In der Formel-1-Saison 2024 waren vier Teams in der Konstrukteurswertung dem restlichen Feld enteilt. Mit McLaren, Ferrari, Red Bull und Mercedes kämpften im abgelaufenen Rennjahr gleich vier Top-Teams auf auffällig ähnlichem Niveau. Erst nach dem letzten Grand Prix stand McLaren mit nur 14 Punkten Vorsprung vor Ferrari als Konstrukteurs-Weltmeister fest.

"Die Formel 1 zeigt 2024 ein absolut beispielloses Level an Wettkampf zwischen mehreren Teams", befand McLaren-Teamchef Andrea Stella beim vorletzten Grand Prix in Katar. Es habe in der Schlussphase der Saison vier Teams gegeben, die mit ihrem derzeitigen Auto jeweils die Meisterschaft hätten gewinnen können. War es unter den Top-4 schon einmal so eng?

Für eine verlässliche Beurteilung gilt der Fokus den Formel-1-Saisons ab 2010, in denen das aktuelle Punktesystem mit 25 Zählern für den Sieger zum Einsatz kam. McLaren machte in Abu Dhabi den Gewinn der Teamwertung mit 666 WM-Punkten vor Ferrari mit 652 Punkten perfekt. Auf Platz drei folgte Red Bull mit 589, auf P4 Mercedes mit 468 Zählern. Die Silberpfeile sammelten also nur 198 Punkte weniger als Titelträger McLaren. So eine geringe Differenz gab es tatsächlich schon einmal.

2012: 7 Teams knackten 100er-Marke

Vor zwölf Jahren gewann Red Bull vor Ferrari, Force India auf P7 hatte noch 109 WM-Punkte, Foto: Sutton
Vor zwölf Jahren gewann Red Bull vor Ferrari, Force India auf P7 hatte noch 109 WM-Punkte, Foto: Sutton

Im Jahr 2012 wurde Red Bull mit 460 Punkten Konstrukteurs-Weltmeister - die bisher niedrigste Anzahl im neuen Punktesystem - und hatte nur 157 Zähler Vorsprung auf den Viertplatzierten Lotus. Das ist die seit 2010 geringste Punktedifferenz. Bemerkenswert war in dem Jahr auch, dass insgesamt sieben Rennställe mindestens 100 WM-Punkte einfuhren. Dadurch "blieben" nicht mehr viele Zähler für die vorderen Plätze übrig.

Nach den 157 Punkten von 2012 folgt die abgelaufene Saison mit 198 Zählern Abstand zwischen P1 und P4. Trotzdem stellt die 2024er Teamwertung Rekorde auf: Der diesjährige Viertplatzierte Mercedes hat knapp 70,3 Prozent der Punkteanzahl des Weltmeisterteams McLaren gesammelt. So hoch war der Anteil selbst 2012 mit knapp 65,9 Prozent nicht. Und Mercedes wurde auch das erste Team auf P4 mit mindestens 400 WM-Punkten. Mit 468 Zählern erreichten die Silberpfeile sogar acht mehr als der 2012er Titelträger Red Bull. Die folgende Grafik zeigt den Punkteverlauf der Konstrukteurswertung von den Top-Teams 2024:

McLaren-Teamchef Stella erklärt den engen Wettkampf: "Schauen wir auf Ferrari - nach schwankenden Ergebnissen in der Saisonmitte haben sie großartige Leistungen geliefert." In Austin fuhr das Team aus Maranello zu einem Doppelsieg und gewann auch in Mexiko. Stella weiter: "Red Bull hat weiterhin geliefert, obwohl sie nicht mehr das schnellste Auto hatten. Und schauen wir auf Mercedes, was sie in Las Vegas geschafft haben." Auf dem Strip siegte George Russell vor Lewis Hamilton.

Weiteres Novum in 75 Jahren Formel-1-Geschichte

Mercedes-Pilot George Russell feiert seinen 2. Saisonsieg im Parc Ferme
Mercedes erreichte 2024 vier Rennsiege - Bestwert für P4 der Konstrukteurswertung, Foto: LAT Images

Die anteilig gesammelten WM-Punkte der vier Top-Teams verdeutlichen zwar die Leistungsdichte an der Spitze, sind allerdings eine recht umständliche Bestmarke. Einen Rekord stellte die abgelaufene Saison auch bei der Verteilung der Siege auf. Erstmals in der Formel-1-Geschichte haben je vier Teams mindestens vier Siege errungen. Für die Saisons, in denen vier Teams mindestens drei Siege einfuhren, müssen wir weit zurückblicken: 1974 und 1977 standen jeweils vier Teams mindestens dreimal ganz oben auf dem Podest.

Zugegebenermaßen war 2024 auch eine Rekordsaison mit der Anzahl von 24 Rennwochenenden mit mehr Möglichkeiten für unterschiedliche Sieger. Die Rennerfolge teilten sich Max Verstappen für Red Bull mit neun, McLaren mit sechs, Ferrari mit fünf und Mercedes mit vier Rennsiegen. Bis auf Red Bull haben bei den drei anderen Top-Teams beide Fahrer gewonnen - es gab sieben Rennsieger. Der Wert liegt weit hinter dem Rekord von 1982.

Vor 42 Jahren fuhren elf Fahrer in 16 Rennen mindestens einen Sieg ein. Neun Sieger gab es einmal 1975. Nach fünf Saisons mit je acht Rennsiegern folgt allerdings schon die Saison 2024. Diesen knappen Wettkampf verdankt die Motorsportwelt unter anderem dem 2021 eingeführten und 2022 verschärften ATR-System zur Beschränkung der aerodynamischen Entwicklung der Teams.

Zusätzlich gibt es die Budget-Deckelung der maximalen Ausgaben für jedes Formel-1-Team pro Saison. Die finanzstarken Mannschaften können nicht mehr in alle Richtungen Upgrades entwickeln und das Beste in der Weltmeisterschaft anwenden, sondern müssen mit Entwicklungskosten stärker haushalten. Beide Maßnahmen haben in der abgelaufenen Saison eine "rekordverdächtige" Wirkung entfacht.

„Wenn man sich die Kostenobergrenze ansieht, hat das natürlich Auswirkungen“, bestätigt Mercedes-Teamchef Toto Wolff, dessen Team P4 in der Konstrukteurs-Wertung belegte. „Das sind 20 % mehr ATR als bei McLaren, was von Vorteil ist. Früher lagen sie auf diesem Platz.“

Allerdings bedeuten die ATR-Einschränkungen und die Budgetobergrenze nicht automatisch ein engeres Feld. Schließlich muss jedes Team innerhalb der Einschränkungen das Beste aus seiner Situation machen und die zur Verfügung stehenden Ressourcen - egal, ob mehr oder weniger - besser einsetzen.

„Die ATR sind nicht der Grund, warum sie gewonnen haben“, so Wolff. „Sie haben gewonnen, weil sie gute Ingenieure haben. So einfach ist das. Gute Ingenieure, eine gute Teamleitung und gute Fahrer. Zwei Fahrer, die Punkte geholt haben. Das muss man ihnen hoch anrechnen.“

Ab 2026 wird mit Cadillac/Andretti ein elftes Team ins Formel-1-Feld stoßen. Nach dem Saisonfinale wurde nun der Motorenpartner bekannt. Welcher Hersteller es wurde und wie der letzte F1-Test 2024 nach Saisonschluss in Abu Dhabi ablief, erfahrt ihr in Christians Vlog von der Strecke:

Cadillac hat F1-Motor für 2026! Wann folgt die Starterlaubnis? (09:43 Min.)