Einen deutschen Stammfahrer gibt es in der MotoGP seit der Saison 2018 nicht mehr. Und dennoch nehmen am Sonntag - etwaige Zwischenfälle ausgeschlossen - mit Honda-Testfahrer Stefan Bradl und GasGas-Ersatzmann Jonas Folger gleich zwei Piloten aus der Bundesrepublik am Amerika-Grand-Prix teil. Zwei deutsche Fahrer in der Startaufstellung der Königsklasse - das gab es zuletzt am 12. Juni 1994!

Damals starteten beim Deutschland-Grand-Prix in Hockenheim Lothar Neukirchner und Udo Mark in das Rennen der 500ccm-Klasse. Neukirchner wurde mit einer Runde Rückstand 19. und Letzter, Mark kam nach einem Sturz nicht ins Ziel. Mit Manfred Erhardt nahm sogar noch ein dritter Deutscher am Heim-GP teil, er verpasste allerdings die Qualifikation für das Rennen. Auch für das Rennwochenende in Le Mans gut ein Monat später waren mit Mark und Evren Bischoff zwei deutsche Fahrer gemeldet, Bischoff ging am Sonntag allerdings nicht an den Start.

In der Folge wurden die Deutschen in der Königsklasse zu Einzelkämpfern. Michael Rudroff startete 1996 am Nürburgring mit einer Wildcard. Jürgen Fuchs war 1997 Stammfahrer auf der exotischen ELF 500 und holte damit 28 WM-Punkte. Ralf Waldmann hielt in der Folgesaison auf der Modenas KR3 die deutschen Farben hoch und hätte beim Heim-GP am Sachsenring Verstärkung durch Jörg Schöllhorn bekommen, doch der zog vor dem Rennstart zurück. 1999 kehrte Waldmann in die 250ccm-Klasse zurück, dafür bekam Markus Ober auf einer Honda NSR500V seine Chance. Nach neun von 16 Saisonrennen platze aber aufgrund finanzieller Probleme sein WM-Traum.

Es dauerte bis zum Jahr 2002, ehe es wieder ein Deutscher in die mittlerweile zur MotoGP gewordenen Königsklasse schaffte. Alex Hofmann kam als Ersatzfahrer beim WCM Team und im Rennstall von Sito Pons zu vier Einsätzen, 2003 startete er als Kawasaki-Testpilot bei fünf Grands Prix. Von 2004 bis 2007 war er Stammfahrer, zunächst bei Kawasaki und ab 2006 beim Ducati-Kundenrennstall Pramac. 2007 fand seine Karriere verletzungsbedingt ein jähes Ende.

Alex Hofmann war von 2002 bis 2007 in der MotoGP aktiv, Foto: Pramac Racing
Alex Hofmann war von 2002 bis 2007 in der MotoGP aktiv, Foto: Pramac Racing

In den folgenden vier Saisons fehlte ein deutscher Starter im MotoGP-Feld. 2012 stieg Stefan Bradl als frischgebackener Moto2-Weltmeister in die Königsklasse auf. Bis 2016 war er dort als Stammfahrer bei LCR Honda, Forward Racing und Aprilia aktiv. 2017 wechselte Bradl in die Superbike-WM. Im selben Jahr bestritt Jonas Folger seine erste und bis dato einzige Saison in der MotoGP. Diese endete aufgrund gesundheitlicher Probleme aber schon nach 14 Rennwochenende. Seither war es wieder Stefan Bradl, der in seiner neuen Rolle als Test- und Ersatzfahrer für Honda von 2018 bis 2022 zu 33 MotoGP-Starts kam.

Bradl und Folger: Erstes Aufeinandertreffen seit 2009

Nun sorgen Bradl und Folger als Ersatzfahrer von Marc Marquez beziehungsweise Pol Espargaro für das erste schwarz-rot-goldene Duell in der Königsklasse seit 1994. Aufeinandergetroffen sind die einzigen beiden deutschen Podiumsfahrer der MotoGP-Geschichte in der Vergangenheit allerdings schon: 2008 und 2009 fuhren sie gemeinsam in der 125ccm-Klasse. Das direkte Duell ging damals klar an den vier Jahre älteren Bradl: 23-mal teilten sich die Bayern damals die Strecke in der kleinsten WM-Kategorie. In diesem Zeitraum holte Folger 74 Punkte und eine Podiumsplatzierung, Bradl sammelte 272 Zähler, gewann zwei Rennen und stand vier weitere Male auf dem Podest.