Das MotoGP-Festival in Mugello ist zu Ende und brachte mit Andrea Dovizioso den vierten verschiedenen Sieger im sechsten Saisonrennen hervor. Für Ducati war es der erste Heimsieg seit 2009 und für die italienischen Fans der erste Sieg eines ihrer Landsleute seit Rossis letzten Triumph 2008.

Bis zur Zielflagge machte eine Spitzengruppe rund um Sieger Dovi, WM-Leader Maverick Vinales sowie Danilo Petrucci und Valentino Rossi die vorderen Positionen unter sich aus. Marc Marquez und Jorge Lorenzo waren ebenso chancenlos wie Dani Pedrosa, der nach einem Sturz eine Null anschreiben musste.

Was machte Dovizioso an diesem Sonntag besser? Wieso waren Marquez und Lorenzo so chancenlos? Die Sucha nach Antworten in der GP-Analyse:

Der Start: Marquez und Lorenzo voll dabei

Viele Positionswechsel prägten die ersten Runden in Mugello. Trotz ihrer mäßigen Startplätze konnten Marquez und Lorenzo zu Beginn mitmischen, befanden sich nach Runde 2 auf den beiden Podestplätzen hinter dem führenden Rossi. Doch auch Danilo Petrucci legte mit einem Blitzstart den Grundstein zu seinem späteren Top-Ergebnis.

Gewinner & Verlierer der 1. Runde:

PlätzeFahrerPlätzeFahrer
+8Iannone-7Pirro
+4Lorenzo & Miller-4Rabat
+3Petrucci-3Barbera & Baz

Petrucci verbesserte sich in der Startrunde um drei Plätze, Lorenzo konnte sogar vier Positionen gewinnen. Ebenfalls stark starteten Jack Miller (+4) und Andrea Iannone (+8), die allerdings nur von den Plätzen 16 (Iannone) und 19 (Miller) ins Rennen gegangen waren. Die beiden größten Überraschungen aus dem Qualifying hatten sich hingegen schon nach der ersten Runde relativiert: Michele Pirro fiel von P4 sieben Plätze zurück, Tito Rabat verschlechterte sich vom 10. auf den 14. Platz - die beiden größten Verluste von Positionen auf der Startrunde im gesamten Feld.

Erste Rennhälfte: Ein Quartett setzt sich ab

Lange konnten Marquez und Lorenzo das Tempo der schnellsten Fahrer an diesem Tag aber nicht halten. Ein Blick auf die Rundenzeiten (siehe Diagramm) zeigt, dass ab Lap 5 das Top-Quartett in jeder Runde schneller war.

Die beiden Weltmeister wurden in Folge dessen nach hinten durchgereicht. In der zehnten Runde war Lorenzo nur noch Achter, Marquez nach elf Umläufen nur noch Sechster. Das entsprach auch ihren Positionen im Ziel. Während der Rückfall bei Lorenzo schleichend verlief, warf Marquez ein Fehler beim Anbremsen von Kurve eins in der dritten Runde zurück. Drei Plätze kostete dieser den Champion - seine 1:48,961 von Lap 3 sollte die schwächste Einzelzeit des gesamten Rennens werden (Startrunde ausgenommen).

Wechsel in der Top-Gruppe

Ab der sechsten Runde hatte sich das Vorderfeld formiert: Dovizioso führte vor Vinales, Rossi und Petrucci. Daran sollte sich acht Runden nichts ändern. Erst bei der Überfahrt von der 13. auf die 14. Runde kam es zum Führungswechsel, als Dovizioso mit mehr als zehn km/h Geschwindigkeitsüberschuss in der Anfahrt der ersten Kurve überholen konnte: Beim entsprechenden Messpunkt hatte die Dovis Ducati 349,4 km/h drauf, die Yamaha von Vinales nur 339,1. Wie machtlos Yamaha auf der Geraden gegen Ducati war, zeigt das folgende Diagramm:

Denn auch Rossi wurde - wie Vinales - in Lap 14 von einer Ducati vernascht: von jener des Danilo Petrucci. Der war zu diesem Zeitpunkt der deutlich schnellste auf der Geraden und im Windschatten von Rossi permanent über der 350 km/h-Marke unterwegs. Ohne den aerodynamischen Vorteil eines Vordermannes verlor Dovizioso eklatant an Geschwindgkeit: Auf seinen ersten drei Führungsrunden kam er nur mehr auf Werte zwischen 345 und 346 km/h.

