Da staunte die Fachwelt nicht schlecht: Valentino Rossi kam nach der Outlap an die Box und ließ erst einmal Reifen wechseln, während die Gegner auf Zeitenjagd gingen. Rossi nutzte schließlich die besten Streckenbedingungen ganz am Ende aus und fuhr sich noch auf den dritten Startplatz. Damit steht er erst zum zweiten Mal in dieser Saison nach seiner Pole in Assen in der ersten Startreihe. "Die erste Reihe so wichtig, denn Jorge und Marc sind nach der Sommerpause noch besser geworden", sagte der Doktor erleichtert. "Sie sind in perfekter Form und bilden eine Einheit mit ihren Bikes, machen nie Fehler im Quali und stehen immer der ersten Reihe. Es war so wichtig, das ebenfalls zu schaffen, wenn ich mit ihnen im Rennen kämpfen will."

Einen entscheidenden Anteil an seiner Vorstellung hatten die Bedingungen: "Die Strecke war heute viel besser [als am Hitze-Freitag]. Sie hatte fünf Grad weniger, das ist eine große Differenz im Griplevel." Auch Setup habe das Team verbessert. "Aber ich weiß nicht, ob das genug ist, denn Jorge ist hier der Mann, den es zu schlagen gilt", streute er seinem Teamrivalen Rosen. "Er ist so stark, und hat einen unglaublichen Rhythmus." Auch Marquez schätzte er stark ein, wobei er wegen des Materials seine echte Stärke nicht einschätzen könne. "Aber ich bin ebenfalls in guter Verfassung, habe ein gutes Paket und sollte von Anfang bis Ende gut mithalten können. Es wird mit Sicherheit ein sehr gutes und spannendes Rennen."

Rossi und Marquez greifen in ihre Trickkisten

Aber was hatte es nun mit seiner speziellen mit dem frühen Boxenstopp auf sich? "Ich wollte nicht im Verkehr sein", antwortete der 36-Jährige lakonisch. "Ich wusste, dass ich mit dem zweiten Reifen dann von der Zeit her nur eine Chance haben würde. Dadurch stand ich unter Druck und musste mich konzentrieren, dieses Mal hat‘s geklappt."

Ausgangsposition stimmt: Neben dem Rennspeed hat Rossi diesmal auch die nötige Startposition, Foto: Yamaha
Ausgangsposition stimmt: Neben dem Rennspeed hat Rossi diesmal auch die nötige Startposition, Foto: Yamaha

Doch nicht nur Rossi fuhr Strategie-Geschütze auf, auch Marc Marquez arbeitete mit allen Tricks: Als Rossi auf seiner abschließenden schnellen Runde war, folgte ihm der amtierende Weltmeister wie ein Schatten. "Er ist sehr clever", grinste Rossi. "Ich konnte nicht stoppen, weil ich auf der schnellen Runde war und noch keine Zeit [mit dem zweiten Reifen] hatte." So konnte der Repsol-Honda-Pilot schön die Linie des Italieners studieren. "Ich habe ihn die ganze Zeit gehört und das hat etwas Konzentration gekostet", musste Rossi anerkennend zugeben. "Es ist wichtig, zu wissen, was andere können, deshalb war das sehr clever. Er hatte eine gute Chance und hat sie genutzt."

Der Wissens-Vorsprung von Marquez stellt natürlich einen verschmerzbaren Nachteil dar. Rossi konzentriert sich ohnehin mehr auf seinen ärgsten WM-Verfolger: "Ich denke, es kommt auf die ersten Runden an: Wenn Jorge einen guten Start macht und abhaut, wird es keinen geilen Kampf geben, aber wenn wir zusammen bleiben, wird es abgehen." Doch er verwies auch auf Konkurrenten, die nicht jeder auf der Rechnung hat: "Iannone ist beispielsweise ebenfalls stark." Wie auch Lorenzo hat Rossi ebenfalls seinen Reifen für das Rennen noch nicht ausgewählt: "Das wird von der Temperatur abhängen. Ich werde mich wohl Marc und Jorge anpassen."

Wie man in Brünn gewinnt, weiß Rossi nur zu gut, schließlich landete er hier anno 1996 seinen ersten Karrieresieg überhaupt auf einer 125er-Aprilia: "Ich kam mit einem Podiumsplatz aus Österreich und habe dann hier Brünn den ersten Sieg geholt. Es ist eine großartige Erinnerung: Ich war damals in guter Form und hatte einen harten Kampf mit [Jorge] Martinez. Ich habe ihn auf der Bremse in der letzten Kurve gepackt und er war damals der Gott des Bremsens. Das war ein Top-Gefühl!"