Über ein Jahr musste sich Valentino Rossi gedulden, nun konnte er wieder einen Siegerpokal in die Höhe stemmen. Am Sonntag holte der Doktor seinen 115. Sieg in der Motorrad-WM - zum zehnten Mal triumphierte er dabei in Assen. Denkbar knapp fuhr er diesen Triumph ein: Nur 63 Tausendstelsekunden Vorsprung auf Danilo Petrucci brachte er ins Ziel.

"Es war ein großartiger Kampf mit Danilo, aber auch mit Marc und Johann", gestand der glückliche Rossi nach dem Rennen. "Ich bin auch unter technischem Aspekt zufrieden, denn mit dem neuen Chassis konnte ich endlich wieder wie gewohnt fahren." Nach dem Debakel von Barcelona hatte Yamaha die neue Variante getestet und nach Assen gebracht: ein Baustein von Rossis Comeback auf dem Podest nach vier Rennen Wartezeit.

Rossi liest das Rennen goldrichtig

Es war aber auch Rossis Instinkt, ein Rennen richtig zu lesen, der ihm in Assen den Erfolg sicherte. Denn die Bedingungen waren alles andere als einfach. Mitten im Rennen begann leichter Regen einzusetzen, der einige Fahrer sogar zu einem Motorrad-Wechsel verleitete. Rossi war zu diesem Zeitpunkt bereits in Führung und fuhr als Testkaninchen über die Strecke.

"Es waren ja nur noch sieben oder acht Runden zu fahren, daher war mir klar: schlag dir den Bike-Wechsel aus dem Kopf, denn dann verlierst du zu viel Zeit. Ein bisschen Glück war aber vielleicht schon auch dabei", sagte Rossi. Beim Sieg bringenden Überholmanöver ließ Rossi alten Killerinstinkt aufblitzen. Früh hatte er sich in der vierköpfigen Spitzengruppe festgebissen, in der elften Runde zog er in der ersten Kurve an Marc Marquez vorbei, einen Umlauf später schnappte er sich an der gleichen Stelle die Führung von Johann Zarco.

Ärger über Manöver von Zarco

Dessen Konter war die einzige kritische Situation, in die Rossi im gesamten Rennen involviert war. Denn am Ausgang der Kurvenkombination zog der Franzose seine Linie durch, die sich mit der des von außen kommenden Rossi kreuzte. Es kam zum Kontakt, bei dem aber beide Fahrer sitzen blieben. Rossi kritisierte Zarco danach für diese Aktion.

"Er ist kein schlechter Mensch, aber er kann den Abstand zwischen zwei Motorrädern noch nicht so richtig abschätzen. Und dann versucht er heute - wie schon in Austin - etwas Unmögliches. Wenn man jemanden überholen möchte, dann muss man immer auch einkalkulieren, dass sich derjenige nicht in Luft auflösen kann. Er war viel zu spät dran und hat mich dann sogar an meiner Lederkombi mit dem Motorrad berührt. Das ist sehr aggressiv", ärgerte sich Rossi.

Zarco verteidigte sich: "Ich war in der Kurve schneller als er und habe versucht, meine Kurvengeschwindigkeit innen hoch zu halten, aber seine Kurvengeschwindigkeit war ziemlich gut. Also waren wir beide auf der rechten Seite. Ich war rechts von ihm, mit meinem Kopf ganz rechts. Ich konnte ihn nicht sehen und traf einfach eine Entscheidung und wartete, ob wir uns touchieren oder nicht."

Finaler Kampf gegen Petrucci

Für Zarco ging es von diesem Moment an aber nur noch nach hinten. Er wechselte sein Motorrad, entschied sich nach sechs Runden doch wieder anders und holte am Ende nur mickrige zwei Zähler, obwohl er das Rennen in der Anfangsphase angeführt hatte. Für Rossi hingegen ging es nach besagtem Manöver nur noch gegen Petrucci um den Sieg.

Das Duell lief auf die letzte Runde hinaus, in der sich plötzlich Überrundete unfreiwillig in den Kampf einmischten: Alex Rins und Hector Barbera sowie kurz vor dem Zielstrich auch Jorge Lorenzo mussten überholt werden. "Es gab keine Blauen Flaggen für Rins und Barbera. Wenn das nicht gewesen wäre, hätte ich gewinnen können", ärgerte sich Petrucci nach dem Rennen.

Rossi sah die Sache locker: "Ich musste ordentlich Gas geben und hart in die letzte Schikane bremsen. Dort wusste ich schon, dass es eigentlich unmöglich ist, in der Beschleunigung bis zum Zielstrich meine Position noch zu verlieren."

In der WM-Wertung ist Rossi jetzt wieder voll mit dabei: Nur sieben Punkte fehlen auf den neuen Spitzenreiter Andrea Dovizioso, Teamkollege Maverick Vinales ist nur noch drei Punkte entfernt. Dessen Ausfall wollte Rossi nach dem Rennen nicht wirklich kommentieren: "Mit wurde angezeigt, dass er draußen ist und das war eine wichtige Nachricht für mein Rennen. Mehr aber auch nicht."