Das Rookie-Problem der Formel 1 wird zunehmend frustrierend für alle Beteiligten. Seit Jahren wird es für Teams schwieriger, ihren jungen Talenten die angemessene Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Jetzt ist man an einem Punkt angekommen, an dem man sich für mutige Experimente öffnet. Etwa für ein zusätzliches Rennen mit den aktuellen Formel-1-Autos.

Ein stetig wachsender Rennkalender und parallel dazu immer strikter werdende Testbeschränkungen sind schuld an der Nachwuchs-Misere. Zwar gibt es im F1-Reglement noch immer mit den sogenanntem "Testing of Previous Cars" (Tests mit alten Autos, TPC) eine Option außerhalb des engen Regelkorsetts, doch hier fährt man mit zwei Jahre alten Autos. Abgesehen davon, dass 2024 die Zeit der gut bestückten gigantischen Test-Teams längst vorbei ist.

Das alles ist nicht gerade die Erfüllung für viele Teams mit starken Nachwuchs-Kadern. Nur drei realistische Gelegenheiten bleiben ihnen, um interessante Kandidaten zur Evaluierung in aktuelle Autos zu setzen. Zwei Mal müssen sie es in einem Freitags-Training tun. Öfter dürften sie, wollen meist aber nicht, weil Trainingszeit heute zu wertvoll ist. Und dann bleibt noch der eintägige Young Driver Test am Dienstag nach dem Saisonfinale in Abu Dhabi.

Teams arbeiten an Abu-Dhabi-Programm: Warum nicht Rennen fahren?

Das Problem verlangt nach kreativen Vorschlägen. So taucht eine ganz neue Idee auf. Man könnte doch direkt im Anschluss an den Young Driver Test in Abu Dhabi noch ein zusätzliches Rennen fahren. Exklusiv für Rookies. Zum einen ein Show-Event, zum anderen eine Evaluierung.

Crash von Mercedes-Ersatzfahrer Andrea Kimi Antonelli
Mercedes-Junior Andrea Kimi Antonelli beendete eine seiner beiden FP1-Chancen unmittelbar mit einem Unfall, Foto: LAT Images

"Wir haben es in der F1-Kommission diskutiert, und ich denke, wir sind alle scharf drauf, Rookies mehr Chancen zu geben", meint Mercedes-Teamchef Toto Wolff. Theorien wie tatsächliche GP-Einsätze in einem dritten Auto neben den Stammfahrern gab es davor schon zuhauf. "Das Problem ist: Wenn du es ihnen an einem Grand-Prix-Wochenende gibst, beeinflusst es die Stammfahrer, oder deren Leistungen. Wenn du sie in einem GP-Wochenende fahren lässt, könnte es das Rennergebnis beeinflussen, und ziemlichen Schaden anrichten, wenn du um einen Titel kämpfst."

Was die Teams aber am liebsten wollen, wäre eben, die Rookies über ein komplettes Rennwochenende hinweg zu evaluieren. "An einem Tag Rennfahren in Abu Dhabi würden sie alle gleich viel Sprit fahren, auf dem gleichen Reifen, und der Vergleich, wie sie sich in ihren respektiven Autos schlagen, wäre interessant", so Wolff. Ferrari-Boss Fred Vasseur stimmt zu: "Diese Chance, ihnen ein komplettes Wochenende mit Training, Qualifying und Start zu geben, könnte eine gute sein."

Noch ein Rennen im brutalen F1-Kalender: Geht das?

Ein Rookie-Rennen außerhalb der WM in Abu Dhabi wäre also in vielerlei Hinsicht ideal. Doch Wolff weiß auch: "Es wird eine Belastung für das Team. Denn es ist noch ein Tag." Der reguläre Kalender hat dieses Jahr schon 24 Wochenenden. Und er endet obendrauf mit drei Rennen an drei aufeinanderfolgenden Wochenenden in Las Vegas, Katar und Abu Dhabi, an denen man sich vom Konzept der Zeitzonen besser verabschiedet. Für das Team-Personal wäre es ein Horror, immer mehr hinten dranzuhängen.

"Aber wir sind eine Unterhaltungs-Industrie, und das ist bis jetzt die beste Idee, die uns eingefallen ist, um ihnen mehr Fahrzeit zu geben", sagt Wolff. Mit Zuspruch ihrer Bosse müssen die im Sporting Advisory Committee (dem beratenden Gremium für neue Regelkonzepte) sitzenden Sportdirektoren jetzt ein wirklich tragfähiges Konzept zusammenzimmern.

Man will das im September jetzt erst einmal angehen. Aktuell ist die Idee weiterhin in einem sehr frühen Stadium. Regeländerungen wären umfangreich. Nicht nur in sportlichen Belangen. Wie etwa beeinflusst so ein Zusatz-Event die Budget-Obergrenze? Wird das Konzept also umgesetzt? Dieses Jahr? Nächstes Jahr? Diese Fragen lassen sich noch nicht beantworten.

Höchstwahrscheinlich wird die Formel 1 dafür am nächsten Wochenenden einen Rookie im Haas sehen. Die Chancen stehen gut, dass Oliver Bearman den gesperrten Kevin Magnussen ersetzt. Ist das fair? Experte Christian Danner bewertet die Lage in der neuesten Ausgabe des 'AvD Motorsport Magazins':

F1-Rennsperre für Kevin Magnussen! Ist die Strafe fair? (32:41 Min.)