Am 22. September 2017 bestritt Jonas Folger den Grand Prix von Aragon. Es sollte sein letztes MotoGP-Rennen für fast sechs Jahre bleiben. Gesundheitliche Probleme zwangen ihn zu einer Pause, die schließlich zum Abschied als Stammfahrer aus der Königsklasse wurde und den Auftakt zu turbulenten Jahren mit Jobs als MotoGP-Testpilot, Ersatzfahrer in der Moto2 und Einsatzpilot in der IDM und Superbike-WM darstellte.

Nun ist Folger, der seit vergangenem Herbst als Entwicklungs- und Testfahrer für das MotoGP-Projekt von KTM tätig ist, zurück auf der großen Bühne. Er ersetzt in Austin - und voraussichtlich noch für einige weitere Rennwochenenden - den verletzten Pol Espargaro im GasGas-gebrandeten Tech3-Team.

Mit dem Circuit of the Americas startet Folger auf einer der schwierigsten MotoGP-Strecken, Foto: GASGAS Factory Racing Tech3
Mit dem Circuit of the Americas startet Folger auf einer der schwierigsten MotoGP-Strecken, Foto: GASGAS Factory Racing Tech3

Am Freitag zum Grand Prix von Amerika war Folger die lange Abwesenheit vom MotoGP-Renngeschehen noch deutlich anzusehen. Im 1. Training musste er aufgrund technischer Probleme - ein Verkleidungsteil hatte am Hinterrad gescheuert - schon nach einer Runde zurück an die Box kommen und fuhr mit nur zwölf Runden die wenigstens Umläufe aller 22 Fahrer. Er verlor als Letzter 4,926 Sekunden auf die Bestzeit.

Am Nachmittag konnte Folger 17 Runden drehen und seinen Rückstand um knapp sechs Zehntelsekunden verringern. 4,351 Sekunden fehlten ihm auf die Tagesbestzeit von Jorge Martin. "Es ist großartig, wieder zurück zu sein - vor allem mit diesem Team. Tech3 und ich haben ja eine gemeinsame Geschichte", erinnerte Folger am Freitagabend. Seine bislang einzige MotoGP-Saison 2017 bestritt der Bayer für das Team von Herve Poncharal, das damals noch auf Yamaha-Material setzte.

Jonas Folger und Tech3: Wiedersehen nach sechs Jahren, Foto: gp-photo.de / Ronny Lekl
Jonas Folger und Tech3: Wiedersehen nach sechs Jahren, Foto: gp-photo.de / Ronny Lekl

"Ich kenne die Leute hier, was natürlich schön ist. Uns war aber allen klar, dass es für mich sehr schwierig werden wird und es war tatsächlich ein harter Tag für mich", gesteht Folger. "Wir mussten viele Dinge ändern, angefangen bei der Ergonomie bis hin zum Setup. Gleichzeitig muss ich auch die Strecke wieder lernen. Das ist schon eine große Herausforderung und dementsprechend weit liegen wir aktuell zurück. Das Team und das gesamte KTM-Projekt steht aber voll hinter mir und so freue ich mich auf die kommenden Tage."

Jonas Folger: Findungsphase in neuer MotoGP

In Folgers Abwesenheit hat die MotoGP einen gewaltigen Wandel erlebt. Nur noch sieben Stammfahrer aus dem Jahr 2017 zählen zum Starterfeld der laufenden Saison. Auch an der Technikfront hat sich viel getan. Ride-Height-Devices etwa gab es in Folgers Rookie-Jahr noch nicht und auch das Aerodynamikwettrüsten hatte gerade erst begonnen. "Es ist lange her, dass ich MotoGP-Rennen gefahren bin und es hat sich viel geändert. Technisch, aber auch fahrerisch", bestätigt der 29-Jährige. "Es ist wirklich schwierig, all diese Dinge neu zu lernen beziehungsweise wieder zu lernen. Ich nutze aber jede Runde, um Informationen für mich zu sammeln und so am Ende wieder zu einem besseren Rennfahrer zu werden."

Die KTM-Führungsebene macht Folger jedenfalls keinen Druck. "Es ist extrem schwierig, so in diese Klasse zu springen", weiß Motorsportchef Pit Beirer. "Wir haben Jonas deshalb gesagt, dass er es ruhig angehen soll. Es geht für uns nicht um irgendwelche Resultate. Er soll einfach nur versuchen, das Motorrad heil nach Hause zu bringen. Wenn man sich ansieht, wie nah das Feld beisammen liegt, ist es unmöglich als Quereinsteiger auf einem ordentlichen Niveau zu performen."

Mangelnde Erfahrung als Manko für Jonas Folger

Beirer verweist auch auf die geringe Erfahrung Folgers mit der KTM RC16, die sich auf einige wenige Testtage beschränkt: "Unser Testprogramm haben wir in erster Linie mit Dani Pedrosa bestritten. Jonas war zwar immer mit dabei, aber er musste einige Dinge ausprobieren, mit gewissen Teilen einfach nur Kilometer abspulen oder warten, während das Bike umgebaut wurde. Dementsprechend ist er noch nicht viele Runden gefahren. Es war ja auch nicht unser Plan, ihn so früh in einem Rennen einzusetzen. Wir wollten ihn eigentlich ein Jahr bei uns haben, bevor wir ihm eine Wildcard geben. Dieser Einsatz kommt also sehr früh für ihn."