Das Ferrari-Duell hat im Qualifying einen klaren Trend: Es ist in jeder Session eng, und meist behält Charles Leclerc die Oberhand, wenn abgerechnet wird. Nicht so an diesem Samstag bei der Formel 1 in Mexiko. 0,319 Sekunden brannte Carlos Sainz seinem Teamkollegen Leclerc in einer souveränen Q3-Vorstellung auf und krallte sich die vielleicht beste Pole seiner Karriere.

"Zwei so starke Runden sind in Mexiko nicht normal", merkt Sainz nach dem Qualifying an. "Wenn du zwei bis drei Zehntel vorne bist, dann müssen das ein paar sehr solide Runden gewesen sein." Sainz' Q3 war eine Machtdemonstration. Sein erster Versuch - eine 1:16,055 - hätte bereits zur Pole gereicht. Beim zweiten und letzten fand er aber noch einmal zwei Zehntel.

Die ausgewiesenen Qualifying-Könner Max Verstappen, Lando Norris und Charles Leclerc wurden deutlich auf die Plätze verwiesen. "Beide Runden waren fast perfekt", unterstreicht Sainz. Ein wohl verdienter Lohn, nachdem der im Rennen so reifenschonende Ferrari in den letzten Qualifyings immer Probleme damit hatte, den Performance-Gipfel der Reifen für eine einzelne Runde zu finden.

Nachdem beide Fahrer in Singapur das Qualifying vergeigt hatten und Sainz sogar gecrasht war, war klar gewesen, dass etwas geschehen musste. "Wir haben in der Pause viel Fokus darauf gelegt und sind mit ein paar Dingen nach Austin und Mexiko gekommen, die sich ausgezahlt zu haben scheinen", urteilt Sainz. Doch Charles Leclerc bleibt in der Gleichung außen vor.

Charles Leclerc gibt Mexiko die Schuld an Qualifying-Schlappe

Die fehlenden Zehntel gehen aber nicht auf das Konto von Setup-Anpassungen, welche Sainz unverhältnismäßig entgegenkommen. Leclerc macht eher die Strecke selbst als Grund aus: "Diese Qualifyings auf Strecken mit sehr wenig Grip sind nicht meine Stärke. Ich pushe im Qualifying gerne sehr viel, und hier, oder in Monza, da habe ich immer große Probleme damit."

Charles Leclerc (Ferrari) vor) Alexander Albon (Williams) und Guanyu Zhou (Sauber)
Charles Leclerc kann mit Mexiko nichts anfangen, Foto: LAT Images

Leclerc will in jedem Qualifying an die absolute Haftungsgrenze des Autos gehen. In Mexiko klappt das nicht, weil das Grip-Niveau hier sehr niedrig ist. Etwa durch die dünne Höhenluft, wegen welcher F1-Autos hier nur sehr wenig Abtrieb erzeugen. "Ich muss viel mehr denken, um eine Runde durchzubringen, und mich einbremsen", erklärt Leclerc.

Am Samstagnachmittag in Mexiko klappte das nicht: "Seit FP2 hatte ich mit dem Auto zu kämpfen. In Q3 begann die Runde sehr, sehr gut, bis zu Kurve 10, wo ich das Auto verloren habe. Aber ich musste diese Risiken eingehen, weil ich die Pace nicht hatte." Sainz hingegen fühlte sich im Qualifying eins mit dem Ferrari: "Dadurch konnte ich in Q3 noch mehr Risiken eingehen."

Weil seine erste Rundenzeit schon drei Zehntel besser war als die seiner Verfolger, wagte Sainz für den zweiten Q3-Versuch noch eine aggressivere Frontflügel-Einstellung und wagte sich in der ersten Kurve näher an die Track Limits: "Ich wusste, die erste würde vielleicht sowieso schon für Pole reichen, also wollte ich alles maximieren. Das gab mir ein gratis Zehntel, und das behielt ich für den Rest der Runde."

Sainz vs. Leclerc: Ferrari deckt alle Startplatz-Risiken in Mexiko ab

Die Erwartungen sind nun bei Ferrari für das Rennen hoch. Nach dem dominanten Austin-Sieg vor einer Woche soll es in Mexiko so weitergehen. "Ich denke, ich war der Schnellste gestern in den Rennsimulationen", erinnert Leclerc. "Aber mit Platz vier habe ich mir mein Leben schwieriger gemacht."

Andererseits: Sainz hat lange 768 Meter von seiner Pole bis zum ersten Bremspunkt vor sich. Leclerc hat aus der zweiten Reihe kommend den potenziell immensen Vorteil, dass er einen riesigen Windschatten bis zu drei Autos vor ihm bekommt. "Aber ich glaube trotzdem, dass ich mich verteidigen kann", ist Sainz optimistisch.

Er blickt auch auf die WM-Kontrahenten Max Verstappen und Lando Norris, die zwischen ihm und Leclerc stehen: "Die kämpfen morgen um wichtige Dinge, da wird der Weg zur ersten Kurve interessant. Ich habe weniger zu verlieren. Da werde ich alles geben, um Platz eins zu halten." Kommt kein Ferrari aus der ersten Kurve, wäre das nur nicht gut. Jeder hat in Mexiko Angst vor Überhitzung, sobald er im Verkehr steckt.