Der deutsche Motorradrennsport steckt in einer Krise. 2021 gibt es mit Moto2-Pilot Marcel Schrötter wie schon im Vorjahr über alle drei WM-Klassen hinweg nur einen einzigen Stammfahrer aus der Bundesrepublik. Eine beschämende Bilanz für eine Nation, welche bereits neun Weltmeister hervorgebracht hat, die insgesamt 18 WM-Titel einfahren konnten.

Einer von ihnen, Stefan Bradl, will nun nicht länger tatenlos zusehen. "Es fehlt in Deutschland völlig an einer Lobby für unseren Sport. ADAC und DMSB sind Schlaftabletten sondergleichen, speziell was den Zweiradbereich betrifft", schimpft der Moto2-Champion von 2011 bei 'ran racing - der Motorsport-Podcast' mit Edgar Mielke und Matthias Killing."

"Wir können von Glück reden, dass wir 2011 und 2012 zwei deutsche Weltmeister mit mir und Sandro Cortese hatten. Das ist aber rein durch unsere Eigeninitiative passiert. Es fehlt eine Plattform und eine Ausbildung vom untersten Level an. Die Jungs müssen herangeführt und dann ständig begleitet werden. Sie brauchen Möglichkeiten, um sich zu entwickeln. Man darf nicht nach einem halben Jahr schon sagen: 'Der hat's nicht drauf, jetzt wir probieren wir den nächsten. Oder wir lassen es gleich komplett bleiben.'", führt Bradl weiter aus.

Mit der Erfahrung von fast 200 Grand-Prix-Starts will er es nun selbst besser machen: "Ich beschäftige mich gefühlt schon mein ganzes Leben lang mit dieser Thematik und habe mir jetzt in der Corona-Zeit angesehen, was man dagegen tun kann. Über die Verbände kannst du ein Ei drüber schlagen. Das hat keinen Sinn. Das bringt nix, auch wenn aus dem Northern Talent Cup jetzt vielleicht ein Fahrer herauskommen könnte."

Der Northern Talent Cup soll Nachwuchspiloten den Weg in die WM ebnen, Foto: Northern Talent Cup
Der Northern Talent Cup soll Nachwuchspiloten den Weg in die WM ebnen, Foto: Northern Talent Cup

Stefan Bradl setzt auf Know-How von Adi Stadler

Bradls Konzept: Er will zusammen mit Adi Stadler, von 1985 bis 1995 selbst in der Motorrad-Weltmeisterschaft aktiv und nun im Nachwuchsbereich engagiert, junge Fahrer vom Minibike-Bereich an unterstützen und dann in Richtung Red Bull Rookies Cup führen. "Mit dieser Idee werden wir hoffentlich in den nächsten zwei bis drei Monaten durchstarten können. Aktuell fehlt mir ein bisschen die Zeit dafür, weil ich ja Rennen fahre", schmunzelt Bradl im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com.

Vor allem den Übergang in den Red Bull Rookies Cup sieht Bradl als Knackpunkt in der deutschen Nachwuchsarbeit: "Wir wollen die Kids auf ein Level bringen, mit dem sie im Rookies Cup sofort abliefern können, denn die deutschen Fahrer haben dort in den letzten Jahren keine besonders tollen Leistungen gezeigt."

Vorerst will Bradl zwei bis drei Fahrer unter seine Fittiche nehmen. Honda Deutschland ist bereits mit an Bord und stellt Moto3-Production-Bikes zur Verfügung, Red Bull könnte ebenfalls Teil des Projekts werden. "Von den Leuten, mit denen ich bislang gesprochen habe, gab es durchwegs positive Signale", so Bradl. Und mit Adi Stadler sieht er ohnehin bereits einen starken Partner an seiner Seite: "Adi hat ein gutes Gespür für Talente. Er hat in der WM schon sehr viel gesehen und unter anderem mit Dani Pedrosa zusammengearbeitet. Außerdem hat er gute Verbindungen zu Alberto Puig. Adi ist generell sehr gut vernetzt und kennt sich im Nachwuchsbereich beziehungsweise der Minibike-Szene super aus. Wir haben auch bereits mit Honda Deutschland eine Zusammenarbeit angestoßen. Auf dem Papier sieht alles gut aus und wir würden gerne in diesem Jahr durchstarten."