Yamaha hat sich in eine hartnäckige MotoGP-Krise manövriert. Die Rennergebnisse sind enttäuschend - und es gibt wenig Gründe, warum sich das demnächst ändern sollte. Denn mit nur zwei Motorrädern im Feld stellt Yamaha das kleinste Kontingent aller Hersteller, was Datensammlung und den Einsatz neuer Teile an Grand-Prix-Wochenenden erschwert. Das wirkt sich natürlich negativ auf mögliche Weiterentwicklungen aus.
Umso wichtiger wäre in solch einer Situation die intensive Verwendung des MotoGP-Testteams. Davon scheint Yamaha aber weit entfernt zu sein, wie Testfahrer Cal Crutchlow verrät: "Nach dem Sepang-Test (Mitte Februar, Anm.) bin ich neun Wochen nicht gefahren. Dann habe ich innerhalb von zwei Wochen drei Mal getestet. Dann hatte ich wieder 14 Wochen frei und dann wieder drei Tests in zwei Wochen."
Crutchlow nahm im Gegensatz zu vieler seiner Testfahrerkollegen auch an keinem der beiden Montagstests in dieser Saison in Jerez und Misano teil. Außerdem bestritt er am vergangenen Wochenende in Motegi seinen ersten und letzten Wildcard-Einsatz in dieser Saison. Seine Testfahrerkollegen kommen auf deutlich mehr Rennkilometer: Dani Pedrosa war für KTM in Jerez und Misano am Start. Jonas Folger, Nummer zwei in der Testfahrerhierarchie der Österreicher, kam als Vertretung für den verletzten Pol Espargaro gleich zu sechs Grand-Prix-Einsätzen. Stefan Bradl wurde von Honda ebenfalls in Jerez und Misano mit einer Wildcard in die Rennwochenenden geschickt, außerdem war er vier Mal Ersatzfahrer. Ducati-Urgestein Michele Pirro kommt auf ebenfalls zwei Wildcards und drei Ersatzfahrerauftritte. Lorenzo Savadori pilotierte die Aprilia RS-GP drei Mal als Wildcardpilot und einmal als Verletzungsvertretung.
Es darf auch hinterfragt werden, ob Motegi für den einzigen Yamaha-Wildcard-Einsatz des Jahres tatsächlich der richtige Kurs ist. Natürlich ist es für den japanischen Hersteller beim Heimrennen schön, eine weitere Maschine im Feld zu haben, doch derartige Emotionalitäten sollten in der aktuellen Situation eher hintangestellt werden. Und was das Streckenlayout betrifft, ist Motegi mit seiner extremen Stop-and-Go-Charakteristik doch sehr besonders und wenig aussagekräftig für die Performance auf anderen Kursen. Oftmals schlechtes Wetter erschwert sinnvolle Testarbeit zusätzlich.
Bei Yamaha scheint im Testteam also Planlosigkeit zu regieren. Und auf diese hat der erst 2021 zum japanischen Hersteller gestoßene Crutchlow offensichtlich keine Lust mehr: "Wir müssen sicherstellen, dass ich regelmäßiger auf dem Motorrad sitze. Das ist auch für die Ingenieure wichtig. Nur so kann man Fortschritte erzielen. Yamaha will, dass ich einen neuen Dreijahresvertrag unterschreibe. Hoffentlich fällt ihnen für 2024 ein besserer Plan ein. Dann werde ich meine Entscheidung treffen."
Yamahas Testfahrer: Keine erkennbare Strategie
Ein Abgang von Crutchlow würde in das Bild passen, welches Yamahas Testabteilung in den vergangenen Jahren abgegeben hat. Lange Zeit versuchte man, die Weiterentwicklung mit Piloten in Japan voranzutreiben, während alle anderen Hersteller bereits auf europäische Testteams mit pfeilschnellen Ex-MotoGP-Stammfahrern setzten. 2019 sah auch Yamaha ein, dass dies die korrekte Strategie ist und verpflichtete Jonas Folger - nur um ihn nach einem Jahr wieder zu feuern. Die Erklärung: Man wolle wieder auf die japanischen Testfahrer setzen. Wenig später konterkarierte man diese Aussage mit der Verpflichtung von Jorge Lorenzo. Der dreifache MotoGP-Champion kam aber - auch bedingt durch die Corona-Pandemie - kaum zu Testeinsätzen und wurde schließlich nach ebenfalls nur einem Jahr von Crutchlow beerbt.
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