Stand im Sprintrennen noch Lewis Hamilton mit Ferrari ganz oben, konterte McLaren im Grand Prix in China. Oscar Piastri wandelte seine erste Formel-1-Pole-Position in einen Sieg um, Teamkollege Lando Norris machte den Doppelsieg komplett. Ein Problem an seinem Auto ließ das Team aus Woking allerdings bis zur Ziellinie zittern.
Bis dahin verlief das Rennen für Norris über große Strecken positiv. Am Start überholte der WM-Führende George Russell und rückte auf den zweiten Platz vor. "Was den Start angeht, habe ich genau darauf gehofft. Dann hat George mich aber nach den Boxenstopps überholt und da bin ich etwas nervös geworden." Im Nachhinein zu Unrecht: "Unsere Pace war im zweiten Stint viel besser." Bereits in Runde 18 war er wieder vor dem Mercedes-Fahrer.
Bremspedal gefährdet McLaren-Doppelsieg und bringt Lando Norris ins Schwitzen
Der 50. Doppelerfolg von McLaren geriet aber in der Schlussphase in Gefahr: Ein technisches Problem an Norris' MCL39 bereitete der Mannschaft aus Woking zunehmend Kopfschmerzen. Am Funk klagte Norris über ein länger werdendes Bremspedal. Der Pedalweg nahm also zu und der Druckpunkt der Bremse verschob sich. "Es hat recht früh angefangen. Das war beängstigend und ist wahrscheinlich mein schlimmster Albtraum", sagte der Brite.
Sein Vorsprung auf den Drittplatzierten Russell, der zwischenzeitlich mehr als neun Sekunden betrug, schrumpfte - allein im letzten Umlauf verlor er über dreieinhalb Sekunden. "In den letzten zehn Runden war ich echt nervös, ob ich das Rennen überhaupt beenden kann, weil es wirklich spürbar war, dass es Runde für Runde schlechter wurde", gab er anschließend zu.
Sein Teamchef verriet: "Im Grunde genommen lag es an einem Leck in einem der Bauteile - aber nicht in der Bremsleitung. Das Problem wurde immer schlimmer und hat das gesamte Resultat gefährdet. Das ist inakzeptabel, was die Zuverlässigkeit angeht."
Trotz des 'kritischen Problems', wie es gegen Rennende am Funk klassifiziert wurde, rettete Norris den zweiten Platz: "Er musste mit immer weniger Maximaldruck bremsen, bis er in den letzten Runden praktisch nur noch vom Gas ging und dann nur mit minimalem Bremsdruck gebremst hat."
Verhinderte das Bremsproblem einen Zweikampf um den Sieg?
Hätte es diese Schwierigkeiten nicht gegeben, so ist sich Stella sicher: "Ohne das Bremsproblem hätten wir wohl einen sehr interessanten letzten Teil des Rennens erlebt, denn Lando wollte sicher sehen, ob er genug Tempo hat, um Oscar anzugreifen."
Eine Vermutung, die Norris bestätigte: "Ich hätte es gerne versucht und Oscar ein wenig unter Druck gesetzt." Wäre eine Attacke also möglich gewesen? "Das ist nicht wichtig. Er verdient den Sieg und ist das ganze Wochenende über sehr gut gefahren. Ich bin also zufrieden mit dem zweiten Platz."
Während Norris am Freitag und Samstag mit seinen eigenen Fehlern und am Sonntag mit dem Defektteufel zu kämpfen hatte, verlief das China-Gastspiel für seinen Teamkollegen wie am Schnürchen. "Das war ein unglaubliches Wochenende, vom Anfang bis zum Ende", konstatierte Piastri nach seinem dritten Karriereerfolg. "Die zwei Siege, die ich vorher eingefahren habe, waren ganz anders. Das ist der am wenigsten emotionale, aber dafür der befriedigendste Sieg."
Oscar Piastri schlägt zurück: Melbourne-Fehler ausgebügelt
Gerade nach dem Saisonauftakt in Australien, bei dem der Mann aus Melbourne unter schwierigen Bedingungen einen Fehler machte, der ihn alle Siegchancen kostete, ein Erfolg mit Symbolkraft: "Unabhängig vom Ergebnis wollte ich [davon] zurückkommen und mir selbst beweisen, dass ich weitermachen und weiterkämpfen kann. Und ich denke, das habe ich definitiv bewiesen", so Piastri.
Der Sieg wurde ihm aber nicht auf dem Silbertablett serviert. Mit den Erkenntnissen aus dem Sprint waren die meisten Teams, wie auch F1-Reifenhersteller Pirelli, von einer Zwei-Stopp-Strategie ausgegangen. So eindeutig wie gedacht, fiel die Taktik jedoch nicht aus.
"[Am Kommandostand, d. Red] gab es eine gewisse Anspannung wegen des Verhaltens der Reifen", erklärte McLaren-Teamchef Andrea Stella. "Nach dem Stopp war nicht klar, ob es eine Ein- oder Zweistopp-Strategie werden würde. Wir haben also beobachtet, was Stroll auf dem harten Reifen gemacht hat, um zu sehen, wie er sich verhält."
Der Italiener ist sich sicher: "Wenn unsere Konkurrenten sich dazu entschieden hätten, ein Auto auf einer Ein-Stopp-, das andere auf einer Zwei-Stopp-Strategie fahren zu lassen, dann wäre es für uns schwierig geworden."
Ferrari probierte es auch tatsächlich, zweigleisig zu fahren. Hamilton fuhr in Runde 37 zum zweiten Mal an die Box, doch die Roten lagen zu diesem Zeitpunkt schon zu weit zurück und kämpften nur noch mit Max Verstappen um die Plätze 4 bis 6. Für den Führenden Piastri ging die realistischste Gefahr von seinem Teamkollegen Lando Norris aus.
Ferrari musste sich mit den Plätzen fünf und sechs zufriedengeben - allerdings nur kurzzeitig. Nach der technischen Abnahme werden beide SF-25 nachträglich disqualifiziert. Alles, was ihr darüber wissen müsst, könnt ihr hier nachlesen:
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