Die MotoGP-Welt blickte gespannt auf das Comeback von Honda-Star Marc Marquez in Le Mans und am Samstag lieferte der Spanier angesichts von Hondas aktueller Krise starke Ergebnisse ab. Im Qualifying musste sich der sechsfache Weltmeister nur Titelverteidiger Francesco Bagnaia geschlagen geben. Im Sprint konnte Marquez diese Position nicht halten, kämpfte aber bis zum Schluss mit teilweise harten Bandagen im vorderen Feld und fuhr am Ende Rang 5 ein. In beiden Fällen war er der mit Abstand bestplatzierte Honda-Pilot.

Interessant war Marquez' Auftritt zusätzlich durch den Fakt, dass der Spanier erstmals das neue Chassis aus dem Hause Kalex im Renneinsatz testen konnte. Das erste Fazit fiel verhalten positiv aus: "Es war gut, dass Chassis auch unter Rennbedingungen verstehen zu lernen, besonders weil ich in der letzten Runde noch eine 1:31.9 gefahren bin. Die zwei schnellen Runden am Ende waren für mich eine großartige Überraschung in diesem Rennen." Der 30-Jährige übte leichte Kritik an seiner Leistung und mahnte gleichzeitig zu einer realistischen Einschätzung von Hondas Leistungsfähigkeit: "Am Anfang war ich etwas steif unterwegs. Mit einem perfekten Rennen wäre heute vielleicht das Podest möglich gewesen. Das ist allerdings nicht realistisch für uns, wir müssen uns noch immer stark verbessern."

Die Eigenschaften der Honda machen das Renngeschehen für die Fahrer besonders knifflig: "Es ist sehr schwer gegen die anderen zu kämpfen, besonders gegen die Ducatis. Sie überholen dich auf den Geraden und du musst in den Kurven überholen. Dabei nimmst du Risiko und verschleißt die Reifen stärker. Die Konsequenz sind verlorene Positionen, nicht weil du langsam bist, aber du musst es dort versuchen und die anderen überholen einfach auf der Geraden." Im Kampf gegen Weltmeister Bagnaia auf Ducati war dieses Phänomen deutlich zu sehen. Der Italiener zog Marquez auf den Geraden davon, während der Spanier in den Kurven zu harten Manövern griff, um dagegenhalten zu können. Am Ende musste Marquez den WM-Leader ziehen lassen und verlor später noch eine Position an eine weitere Ducati von VR46-Pilot Luca Marini.

Der Kalex-Vorteil: Front der Honda weniger kritisch

Der Rückstand in Sachen Speed bei Honda ist immer noch deutlich, daran ändert auch das neue Chassis von Kalex kaum etwas. Dennoch hat Marquez einen Vorteil darin ausgemacht: "Es sieht so aus, als müsste man mit der Kalex seinen Fahrstil etwas anpassen. Du musst auch schnell in die Kurve hineinfahren, aber es verzeiht mehr Fehler. Du kannst querrutschen und trotzdem zurückkommen. Mit dem anderen Chassis ist das sehr kritisch und es ist schwieriger den Vorderreifen zu spüren. Mit diesem Chassis bekommst du öfter eine Vorwarnung."

Am Freitag stürzte Marquez noch zweimal, Foto: Screenshot/MotoGP
Am Freitag stürzte Marquez noch zweimal, Foto: Screenshot/MotoGP

Eine Beobachtung die Honda etwas Mut machen könnte. Die Fahrer der Japaner haben seit Saisonbeginn starke Probleme mit dem Vorderreifen, besonders Neuzugang Joan Mir stürzte ein ums andere Mal über die Front. Auch Marquez selbst erlebte allein am Freitag in Frankreich zwei Stürze, blieb am Samstag aber sitzen. Sollte das Kalex-Chassis vorne für mehr Sicherheit sorgen, so könnten zumindest mehr Zielankünfte und somit auch mehr Punkte damit möglich sein. Marquez sieht den Lernprozess mit dem Produkt aus Schwaben noch nicht abgeschlossen, aber die Grundprobleme der RC213V bleiben ohnehin bestehen: "Wir müssen das [Kalex-Chassis, Anm. d. Red.] verstehen lernen, aber unsere Schwäche liegt immer noch beim Bremsen und beim Rausbeschleunigen."