Das hatte kaum jemand auf der Rechnung - trotz der Ausgangslage. Carlos Sainz sicherte sich beim Formel-1-Rennen in Baku sein erstes Podium mit Williams und sorgte damit für eine handfeste Sensation. Dabei hatte er schon am Samstag nach seinem überraschenden zweiten Platz im Qualifying angekündigt, dass ein Top-3-Platz das Ziel ist. Nur kaum jemand im F1-Paddock ging davon aus, dass das tatsächlich in Reichweite wäre.
Aber Sainz bewies am Rennsonntag allen mit einer sauberen Fahrt auf P3 das Gegenteil und benötigte nicht einmal Rennglück, um das Podest einzufahren. Nur George Russell im Mercedes musste er schließlich infolge eines erfolgreichen Overcuts doch ziehen lassen. Das trübte die Freude von Sainz bei der Ankunft im Parc-Ferme aber nur marginal.
Carlos Sainz im siebten Himmel: Besser als mein erstes Podium
"Ich kann gar nicht beschreiben, wie glücklich ich bin und wie gut sich das anfühlt. Es schmeckt sogar noch besser als mein allererstes Podium", jubelte der Madrilene. Er hatte in den letzten Monaten viel durchmachen müssen. Seit seinem Wechsel zu Williams lief für Sainz nämlich kaum etwas zusammen. Eine kurze Eingewöhnungsphase an das neue Umfeld zu Saisonbeginn wurde gefolgt von einer schier endlosen Reihe an Fahrfehlern, Defekte, Teamfehlern und Pech.
Das Einzige, das bei ihm nie in Frage stand, war die Grundpace. Denn im Qualifying performte er seit Mai auf Augenhöhe mit Teamkollege Alex Albon, der immerhin das Mittelfeld souverän anführt. Aber in ein gutes Resultat ließ sich diese nicht umwandeln. Bis jetzt. Unter diesen Umständen fühlt sich Baku erst recht wie ein Befreiungsschlag an.
Sainz bei Williams: Premierenpodium macht bisherige Pleitensaison vergessen
"Ich wartete seit dem Saisonbeginn darauf, dass ich ein perfektes Wochenende zusammenbekomme. Wir schafften es fast in Jeddah, wo wir die maximalen Punkte herausholten. Aber der restliche Verlauf der Saison bestand aus vielen Höhen und Tiefen - mehr Tiefen als Höhen", bilanzierte Sainz. "In manchen Fällen hatten wir sehr viel Pech und in anderen erledigten wir - oder ich - keinen guten Job, oder es ereigneten sich Dinge, die außerhalb unserer Macht lagen."

Das Podium mache diese ganzen niederschmetternden Erlebnisse nun wett: "Ich habe dem Team von Anfang an immer gesagt. Solange wir dann alles unter Kontrolle behalten und nichts falsch läuft, wenn wir unsere erste Gelegenheit dazu haben, um ein Podium zu kämpfen und wir dann dieses Podium holen, dann ist alles okay." Gesagt und getan.
Bis zu seinem einzigen Boxenstopp des Rennens in Runde 27 lag Sainz auf der zweiten Position und war bis dahin nie in Bedrängnis geraten. Dank Liam Lawson, der auf P4 lange die Mercedes-Fahrer auf Distanz gehalten hatte. Doch nach seinem Stopp konnte der Williams-Neuzugang trotz seiner frischen Hard-Reifen nichts gegen die gebrauchten Hards von George Russell ausrichten, der auf der Strecke blieb bis er ein ausreichendes Fenster herausgefahren hatte, um vor Sainz zurückzukommen.
"Ich erwartete, dass ich auf meinem neuen Reifen deutlich schneller sein würde als George. Aber als mir seiner Rundenzeiten mitgeteilt wurden, sah ich, dass ich keine Chance hatte", berichtete Sainz. Teamchef James Vowles erklärte im Interview bei F1TV, dass man von der Teamseite schon vor dem Rennen davon ausging, dass das schwer zu bewältigen sei. "Ich wusste, dass wir nicht gegen beide [Mercedes] verteidigen konnten, denn sie waren heute sehr schnell", so Vowles.
Mit Williams erfolgreicher als sein Nachfolger? Hamilton wartet noch auf Ferrari-Podium
Aber das ist nur eine Randnotiz an einem Feiertag für die F1-Mannschaft aus Grove. Denn nicht nur für Sainz, sondern auch für seinen Rennstall gibt es nach Baku viel zu jubeln. Es war das erste Williams-Podium in einem regulären Formel-1-GP seit 2017, also seit über acht Jahren. Damals war Lance Stroll ebenfalls in Aserbaidschan nach einem chaotischen Rennverlauf auf P3 über die Linie gefahren. Abgesehen davon stand Williams seitdem nur beim berüchtigten 1-Runden-Grand-Prix 2021 in Belgien in Form von George Russell auf dem Podest.
Sainz sorgt mit dem seinem ersten Williams-Podestplatz, der nebenbei der 28. In seiner Formel-1-Karriere war, für eine höchst skurrile Statistik. Denn er errang damit früher ein Rennpodium als sein Nachfolger Lewis Hamilton mit Ferrari. Abgesehen von einem Sprint-Sieg wartet der Rekord-Weltmeister noch auf eine Top-3-Platzierung. Besondere Genugtuung verspürt der letzte Ferrari-Sieger deshalb aber nicht, wie er betonte: "Es ist nicht meine Angelegenheit, was alle anderen tun."
Bei Hamilton lief es im Rennen nicht ganz nach Plan. Er sorgte schließlich auch noch für Unmut, als er auf eine Teamorder zu spät reagierte.



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