Es sind immer die gleichen Faktoren, die als entscheidend dafür gelten, ob eine MotoGP-Maschine schnell ist oder nicht: ein starker Motor, ausgeklügelte Aerodynamik, ein guter Rahmen. Ein Bauteil wie der Tank findet vergleichsweise wenig Beachtung, und doch ist es genau dieser, der an den letzten beiden Rennwochenenden aus einem strauchelnden Jorge Lorenzo den schnellsten Fahrer im Feld machte.

Wie ist das möglich? Der Grund liegt im Fahrstil, den die Michelin-Reifen von den MotoGP-Piloten verlangen. In der Bridgestone-Ära konnten sie in Schräglage tief in die Kurve hineinbremsen, der Vorderreifen bot selbst dann noch genug Grip, um nicht zu stürzen. Die Michelin-Pneus weißen eine andere Charakteristik auf, funktionieren dementsprechend unterschiedlich. Sie bieten hervorragenden Grip beim Anbremsen in aufrechter Position, allerdings kaum Grip beim Bremsen in Schräglage. Dadurch müssen die Fahrer praktisch die gesamte Verzögerung vor dem Einlenken der Maschine bewerkstelligen.

Das bedeutet wiederum, dass nur eine begrenzte Zeitspanne zur Verfügung steht, in der gebremst werden kann, ohne unnötige Tausendstel-, Hundertstel- oder gar Zehntelsekunden zu verlieren. Daher greifen die Piloten nun in dieser Phase besonders beherzt zur Bremse, die Carbonanlagen der MotoGP-Maschinen sorgen für unvergleichliche Verzögerung.

Jorge Lorenzo ging die Kraft aus

Die dabei entstehenden Kräfte konnte Lorenzo auf der Ducati zunächst nicht auf Dauer verkraften. Nach einigen Runden ging ihm die Kraft aus, wie er selbst erklärte. Der neue Tank - auch wenn es sich bei einem MotoGP-Bike streng genommen nur um eine Attrappe handelt, während sich der eigentliche Tank größtenteils unter der Sitzbank befindet - wurde seitlich mit zusätzlichen Abdeckungen verbreitert, die es Lorenzo ermöglichen, sich besser gegen die beim Bremsen wirkenden Kräfte zu stemmen.

In Mugello und Barcelona war gegen Lorenzo kein Kraut gewachsen, Foto: Ducati
In Mugello und Barcelona war gegen Lorenzo kein Kraut gewachsen, Foto: Ducati

Seither kann Lorenzo nicht nur wie in der Vergangenheit über eine Runde, sondern über eine gesamte Renndistanz das gute Bremsverhalten der Ducati bei aufgerichtetem Motorrad nutzen. Keiner seiner Desmosedici-Kollegen kann aktuell so hart bremsen wie Lorenzo, erklärt Pramac-Mann Jack Miller: "Jorge lässt den Reifen eigentlich ständig kollabieren, aber er fühlt sich dabei sicher. Der Rest von uns - oder vor allem ich - verformt die Reifen hingegen kaum. Denn ich bin es gewohnt, in die Luft geschleudert zu werden, wenn ich das mache."

Lorenzo selbst bestätigt, wie wichtig der neue Tank für ihn ist: "Wir haben in den letzten Monaten viele Schritte in die richtige Richtung gemacht. Wir haben den Speed gefunden, also ging es nur noch darum, konstant schnell zu sein. Da war der Tank das letzte Teil, das noch gefehlt hat. Jetzt fühle ich mich im gesamten Rennen wohl, vorher musste ich gegen Ende immer abreißen lassen, weil ich zu müde war."