KTM war das große Mysterium der MotoGP vor dem Saisonauftakt in Portugal. Bei den Testfahrten waren die Bikes der Mattighofener stets auf den hinteren Plätzen zu finden. Umso überraschender war dann die Leistung vom ersten Rennwochenende in Portimao. Schon am Freitag zeigte Neuzugang Jack Miller mit Bestzeit auf. Im Qualifying gab es Rang fünf und im Sprint sogar Rang vier.

Im Grand Prix am Sonntag taute dann auch Millers Teamkollege Brad Binder auf, der zuvor deutlich zurückhing und mit starken Nackenschmerzen zu kämpfen hatte. Die Plätze 6 und 7 für Binder und Miller waren mehr als ordentlich. Dazu lag der vierte Rang von Johann Zarco absolut in Reichweite. Nur Sieger Francesco Bagnaia sowie Maverick Vinales und Marco Bezzecchi waren zu schnell für die beiden Werkspiloten von KTM. Fairerweise muss hierbei jedoch erwähnt werden, dass durch die von Marc Marquez verursachte Kollision in Kurve 3 mit dem Honda-Piloten selbst, Miguel Oliveira und Jorge Martin gleich drei Fahrer der Spitzengruppe aus dem Rennen geworfen wurden. Dazu war mit Enea Bastianini einer der Mitfavoriten gar nicht am Start.

Jack Miller war schon am Samstag gut unterwegs, Foto: Tobias Linke
Jack Miller war schon am Samstag gut unterwegs, Foto: Tobias Linke

KTM gibt zu: Performance in Portimao große Erleicherung

Dennoch war die Leistung von KTM so etwas wie ein Befreiungsschlag. Schon anhand der Reaktion auf den Samstag von Miller war das zu sehen. Technikchef Sebastian Risse gab bei ServusTV zu: "Das ist eine große Erleichterung, was wir im Sprint gesehen haben." Der Grund für die Erleichterung war, dass KTM bis kurz vor Saisonbeginn neue Teile testete. Teammanager Francesco Guidotti erklärte: "Wir hatten einige Probleme und eine Ungewissheit, das technische Paket zu optimieren, und wir haben bis zum letzten Moment gewartet, um alles zusammenzustellen. Die Fahrer konnten erst beim ersten Rennen pushen, und ehrlich gesagt war es ein bisschen spät, aber das war kein großes Problem."

Risse berichtete über Millers Fortschritte: "Wir haben ein paar Dinge probiert, weil wir etwas Vorlaufzeit hatten vor dem Test und wussten, wie das Setup aussehen soll. Irgendwo hat es dann geklickt, zunächst mit dem weichen Reifen. Jetzt müssen wir schauen, wie wir dieses Gefühl auf den harten Vorderreifen transportieren können." In Qualifying und Sprint fuhr der Australier vorne und hinten weich, aber im Rennen über 25 Runden war das nicht möglich.

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Miller führt seine Rennniederlage gegen den Teamkollegen aber nicht nur auf die härteren Reifenmischungen (Hard vorne, Medium hinten) am Sonntag zurück: "Ich habe zum Ende hin viel gepusht und mich mit den Reifen auf unbekanntes Terrain begeben. Das Motorrad war wirklich stabil, aber ich habe einen kleinen Fehler bei meinem Gangwechsel gemacht und da wurde es hektisch. Ich habe alles versucht, um zu überholen und es zu schaffen, aber es war unmöglich."

Richtiges Setup: Brad Binder macht großen Schritt am Rennsonntag

Der gute Auftritt von Binder im Rennen hatte mit einem Fortschritt am Bike zu tun, wie Guidotti berichtete: "Brad hatte mit seinem Nacken zu kämpfen, aber das Setup des Motorrads war viel mehr in der Richtung, die er wollte. Er hatte ein super gutes Rennen. Gestern [im Sprint, Anm. d. Red.] betrug sein Abstand zum Sieger acht Sekunden, und heute [im Grand Prix, Anm. d. Red.] war es derselbe, aber mit der doppelten Rundenzahl, das war schon beachtlich. Eine enorme Verbesserung." Der Südafrikaner bestätigte seinen Chef: "Es war ein hartes Wochenende, denn es war sehr schwierig, mich auf dem Motorrad zurechtzufinden. Ich habe sehr gelitten, aber heute hat mein Team mit meiner RC16 einen großen Schritt nach vorne gemacht und ich war am Ende viel sicherer."

Schon am nächsten Wochenende steht der Argentinien-GP an und dort wurde im Gegensatz zu Portimao nicht getestet. Guidotti ist sich dessen bewusst: "Wir kommen jetzt nach Argentinien. Das ist wieder ein unbeschriebenes Blatt." Zumindest Binder hat aber einen Punkt, an dem er nach einem schmerzhaften Wochenende definitiv zulegen kann und will: "Die letzten fünf Runden waren körperlich sehr anstrengend, aber die Fortschritte, die wir gemacht haben, waren sehr zufriedenstellend, und ich hoffe auf mehr in Argentinien. Ich muss nur herausfinden, wie ich dort zu 100 Prozent fit sein kann."