Ja, für Fabio Quartararo verlief das MotoGP-Rennen in Thailand mehr als bitter. In Turn 1 von Jack Miller nach außen geschoben, in Kurve vier von der Strecke gerutscht und dann außerhalb der Punkteränge liegend chancenlos, weil am Vorderrad der Yamaha M1 wieder einmal der Reifendruck durch die Decke ging.

Dass nach einem solchen Rennen in der entscheidenden Phase des WM-Fights der Frust in den Knochen steckt, ist normal. Mit seinem Verhalten nach dem Thailand-Grand-Prix hat sich Quartararo aber keinen Gefallen getan. Er fuhr in die Yamaha-Box und verließ sie direkt, noch mit aufgezogenem Helm durch den Hinterausgang. Kein Abklatschen mit der Crew, geschweige denn eine Aufarbeitung der Geschehnisse.

WM-Trendwende in Thailand: Wieso Quartararo chancenlos war: (08:07 Min.)

Quartararo nahm auch seine Medientermine nicht wahr. Er sprach nicht zu den Journalisten, die teilweise viel Geld investierten, um die weite Reise nach Südostasien anzutreten. Selbst die TV-Interviews, zu denen er und all seinen Fahrerkollegen eigentlich verpflichtet sind, ließ der amtierende Weltmeister sausen. An seiner Stelle musste Team-Manager Massimo Meregalli Rede und Antwort stehen. Auch in den Sozialen Medien, wo Quartararo normalerweise höchst aktiv ist, herrscht Funkstille: Kein Posting und keine Nachricht an die vielen enthusiastischen Fans in Thailand, die nach zwei Jahren Corona-Pause endlich wieder ihre Helden zu sehen bekamen.

Ein Verhalten, das einer Persönlichkeit wie Fabio Quartararo schlicht unwürdig ist. Der sympathische Franzose schien in den letzten beiden Saisons einen dringend nötigen Reifeprozess durchgemacht zu haben, den er aber am Sonntag wieder zunichtemachte. Und das schadet vor allem Quartararo selbst und seinen Ambitionen im Titelkampf. Bei allem verständlichen Frust: Die MotoGP ist ein Teamsport. Man gewinnt gemeinsam und man verliert gemeinsam. Klingt abgedroschen, ist aber nun einmal so.

Quartararo und Yamaha durften 2022 bereits über drei Saisonsiege jubeln, Foto: LAT Images
Quartararo und Yamaha durften 2022 bereits über drei Saisonsiege jubeln, Foto: LAT Images

Wahrscheinlich leistete sich Yamaha am Sonntag einen Fehler in der Einschätzung des Reifendrucks am Vorderrad, was es Quartararo unmöglich machte, mitten im Feld gegen seine Konkurrenten zu kämpfen. Ein Problem, das ihn bei weitem nicht zum ersten Mal in seiner Yamaha-Karriere plagt. Dieses Schicksal teilte er am Sonntag aber mit zahlreichen anderen Fahrern unterschiedlichster Hersteller. Die Tatsache, dass es vor dem Rennen keine nasse Session auf dem Chang International Circuit gab, machte die korrekte Wahl des Reifendrucks fast unmöglich.

Aleix Espargaro zeigt Führungsqualitäten

Und selbst wenn Quartararos Probleme vermeidbar gewesen wären: Sein Umgang mit der Niederlage hilft niemandem im Yamaha-Lager. Aleix Espargaro zeigte vor einer Woche in Motegi, wie man es besser macht. Seine Crew leistete sich einen unglaublichen Patzer, als man vergas, den Spritsparmodus für das Rennen zu deaktivieren. Espargaro war sauer, trug den Rückschlag aber mit Fassung. "Wir sind alle Menschen. Wir sind ein Team und werden weiterhin versuchen, Weltmeister zu werden", richtete er den Blick sofort wieder nach vorne. Eine Mentalität, mit der er seiner Rolle als 'Capitano' im Aprilia-Projekt gerecht wurde. In der Stunde der Niederlage zeigt sich die wahre Führungsqualität.

Diese ließ Quartararo am Sonntag dramatisch vermissen. Sein Verhalten erinnerte wieder an das Saisonfinale 2020. Auch damals ging 'El Diablo' nach starken ersten Rennen mit einem beträchtlichen Vorsprung in die zweite Halbzeit. Viel zu oft ließ er sich aber von Niederlagen verunsichern, begab sich selbst in eine Negativspirale und bekam dafür schlussendlich die Rechnung präsentiert. Vor den letzten fünf Saisonrennen war er noch WM-Leader, stürzte aber in der Folge bis auf Rang acht der Gesamtwertung ab.

2020 muss Quartararo als Warnung dienen, Foto: LAT Images
2020 muss Quartararo als Warnung dienen, Foto: LAT Images

Ein derartiges Debakel droht Quartararo in diesem Jahr nicht mehr. Will er seinen Weltmeistertitel aus dem Vorjahr verteidigen, muss er aber dringend wieder seinen Fokus finden. Drei Rennen vor Ende führt er die WM immer noch an. Der Druck steigt. Diesem kann Quartararo nur dann standhalten, wenn er sich selbst im Griff und seine Yamaha-Mannschaft hinter sich hat.