Wir schreiben das Jahr 2012. Valentino Rossi bestreitet seine zweite MotoGP-Saison für Ducati und steckt in der tiefsten Krise seiner Karriere. Die angepeilte italienische Traumehe wird bald zu Ende gehen, das ist zu diesem Zeitpunkt der gesamte Zweiradszene klar. Die Möglichkeit, den populärsten Motorradfahrer unserer Zeit zu verpflichten, ist für alle im Sport involvierten Hersteller reizvoll.

So auch für Suzuki, wo man sich zwar 2011 aus der MotoGP zurückgezogen hat, für 2014 aber ein Comeback plant. Was noch fehlt, sind schlagkräftige Piloten, wie etwa Valentino Rossi. In dessen Management ist zu dieser Zeit Davide Brivio tätig, der zuvor zusammen mit 'Il Dottore' bei Yamaha als Team-Manager die Königsklasse dominierte. Und eines Tages erreicht ihn eine ungewöhnliche Anfrage.

"Ich habe damals für Valentino gearbeitet. Er hatte Yamaha verlassen und ich habe mich um seine persönlichen Angelegenheiten gekümmert, Verträge beispielsweise. Sahara (Suzukis MotoGP-Projektleiter Shinichi Sahara, Anm.) hat mich auf Facebook angeschrieben", erinnert sich Brivio im Gespräch mit der offiziellen Seite der MotoGP. "Das war wirklich eigenartig, denn ich nutze Facebook eigentlich gar nicht. Ich habe einen Account, aber ich nutze ihn nicht. Bis heute weiß ich nicht, wie das funktioniert."

Einen Blick auf seinen Facebook-Auftritt warf Brivio aber dennoch hin und wieder und fand plötzlich die Nachricht von Sahara: "Ich habe damals meine Nachrichten gecheckt und seinen Namen gesehen. Er wollte wissen, wie Valentinos Zukunftspläne aussehen. Er sagte mir, dass Suzuki 2014 in die MotoGP zurückkehren wolle und fragte mich, ob Valentino Lust hätte, für sie zu fahren. Ich habe dann mit Valentino gesprochen, aber Suzuki hat ihn nicht interessiert. Er wollte zu Yamaha zurück. Das habe ich Sahara mitgeteilt."

Bei Ducati blieb Rossi zwei Jahre lang ohne Sieg, Foto: Milagro
Bei Ducati blieb Rossi zwei Jahre lang ohne Sieg, Foto: Milagro

Rossis Wunsch ging bekannterweise in Erfüllung, der von Suzuki und Shinichi Sahara somit nicht. Doch im Zuge von Rossis Absage bahnte sich eine Zusammenarbeit zwischen Brivio und Suzuki an. "Wir haben dann etwas zu reden begonnen und Sahara hat mich gefragt, ob ich Interesse an einem Job hätte, wenn sie ein Team in Italien aufbauen. Ich habe zugesagt und am 1. April 2013 bei Suzuki begonnen", schmunzelt Brivio. Der Rest ist Geschichte: 2015, ein Jahr später als ursprünglich geplant, steigen die Japaner wieder in die MotoGP ein. Nach nur sechs Saison stand man an der Spitze der Königsklasse. Joan Mir wurde 2020 Weltmeister, hinzu kam der Titel in der Teamwertung.

Für Brivio war es der Schlusspunkt bei Suzuki. Er verließ mit Jahreswechsel das Team in dockte in der Formel 1 beim Alpine-Rennstall - vormals Renault - an.