht sich große Hoffnungen für 2024: "Dieses Bike wird immer schneller. Ich werde mit jeder Runde besser, verstehe Motorrad und Traktion immer mehr. Die Gasanbindung ist viel besser. Ich bin sehr happy und wir haben noch viele Teile zu testen."

Sollte die Superbike-WM also gewarnt sein? Ja, glaubt zumindest BMW-Kollege Garrett Gerloff. "Es ist schön zu sehen, wie viel Energie BMW in das gesamte Projekt investiert. Mit Toprak und den restlichen Fahrern hier können wir das Programm nach vorne bringen. Es wird ein aufregendes Jahr werden", glaubt der Brite. "Ich sehe nicht, dass Toprak Probleme haben wird. Er wird genau der Gleiche sein [wie 2023, Anm.], er wird genauso schnell sein oder wahrscheinlich sogar noch schneller. Ich denke, dass er sehr gut zurechtkommen wird."

Toprak Razgatlioglus erste Ausfahrt mit der BMW war vielversprechend, Foto: BMW Motorrad
Toprak Razgatlioglus erste Ausfahrt mit der BMW war vielversprechend, Foto: BMW Motorrad

Toprak Razgatlioglu warnt Superbike-WM: Wir kommen!

Auch MotoGP-Legende Andrea Dovizioso erwartet, dass Razgatlioglu mit BMW aufblühen wird. Ob es auch für den ganz großen Wurf reichen kann? "Ich denke, dass Toprak die Situation bei BMW in zwei Jahren völlig verändern kann und konkurrenzfähig sein wird. Ich weiß nicht, ob BMW wirklich gut genug ist, um den letzten Schritt zu machen und um die Weltmeisterschaft zu kämpfen. Aber wenn jemand die Organisation dazu hat, dann sie", meint der dreimalige MotoGP-Vizeweltmeister im Interview mit 'WSBK.com'.

Wozu 'El Turco' 2024 wirklich im Stande sein wird, wird sich spätestens Ende Februar offenbaren. Dann startet die Superbike-WM auf Phillip Island in die neue Saison, in der dann auch erstmals ein kombiniertes Mindestgewicht für Fahrer und Bike gelten wird. Razgatlioglu kann sein BMW-Debüt schon jetzt kaum erwarten: "Wir haben uns schon sehr verbessert. Ich brauche noch Zeit, aber wir sind nicht weit weg. Mehr werde ich nicht sagen. Wir kommen!"