Fabio Di Giannantonio steht vor einer ungewissen Zukunft. Seit längerer Zeit wurde spekuliert, dass er seinen MotoGP-Platz im Gresini Team nach zwei Saisons wieder räumen muss. Das Ducati-Lager sprach lange Zeit davon, dass man 'Diggia' noch etwas Zeit geben wollte. Doch spätestens mit der Meldung, dass Marc Marquez sich mit Gresini geeinigt hat, war offiziell klar: 'Diggia' wird das Team nach der Saison 2023 verlassen.

Viele Optionen in der MotoGP bieten sich dem Italiener nicht mehr. Mittlerweile haben sämtliche MotoGP-Teams ihre Fahrerpaarungen für das kommende Jahr bekanntgegeben - bis auf Repsol Honda, das für seinen abwandernden Superstar Marc Marquez noch keinen Ersatz nominiert hat. Als Favoriten auf die Box neben Joan Mir gelten Johann Zarco, Miguel Oliveira und Maverick Vinales. Auch hier spielt der Name Di Giannantonio also wohl keine Rolle. Zarco, Oliveira und Vinales würden bei einem Wechsel in das Honda-Werksteam allerdings eine Lücke bei LCR Honda beziehungsweise Aprilia hinterlassen - eine Lücke, die 'Diggias' letzte Chance auf einen MotoGP-Verbleib darstellt.

'Diggia' und Gresini Racing - nach der Saison 2023 geht man getrennte Wege, Foto: LAT Images
'Diggia' und Gresini Racing - nach der Saison 2023 geht man getrennte Wege, Foto: LAT Images

Di Giannantonio darf sich berechtigte Hoffnung auf einen dieser Plätze machen, schließlich ist er der einzige MotoGP-Pilot, der noch frei verfügbar ist. Auch die Spitzenpiloten der Moto2 können bereits gültige Arbeitspapiere für die kommende Saison vorweisen. Die Herren Aron Canet, Jake Dixon und Tony Arbolino wurden in der Vergangenheit mit einem Aufstieg in die MotoGP in Verbindung gebracht, haben aber Verträge für ein weiteres Moto2-Jahr unterzeichnet. Es ist allerdings ein offenes Geheimnis, dass in den meisten Moto2-Verträgen eine Ausstiegsklausel vereinbart wird, die einen MotoGP-Wechsel ermöglicht.

Eine weitere Option stellt Iker Lecuona dar, der aktuell für Honda in der WSBK an den Start geht und während der Saison bereits den verletzten Alex Rins, Joan Mir und Marc Marquez ersetzte. Di Giannantonio ist also nur einer der Kandidaten auf den letzten MotoGP-Platz und muss sich gegen seine Kontrahenten beweisen. Spitzenresultate müssen her.

Di Giannantonio: Zwei MotoGP-Jahre mit wenigen Höhepunkten

Zur Saison 2022 stieg Fabio in die Königsklasse auf und pilotiert seither eine Vorjahres-Ducati im Gresini Racing Team. In Mugello stürmte der Italiener 2022 bei wechselnden Bedingungen zu einer überraschenden Pole Position. Bestes Rennergebnis seiner Rookie-Saison ist ein achter Platz auf dem Sachsenring. In der Gesamtwertung konnte Di Giannantonio nach dem Saisonfinale in Valencia die beiden KTM-Rookies Remy Gardner und Raul Fernandez sowie das RNF-Duo (Andrea Dovizioso und Darryn Binder) hinter sich halten, er beendete die Saison mit insgesamt 24 Punkten auf dem 20. WM-Rang.

Die Leistungen des Italieners in der ersten Saisonhälfte 2023 ließen wenig Hoffnung auf einen MotoGP-Verbleib zu: Bestes Ergebnis aus den ersten zehn Grands Prix war ein achter Platz im Rennen in Le Mans. Im Sprint tat sich 'Diggia' besonders schwer: Nicht ein einziges Mal konnte der Italiener unter die ersten Neun und damit in die Punkteränge fahren. In der Gesamtwertung liegt er derzeit auf dem 14. Rang, ist damit (ausgenommen vom langzeitverletzten Enea Bastianini) schlechtester Ducati-Pilot.

'Diggia': Starke Form in Japan und Indonesien

An den vergangenen beiden Rennwochenenden konnte der Italiener allerdings mehrere Ausrufezeichen setzen. Mit zwei achten Plätzen aus dem Sprint und Hauptrennen in Motegi und einem sechsten sowie vierten Platz in Mandalika hat Di Giannantonio die viertmeisten Punkte aller Piloten an den jüngsten beiden Rennwochenenden vorzuweisen. Nur Jorge Martin, Francesco Bagnaia und Marco Bezzecchi konnten mehr WM-Zähler einfahren. Platzt nun der Knoten, ausgerechnet als das Ducati-Aus besiegelt ist?

Fabio di Giannantonio überholt Aleix Espargaro im Indonesien GP der MotoGP
'Mit Platz 4 konnte Di Giannantonio sein bestes MotoGP-Ergebnis einfahren, Foto: LAT Images

Di Giannantonio: Die ganze Welt war gegen mich

"Es war ein tolles Rennen, ich hatte zwar keinen guten Start, aber danach konnte ich meinen Rhythmus aufbauen und einige Überholmanöver setzen", beschreibt der Italiener sein Rennen am Mandalika Circuit. Im Parc Ferme zeigte sich 'Diggia' emotional, kniete an seiner Ducati und war den Tränen nah. Nach dem Rennen gab er die Begründung ab. "Es steckt so viel dahinter, manchmal ist es echt hart. Meine kleine Crew und ich, wir kämpfen gegen die Welt. Von allen angezweifelt zu werden, ist nicht einfach. Ich bin auch nur ein Mensch."

Angesprochen auf seine MotoGP-Zukunft, antwortet der Italiener im motogp.com-Interview. "Ich hoffe, dass die Leute meine harte Arbeit erkennen. Ich war immer schnell in meiner Karriere, in der MotoGP habe ich eben mehr Zeit gebraucht", gibt er sich selbstsicher. "Ich habe bewiesen, dass ich ein starker Fahrer bin, warum soll ich also nicht in der MotoGP weitermachen?"