KTM geht zum ersten Mal seit dem MotoGP-Einstieg vor vier Jahren nicht als krasser Außenseiter in eine Saison. Der österreichische Hersteller gewann im Vorjahr drei Rennen, lag in der Konstrukteurs-WM nur 21 Punkte hinter Titelträger Ducati, schloss die Team-Wertung auf dem 3. Rang ab und brachte in der Fahrer-Weltmeisterschaft zwei Piloten in die Top-10.

Entsprechend groß sind die Erwartungen, mit denen KTM in die neue Saison startet, wie Motorsportchef Pit Beirer im Video-Interview mit Motorsport-Magazin.com verrät: "Ich will nicht sagen: Wir haben das letzte Rennen gewonnen, also gewinnen wir gleich auch wieder das erste. Aber ich denke schon, dass wir konkurrenzfähiger denn je sind. Wir wollen anknüpfen, aufbauen und beständig vorne sein."

"Wir hatten brutale Höhen, aber auch brutale Tiefen. Jetzt gilt es, das Ganze konstant hinzukriegen", so Beirer. Denn auch wenn in der Hälfte der Rennen des vergangenen Jahres zumindest eine KTM auf dem Podium stand, so gab es mehrere schmerzhafte Niederlagen: In Barcelona oder dem ersten Aragon-Rennen kam kein einziges Motorrad der Österreicher in die Top-10, in drei weiteren Rennen verpasste man mit allen Maschinen die Top-5.

Mischt KTM 2021 die MotoGP auf? Pit Beirer im Talk (34:58 Min.)

Binder & Oliveira: Das KTM Dream-Team?

Zudem verlor man im Winter Pol Espargaro an Honda, der in den vergangenen vier Jahren die Speerspitze des Projekts darstellte. Der Katalane zeichnete nicht nur für fünf der acht Podestplätze aus dem Vorjahr verantwortlich, sondern war als WM-Fünfter zum vierten Mal in Folge bestplatzierter KTM-Fahrer in der Weltmeisterschaft.

Durch Espargaros Abgang entsteht eine Lücke, die Brad Binder und Miguel Oliveira füllen sollen. Beide konnten im Vorjahr ihr erstes Rennen gewinnen und stellten bereits in den kleinen Klassen unter Beweis, dass sie um Titel kämpfen können und als Teamkollegen gut funktionieren. Diese Fahrer-Entscheidung, die aufgrund des MotoGP-Lockdowns im Vorjahr bereits vor dem ersten Saisonrennen getroffen werden musste, wurde seinerzeit aus einer Not heraus geboren.

"Pol hat damals gesagt, dass ihm die Zeit davonläuft und er jetzt ein Siegermotorad braucht. Jorge Martin (stand damals bei KTM Ajo in der Moto2 unter Vertrag) hat er gleich mitgerissen, weshalb wir uns zu einem kompletten Generationenwechsel entschieden haben - ein Jahr früher als ursprünglich geplant", so Beirer im Interview. "Damals war das eine sehr mutige Entscheidung. Rückblickend sind nun beide GP-Sieger und darauf lässt sich aufbauen."

Petrucci als Trumpfkarte

An Erfahrung mangelt es der jungen Garde von KTM aber noch: Binder bestritt im Vorjahr seine erste MotoGP-Saison, Oliveira hat nur ein Jahr mehr auf dem Konto. Bei Tech3 hat man mit Iker Lecuona zudem den jüngsten Fahrer des kompletten Starterfeldes unter Vertrag, der bislang erst zwölf MotoGP-Rennen bestreiten konnte. Um nicht alles auf die Jugendkarte setzen müssen, verpflichtete man deshalb Danilo Petrucci für das Tech3-Team, der seine neun Jahre MotoGP-Erfahrung in das Projekt einbringt.

"Seine Verpflichtung war eine bewusste Entscheidung, weil wir mit Iker, Brad und Miguel schon drei unerfahrene Burschen unter Vertrag hatten. Zu dem Zeitpunkt war uns ganz wohl damit, enen etwas älteren Fahrer mit mehr Erfahrung zu bekommen, der vielleicht auch eine gewisse Stabilität in unser Team mitbringen kann", so Beirer, der hinzufügt: "Damit haben wir nun drei aktuelle GP-Sieger aus der letzten Saison unter Vertrag."

Denn Petrucci holte im Vorjahr in Le Mans seinen zweiten MotoGP-Sieg und hat bei Ducati mehrfach bewiesen, dass vor allem bei widrigen Wetterbedingungen immer mit ihm zu rechnen ist. Aufgrund seiner schwierigen sportlichen Vergangenheit in den diversen Superstock-Meisterschaften und bei CRT-Teams der MotoGP, gilt er zudem als umgänglich und frei von Starallüren.

KTM: An der Spitze etablieren

"Ob jetzt die jungen Wilden das Kommando übernehmen oder vielleicht Danilo mit seiner Erfahrung, das ist für uns gar nicht wichtig", gesteht Beirer. "Wir glauben, das ist eine gute Mischung: Während die jungen Wilden nur am Gas hängen, können die älteren Fahrer oft auch präzisere Aussagen machen, wo und wie das Bike verbessert werden muss."

Denn das steht bei KTM letztlich auch 2021 im Vordergrund. Auf den Grundstein, der 2020 gelegt werden konnte, soll aufgebaut werden, um die österreichische Marke fix an der Spitze der MotoGP verankern zu können: "Ich möchte daran erinnern, dass wir schon noch ein sehr junges Mitglied der MotoGP-Familie sind und wir noch darum kämpfen, regelmäßig dort oben mitzuschwimmen."

Beim MotoGP-Testauftakt ab 5. März können sich die Fans ein erstes Bild davon machen, ob auch 2021 mit Erfolgen von KTM zu rechnen ist. Motorsport-Magazin.com wird euch im Live-Ticker vom Renngeschehen in Katar auf dem Laufenden halten. Das komplette rund 30-minütige Interview mit Pit Beirer könnt ihr bei uns im Videoplayer abrufen oder euch auf unserem Youtube-Kanal "Motorsport-Magazin.com Motorrad" ansehen.