Der Große Preis von Valencia, das letzte Rennen der MotoGP-Saison 2021, stand völlig im Zeichen des Abschieds von MotoGP-Legende Valentino Rossi. Nach 26 Jahren und neun WM-Titeln beendete der 42-Jährige am Sonntag seine Karriere als Motorradrennfahrer. Doch nicht nur Rossi, auch Landsmann Danilo Petrucci verlässt die MotoGP. Der 31-Jährige wechselt nach 10 Jahren in der Weltmeisterschaft in die Rallye Dakar.

Erst Moto3, dann Moto2 - so sieht die Karriereleiter eines MotoGP-Piloten heutzutage normalerweise aus. Die diesjährigen MotoGP-Rookies Jorge Martin und Enea Bastianini gingen diesen Weg, auch vier der fünf MotoGP-Debütanten des kommenden Jahres (Remy Gardner, Raul Fernandez, Marco Bezzecchi und Fabio Di Giannantonio). Fahrer wie Luca Marini oder Darryn Binder ließen die Moto3 beziehungsweise Moto2 aus. Bei Petrucci sah der Weg in die MotoGP aber völlig anders aus: Der Mann aus Terni kämpfte sich über die Superstock-WM in die Königsklasse. Auch deshalb sagt er: "Vielleicht bin ich der letzte normale Mensch, der es geschafft hat (in die MotoGP), ohne ein Phänomen zu sein."

Petrucci: War "nur" ein guter Fahrer

Der 31-Jährige Italiener galt nie als Ausnahmetalent, war kein Marc Marquez oder Fabio Quartararo. Petrucci musste sich seinen Erfolg hart erarbeiten: "Als ich jung war, war ich 'nur' ein guter Fahrer", berichtet er. "Aber ich habe nie aufgehört, daran zu glauben." 2012 gelingt Petrucci im Alter von 21 Jahren mit Ioda-Racing schließlich doch noch der Sprung in die MotoGP.

"Ich kam von der Superstock, niemand kannte mich. Ich wusste nichts über die MotoGP oder Grand-Prix-Reifen", blickt er zurück. "Am Anfang hat mir niemand vertraut, aber ich habe nie aufgegeben." Zehn Jahre und 167 Rennstarts später darf sich Petrucci zweimaliger Grand-Prix-Sieger nennen, 2019 in Mugello und 2020 in Le Mans überquerte er die Ziellinie als Erster. "Zweimal habe ich den Leuten gezeigt, dass ich an diesem Tag der Beste auf der Strecke war", sagt der Tech3-Pilot stolz.

Petrucci bejubelt seinen Mugello-Sieg im Jahr 2019, Foto: LAT Images
Petrucci bejubelt seinen Mugello-Sieg im Jahr 2019, Foto: LAT Images

2022 Neustart in der Rallye Dakar

Das Jahr 2021 verlief allerdings enttäuschend für Petrucci, ein fünfter Platz im verregneten Le Mans blieb sein bestes Resultat. Von allen Stammfahrern sammelten nur Lorenzo Savadori und Andrea Dovizioso weniger Punkte als der Italiener. "Dieses Jahr war sehr hart", blickt er zurück. "Deshalb habe ich gesagt: 'Vielleicht ist das der richtige Moment, um einen neuen Weg zu gehen'."

Zur kommenden Saison verlässt Petrucci die MotoGP und nimmt gemeinsam mit KTM an der Rallye Dakar in Saudi-Arabien teil. Schon seit einiger Zeit war also klar, der Rennsonntag in Valencia würde für den Italiener ein Tag des Abschieds werden.

Petrucci: Wollte nicht weinen, konnte es aber nicht verhindern

"Es war ein sehr emotionaler Tag für mich", gesteht Petrucci nach Rennende. Schon vor dem Start konnte er seine Emotionen nicht mehr kontrollieren, war mehrmals mit Tränen in den Augen im TV zu sehen. "Es war sehr schön, all die Leute hier zu sehen. All die Freunde, die ich hier habe", erzählt er. "Ich habe zu mir gesagt: 'Bitte, weine nicht', aber als ich in den Grid kam und all die Leute zu mir gekommen sind, um 'Hallo' zu sagen, konnte ich es nicht mehr zurückhalten."

Nach nur einem Jahr verlässt Petrucci das Tech3-Team wieder, Foto: LAT Images
Nach nur einem Jahr verlässt Petrucci das Tech3-Team wieder, Foto: LAT Images

"Zu sehen, dass all die Menschen, die MotoGP schauen, emotional für mich werden - das ist das beste Gefühl in der Welt. Ich bin sehr glücklich, all diese Emotionen mit so vielen Menschen geteilt zu haben", so Petrucci weiter. Auch wenn es im letzten MotoGP-Rennen für den Tech3-Piloten nicht zu einem Platz in den Punkterängen reichte, verlässt er die Königsklasse ohne Wehmut: "Heute habe ich versucht, die letzten Kilometer auf diesem sagenhaften Bike einfach zu genießen. Mir wurde viel Liebe entgegengebracht, ich bin wahnsinnig glücklich."

Nun beginnt für Petrucci also ein neuer Lebensabschnitt, bereits am 2. Januar 2022 startet die Rallye Dakar im saudi-arabischen Ha'il. "Ich kann es nicht erwarten, endlich auf dem Bike zu sitzen und in die Wüste zu gehen", erzählt der Italiener und blickt freudig voraus: "KTM hat mir dieses Geschenk gemacht. Es wird ein unglaubliches Abenteuer werden, wie eine Pilgerreise."