Das MotoGP-Qualifying in Silverstone endete für Marc Marquez, Valentino Rossi und Jack Miller in der ersten Startreihe. Das Trio sorgte allerdings wenige Minuten vor dem Ende für eine kuriose Szene. Im zweiten Sektor verlangsamten alle drei Piloten in unmittelbarer Nähe zueinander ihr Tempo und warteten auf den jeweils Anderen.

Ein Prozedere, wie man es aus den Qualifyings der Moto3 kennt und das dort oftmals für Grid-Strafen sorgt. Viele Fans fragten sich daher nach dem MotoGP-Qualifying: Droht auch Marquez, Rossi und Miller eine Strafe? Könnte am Ende Fabio Quartararo aus der zweiten Reihe auf Pole Position rutschen? Nein! Denn laut Reglement haben die drei MotoGP-Asse am Samstag nichts falsch gemacht.

Erklärt: Die 112%-Regel

Es ist nicht grundsätzlich verboten, auf den Windschatten anderer Fahrer zu warten und kommt quer über alle Klassen ständig vor. Man darf es dabei allerdings nicht übertreiben. Das Reglement besagt, dass ein Fahrer erst dann einen Verstoß begeht, wenn er in mindestens drei der vier Sektoren einer Rennstrecke eine Sektorzeit fährt, die mehr als 12 Prozent über seiner schnellsten Sektorzeit dieser Session liegt.

Genau das kommt in der Moto3 immer wieder vor, wenn ein ganzes Rudel von Fahrern über fast eine gesamte Runde aufeinander lauert. Rossi, Marquez und Miller hingegen bummelten lediglich in einem Sektor, wie ein Blick auf die Zeiten eindeutig belegt:

Sektoren-Vergleich Marc Marquez

MARQUEZ Sektor 1 Sektor 2 Sektor 3 Sektor 4
6. Runde 24,746 45,210 27,916 30,275
Bestzeit 23,166 38,040 27,040 29,834
Unterschied +6,82% +18,85% +3,24% +1,48%

Sektoren-Vergleich Valentino Rossi

ROSSI Sektor 1 Sektor 2 Sektor 3 Sektor 4
6. Runde 24,488 46,391 27,642 30,341
Bestzeit 23,219 38,120 27,296 29,961
Unterschied +5,46% +21,70% +1,27% +1,27%

Sektoren-Vergleich Jack Miller

MILLER Sektor 1 Sektor 2 Sektor 3 Sektor 4
6. Runde 24,767 45,763 27,604 30,105
Bestzeit 23,265 37,995 27,223 30,105
Unterschied +6,46% +20,44% +1,40% +/-0%

Im ersten, dritten und vierten Sektor hat keiner der drei Piloten in der 6. Runde etwas Verbotenes getan. Zwar überschritt sowohl Marquez, als auch Rossi und Miller das 112%-Limit im zweiten Sektor deutlich. Das alleine ist aber laut dem aktuellen MotoGP-Reglement nicht strafbar.

Erklärt: Unverantwortliches Fahren

Die FIM-Stewards haben durch den Paragrafen 1.21.2 des Sportlichen Reglements die Grundlage jedes unverantwortliche Fahren zu bestrafen - unter anderem fällt auch das Bummeln in mehr als drei Sektoren unter diesen Punkt. Darüber hinaus werden nach diesem Paragrafen aber auch alle anderen unsportlichen Manöver wie Rammstöße oder das Blockieren der Ideallinie in langsamer Fahrt.

Letzteres haben Marquez, Rossi und Miller eigentlich erfüllt, allerdings wurde eine wichtige Passage von Punkt 1.21.2 nicht schlagend. Denn dort heißt es: "Piloten müssen in verantwortungsvoller Manier fahren, die andere Konkurrenten oder Teilnehmer nicht in Gefahr bringt, weder auf der Strecke, noch in der Boxengasse."

Das Bummeln des Trios in Silverstone hat keine anderen Fahrer in Gefahr gebracht, weshalb die Aktion auch unter diesem Aspekt des Reglements nicht strafbar ist. Marquez, Rossi und Miller waren die letzten Piloten auf der Strecke und überquerten Start/Ziel zu ihrer letzten fliegenden Runde lediglich neun Sekunden vor dem Ablauf des Countdowns.

Hinter ihnen kam also kein Fahrer auf einer schnellen Runde nach und gegenseitig blockierten sie sich ebenfalls nicht, da ja alle drei abwarteten und sich belauerten. Somit wird sich an der ersten Startreihe bis zum Rennstart am Sonntag um 14.00 Uhr nichts mehr ändern, da das Verhalten von Marquez, Rossi und Miller nach dem aktuellen Reglement nicht unter Strafe steht.