Im Gegenzug gewann Vinales im Windschatten deutlich dazu. In Runde 15 lag er zwar nur mehr auf Rang drei, doch der pfeilschnelle Petrucci zog ihn in dieser Runde wieder auf über 340 km/h. Rossis und Petruccis Topspeed-Werte schwankten am geringsten - die beiden hatten aber stets Vorderleute, von deren Windschatten sie profitieren konnten.

Die Entscheidung um den Sieg

Den Grundstein zu seinem Sieg legte Dovizioso unmittelbar nach seiner Übernahme der Führung. Mit 1:47,782 brannte er seine bis dahin drittschnellste Runde des gesamten Rennens und seine schnellste der zweiten Rennhälfte in den Asphalt. Vinales hingegen fuhr in dieser Runde mit 1:48,499 seine schwächste Zeit seit der zweiten Runde und sollte danach nur noch einmal langsamer sein (1:48,568 in Runde 18).

Dovizioso holte alleine in den Runden 14 und 19 zusammengenommen 0,998 Sekunden auf Vinales heraus. Letztlich die entscheidende Zeit, denn auf die letzte Runde gingen die beiden Führenden nur durch 0,815 Sekunden getrennt. "Als ich wenige Runden vor Schluss gesehen habe, dass Maverick nur 1,2 Sekunden hinter mir liegt, dachte ich: Fuck!", gestand Dovizioso nach dem Rennen.

Doch es sollte reichen. Vinales kam zwar in den Umläufen 21 und 22 noch einmal unter 1:48, doch Dovizioso konterte und fuhr 1:47,9 und 1:47,8 in den letzten beiden Runden. Das reichte zum Sieg. Vinales musste sich die Überlegenheit Doviziosos und seiner Ducati an diesem Tag eingestehen: "Ich bin bis ans absolute Maximum gegangen, aber Dovi war heute einfach zu stark."

Der Kampf des Valentino Rossi

Hinter dem Spitzen-Duo ging es in den letzten Runden zwischen Danilo Petrucci und Valentino Rossi um den letzten Podestplatz. Es war allerdings ein Kampf mit stumpfen Waffen auf beiden Seiten. Petrucci hatte zu lange versucht, Dovizioso zu folgen und musste seiner Taktik im letzten Renndrittel.

In der 15. Runde war Petrucci noch der schnellste Mann im Feld, doch ab Lap 18 ging es bergab. In Runde 20 musste er Platz zwei zugunsten von Vinales räumen, weshalb er in der Folgerunde aufgrund des Windschattens noch ein letztes Mal unter 1:48,2 fuhr. "Weil ich an Dovi dranbleiben wollte, habe ich mir leider den Hinterreifen und die Bremsen ruiniert", musste sich Petrucci nach dem Rennen eingestehen.

Sein Glück: Rivale Rossi konnte keine Attacke mehr reiten. Im 18. Umlauf war der Doktor zum letzten Mal der schnellste Mann im gesamten Feld. Eine letzte Attacke, dann gingen die Rundenzeiten massiv nach oben. In den letzten drei Runden büßte er auf die schnellsten Fahrer im Feld sieben Zehntel bis eine Sekunde ein und konnte nicht einmal mehr die Zeiten von Petrucci halten.

"Etwa acht Runden vor Schluss war ich schon vollkommen am Ende. Ich habe dennoch versucht, nicht aufzugeben und an Petrux dranzubleiben. Dann musste ich aber einsehen, dass ich einfach nicht stark genug für eine Attacke war", gab der völlig entkräftete Rossi nach dem Rennen zu. Für die deutlich fitteren Erzrivalen Marquez und Lorenzo hatte es allemal gereicht.