Er ist der Mann der Stunde in der MotoGP: Ducati-Pilot Andrea Dovizioso. Der Italiener setzte sich nach seinem furiosen Sieg in Spielberg auch beim Großbritannien-GP in Silverstone gegen seine WM-Konkurrenten und stellte damit seinen vierten Saisonerfolg sicher. Das enorm angeschwollene Selbstvertrauen und eine unschlagbare Taktik bildeten den Grundstein für Doviziosos erneutem Triumph.

So trickste Dovizioso seine Gegner in Silverstone aus

Dovizioso war bereits in den Trainings stets in der Spitzengruppe vertreten, aber bekannt unauffällig unterwegs. Im Rennen, wenn es zählt, ist der Ducati-Pilot jedoch wieder voll bei der Musik gewesen. Teamkollege Jorge Lorenzo ließ er schon nach wenigen Runden stehen und kämpfte sich danach Schritt für Schritt an Cal Crutchlow, Marc Marquez und Maverick Vinales vorbei. In der Schlussphase überholte Dovizioso auch den Führenden Valentino Rossi und war danach auf dem Weg zum Sieg nicht mehr aufzuhalten. "Ich hatte schon nach dem Warm Up ein gutes Gefühl. Aber dass ich um den Sieg kämpfe, hätte ich nicht gedacht", staunte Dovizioso nach dem Rennen nicht schlecht.

Umstellen musste sich der Ducati-Pilot durch den Verkehr trotzdem. Doch diese Aufgabe meisterte der neue WM-Leader Dovizioso mit Bravour und einer Menge taktischem Geschick: "Ich musste komplett anders fahren als noch in den Freien Trainings. Ich fühlte mich sehr wohl und konnte Reifen sparen. Das hat mir die Möglichkeit gegeben, am Ende mehr Grip zu haben. Ich sah, wie Maverick und Marc die Kurven gefahren sind und konnte sie so mit mehr Grip ziemlich einfach überholen. Ich war nicht schneller, aber zur richtigen Zeit am richtigen Ort."

Die Yamaha-Piloten Rossi und Vinales hatten so am Schluss kaum noch eine Chance gegen Dovizioso. Ob Marquez Dovizioso hätte bezwingen können, lässt sich durch dessen Motorschaden nur vermuten. Der Ausfall des Weltmeisters stiftete bei Dovizioso etwas Verwirrung: "Ich habe gesehen, dass er ausgefallen ist. Aber in den letzten fünf Runden wusste ich nicht, dass wir noch vier Fahrer waren. Ich dachte, ich kämpfe alleine gegen Vale." Dovizioso zog trotzdem gnadenlos durch: "Als ich auf dem Pitboard gesehen habe, dass die Gruppe noch aus vier Fahrern besteht, habe ich dennoch meine Strategie nicht geändert, denn ich war zuversichtlich." Belohnt wurde Dovizioso dafür mit seinem vierten Saisonsieg und der WM-Führung.

Kombination Ducati-Dovizioso wird immer besser

Andrea Dovizioso und seine Crew haben die Ducati perfekt auf die Bedürfnisse des Italieners eingestellt, Foto: Ducati
Andrea Dovizioso und seine Crew haben die Ducati perfekt auf die Bedürfnisse des Italieners eingestellt, Foto: Ducati

Die Kombination Dovizioso-Ducati entwickelt sich also immer mehr zu einem schlagkräftigen Duo, mit dem die Konkurrenz sehr viel Mühe hat. Den Roten ist über den Winter noch einmal ein Schritt nach vorne gelungen, ebenso Dovizioso. Der Durchbruch sei in Mugello gelungen, glaubt man Dovizioso. Zur Erinnerung: In Italien holte er trotz Krankheit seinen ersten Saisonsieg. Sieben Tage später brauste er auch in Barcelona zum Sieg.

"Seit Italien ist unsere Balance sehr gut. Und auch, wenn ich es in Assen nicht auf das Podium geschafft habe - in den letzten Rennen bevor der Regen einsetzte waren wir auch dort die Schnellsten. Es sieht so aus, als hätten wir mit diesen Reifen und diesen Regeln die beste Balance", spekuliert Dovizioso. Er selbst trägt aber ebenso zum Aufschwung bei: "Ich würde sagen, zu 60 Prozent liegt das an mir und zu 40 Prozent an der Ducati."

Dovizioso voll im Kampf um die MotoGP-WM

Andrea Dovizioso ist voll im WM-Kampf dabei, Foto: Repsol
Andrea Dovizioso ist voll im WM-Kampf dabei, Foto: Repsol

Dovizioso schwingt sich immer mehr zu einem ernsthaften Anwärter auf den WM-Titel auf. Zuletzt kämpfte der Ducati-Pilot in der 250ccm-Saison 2007 um die Weltmeisterschaft - damals gegen seinen heutigen Teamkollegen Jorge Lorenzo. Zehn Jahre ist das jetzt her. Dass es jetzt wieder soweit ist, hätte Dovizioso vor dieser Saison nicht erwartet: "Ich habe nicht damit gerechnet, jetzt in dieser Situation zu sein und vier Rennen gewonnen zu haben." Vier oder mehr Saisonsiege hat Dovizioso bisher nur einmal in seiner WM-Karriere geholt - als er 2004 zum 125er-Titel fuhr. Womöglich ein gutes Omen für Dovizioso.

Doch noch ist gar nichts entschieden. Für ihn ist auch sein Ex-Teamkollege Dani Pedrosa noch voll im WM-Rennen, trotz Platz acht heute: "Ich bin davon überzeugt, dass bis hinunter zu Dani alles völlig offen ist. Jedes Rennen kann wieder alles verändern. Alle müssen zu 100 Prozent pushen, denn in sechs Rennen kann man noch viele Punkte holen." Gelingen Dovizioso allerdings weitere Husarenritte wie in Silverstone, sieht es für den Ducati-Pilot zumindest sehr gut aus im WM-Rennen.