Marc Marquez sorgte an seinem Comeback-Wochenende in der MotoGP nach anderthalb Monaten Verletzungspause nicht nur mit zwei Stürzen direkt für Aufregung. In den Schlussminuten des 2. Trainings am Freitagnachmittag suchte er den Windschatten von Francesco Bagnaia und lieferte sich ein Psychospielchen mit dem Ducati-Piloten.

12 Minuten vor dem Ende des 2. Trainings zeigten die TV-Bilder Marquez erstmals hinter Bagnaia, als beide neben der Ideallinie langsam aus Kurve fünf herausfuhren. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich beide Piloten bereits auf einer fliegenden Runde, die sie nach knapp vier Zehnteln Rückstand im 1. Sektor offensichtlich abgebrochen hatten - obwohl sie als 13. und 14. in dieser Phase nicht direkt für Q2 qualifiziert gewesen wären.

Im 4. Sektor angekommen verlangsamte Bagnaia abseits der Ideallinie drastisch, um Marquez vorbeizulassen. Dieser entschleunigte aber ebenso auf Schrittgeschwindigkeit und wartete, bis sein Kontrahent in die nächste fliegende Runde starten würde. Dazu kam es jedoch nicht: Bagnaia fuhr kurzerhand an die Box und verlieh seinem Frust mit einer Handgeste Ausdruck. Marquez startete daraufhin alleine eine fliegende Runde, die er nach Fehler in Turn 9 aber abbrechen musste und ebenfalls an die Box zurückkehrte.

Bagnaia unbeeindruckt: Keine Kritik an Marquez

Als Bagnaia sieben Minuten vor dem Ende wieder auf die Strecke zurückkehrte, zeigten die TV-Bilder, wie Marquez aus der Garage zu seiner Honda sprintete, um ebenfalls rauszufahren. Der achtfache Weltmeister beeilte sich aus auf der Outlap, um Bagnaia einzuholen, schaffte es aber nicht mehr rechtzeitig und startete seine fliegende Runde wenige Sekunden später im Windschatten von Jorge Martin, der zwischen den beiden Piloten fuhr. Bagnaia verbesserte sich auf Platz neun, Marquez zog als Achter ebenfalls direkt in Q2 ein.

Auch deshalb wollte Bagnaia am Freitagabend im Interview bei 'MotoGP.com' wohl nicht mehr aus den Psychospielchen der beiden Weltmeister machen - trotz eindeutiger Handgeste zuvor: "Ich habe gesehen, dass Marc dicht hinter mir war und wollte ihm das nicht erlauben, weil ich wusste, dass es sowieso schon knapp werden würde [mit dem Einzug in Q2, Anm.]. Das war der einzige Grund, [warum ich in die Box gefahren bin, Anm.]." Wütende Worte, Kritik oder Ähnliches gab der Ducati-Pilot nicht von sich, obwohl ihm das Verhalten seines Kontrahenten sichtlich nicht gepasst hatte.

Pecco Bagnaia qualifizierte sich als Neunter für Q2, Foto: LAT Images
Pecco Bagnaia qualifizierte sich als Neunter für Q2, Foto: LAT Images

Marquez verneint Psychospielchen: Suchte keinen Windschatten

Marquez wiederum verneinte sogar, sich überhaupt absichtlich an das Heck von Bagnaia gesetzt zu haben. Durchaus kurios, zeichneten die TV-Kameras doch ein gänzlich anderes Bild. "Ich habe nicht nach dem Windschatten eines Piloten gesucht. Ich bin alleine gefahren und Pecco hat eine langsame Outlap absolviert, deshalb war er vor mir. Ich habe nicht in der Box gewartet, wie ich es in Portimao gemacht habe", verteidigte er sich bei 'MotoGP.com'.

Beim Saisonauftakt in Portugal hatte sich Marquez im Qualifying ebenfalls einen Windschatten gesucht, damals jenen von Bagnaia-Teamkollege Enea Bastianini. Mit Erfolg: Der achtfache Weltmeister sicherte sich in der Algarve sensationell die Pole Position, was ohne den Richtwert von Bastianini wohl nicht möglich gewesen wäre. In Le Mans hält Marquez ähnliche Unterstützung für unnötig: "Ich fühle mich gut, ich fühle mich stark. Der Windschatten ist hier nicht so wichtig."