Bis zur siebtzehnten von dreißig Runden am Sachsenring zeigte Maverick Vinales ein starkes Rennen. Der Spanier in Diensten von Aprilia war von Platz Neun gestartet und hatte sich Stück für Stück nach vorne gearbeitet. Er klebte bereits am Heck seines Teamkollegen Aleix Espargaro im Kampf um Platz Drei, als der Defektteufel zuschlug.

Eigentlich hatte Vinales in den Plan, in der Schlussphase zu attackieren, doch daraus wurde nichts. "Ich habe einfach die Pace gehalten, denn ich wusste die letzten zehn Runden würden meine besten werden. Ich hielt die Reifen gut am Leben und brachte sie kaum zum Durchdrehen. Aber dann ist etwas am Heck des Motorrads gebrochen und es war schwer das Bike überhaupt noch auf der Strecke zu halten", schildere der Aprilia-Pilot.

Die Hoffnung sein Rennen noch zu retten, musste der 27-Jährige schnell begraben: "Ich hatte noch mehrmals probiert das Heck anzuheben, damit sich das Bike vielleicht wieder erholt. Aber es kam nie zurück. Deswegen habe ich die Front verloren. Es war also gefährlich weiterzufahren, daher habe ich es sein lassen." Auf erneute Nachfrage hin verteidigte der Spanier seine Aufgabe: "Wenn ich weitergefahren wäre, dann wäre ich gestürzt. Es war einfach unfahrbar."

Das Problem kam für den neunfachen MotoGP-Sieger wie aus dem nichts. "Ich war bis auf eine Zehntel an Aleix dran und wollte angreifen. Dann ging das Bike nach unten und es begann ein Chattering. Danach machte es 'Boom' und es war vorbei", gab Vinales zu Protokoll. "Ich verstehe mittlerweile was passiert ist, weil ich ja gespürt habe, wie mein Fuß den Boden berührte. Im Ersten Moment dachte ich noch an einen Plattfuß, weil ich fast einen Highsider hatte. Aber so war es nicht, denn der Reifen war in perfektem Zustand. Also musste es ein Defekt am Heck sein."

Maverick Vinales ist von seinen Fortschritten auf der Aprilia überzeugt, Foto: LAT Images
Maverick Vinales ist von seinen Fortschritten auf der Aprilia überzeugt, Foto: LAT Images

Von Ärger über den Defekt war beim Betroffenen jedoch keine Spur, ganz im Gegenteil. "Ich habe damit schon abgeschlossen und will das positive des Wochenendes mitnehmen. Obwohl ich noch nicht ganz das Gefühl für das Maximum des Bikes habe, sind wir sehr zufrieden. Wir müssen das Qualifying verbessern, denn sobald ich etwas weiter vorne starte, kann ich mit den Spitzenleuten mitfahren", zeigte sich Vinales optimistisch für die nächsten Rennen.

Sachsenring der Tiefpunkt im Vorjahr, 2022 jedoch Vinales bestes Saisonrennen

Der Aprilia-Pilot verwies auf seine eigene Geschichte am Sachsenring, um seinen Fortschritt darzulegen: "An jedem neuen Rennwochenende fühlt es sich für mich an, als kämen wir näher an die Spitze heran. Dieses Wochenende war für mich sehr wichtig, denn letztes Jahr hatte ich hier einen Tiefpunkt. Dieses Jahr hätte es mein bestes Saisonrennen werden können. Eigentlich war es das auch. In einem Jahr kann sich also viel ändern." Im Vorjahr qualifizierte er sich auf Platz 21 und wurde im Rennen 19ter und damit Letzter, sein schlechtestes Karriereergebnis. Nur wenige Wochen später verließ er Yamaha in Richtung Aprilia.

Für Vinales gibt es keinen Zweifel, dass die Ergebnisse demnächst kommen werden: "Wir müssen die Konzentration aufrechterhalten. Wir sind auf dem richtigen Weg und machen sehr schnell viele Schritte nach vorne. Wir müssen also geduldig sein, denn wir wissen, wenn ich und das Bike so funktionieren, dann können wir dabei sein. Da bin ich mir sicher." Das erste Spitzenergebnis auf Aprilia steht für den Spanier noch aus. Bisher waren zwei siebte Plätze in Argentinien und beim Katalonien Grand Prix das höchste der Gefühle.

Mittelfeld-'Dschungel' macht Aprilia-Pilot stärker

Von den Mittelfelderfahrungen will der Spanier jedoch profitiert haben. "Ich war es gewohnt in den ersten Reihen zu starten. Da sind alle nett am Start. Aber weiter hinten ist das ein Dschungel. Da muss der Ellenbogen raus und du gehst einfach dahin, wo du hinwillst. Dahingehend waren die letzten Rennen ein gutes Training, um am Start besser zu werden", meinte Vinales.

Aleix Espargaro durfte in Argentinien schon einen Sieg für Aprilia bejubeln, Foto: gp-photo/Ronny Lekl
Aleix Espargaro durfte in Argentinien schon einen Sieg für Aprilia bejubeln, Foto: gp-photo/Ronny Lekl

Der Aprilia-Pilot begreift sein sportliches Tief nicht als Ärgernis, sondern als Lernprozess. "Ich fühle mich stärker. Ich kann leichter überholen und bin besser in der Startrunde. Alle diese Schritte, die mich nach Hinten gebracht haben, werden mir auch helfen wieder an die Spitze zu springen. Es hat mich zu einem besseren Fahrer gemacht", ist der Aprilia-Pilot überzeugt.

An der Spitze angekommen ist sein Teamkollege Aleix Espargaro schon längst. Der Katalane liegt auf Rang Zwei in der Weltmeisterschaft und hat bereits fünf Podestplätze, darunter auch Aprilias ersten MotoGP-Sieg in Argentinien, eingefahren. Sich bei ihm etwas abzuschauen, lehnt Vinales aber ab und bleibt trotzdem optimistisch: "Er fährt auf völlig andere Art und Weise. Er ist in der Lage das gesamte Potential der Aprilia auszunutzen. Ich will meinen Fahrstil aber nicht groß ändern. Sobald ich eins mit dem Bike bin und alles optimiert habe, hoffe ich auch dort zu sein. Ich glaube mit Aprilia können wir großartiges leisten."