Seit Samstagvormittag ist die Mercedes-Katze endgültig aus dem Sack. Andrea Kimi Antonelli wurde im Rahmen des Formel-1-GPs in Italien als Nachfolger von Rekord-Weltmeister Lewis Hamilton bekanntgegeben. Der Shooting-Star der Silberpfeile übernahm bereits in den letzten Wochen die Favoritenrolle um den Platz neben George Russell - spätestens seitdem sich abzeichnete, dass Max Verstappen 2025 definitiv bei Red Bull bleibt.

Toto Wolff betonte, dass Verstappen aber nur ein Nebengedanke gewesen sei. Schon seit dem Winter habe er Antonelli für das Cockpit vorgesehen. "Ich entschied mich [für Antonelli] fünf Minuten nachdem Lewis mir mitgeteilt hat, dass er zu Ferrari geht", behauptete der Österreicher, fügte aber hinzu: "Natürlich haben wir andere Optionen diskutiert und die Max-Idee nicht komplett verworfen, wenn man sich ansieht, was bei Red Bull vorging. Aber instinktiv wusste ich, dass es diese Fahrerpaarung ist, die ich immer wollte."

Direktaufstieg statt Lehrjahre: Antonelli kommt direkt zu Mercedes

Der direkte Aufstieg von Antonelli aus der Formel 2 stellt einen Bruch in der Jugend-Strategie von Mercedes dar. In der Vergangenheit versuchte das Team von Toto Wolff immer, Fahrer langsam bei kleineren Teams aufzubauen, ehe man sie möglicherweise hochzog. Fahrern wie Pascal Wehrlein oder Esteban Ocon war der letzte Schritt nicht vergönnt, George Russell verbrachte vor seinem Wechsel ins Werksteam drei Jahre bei Williams.

Ein Fehler, wie Wolff rückblickend betrachtet feststellte: "Mit Kimi haben wir eine Lektion gelernt. George war vielleicht etwas zu lange bei Williams." Anstatt einer Lehrzeit bei einem kleineren Formel-1-Team einzuplanen, entschloss sich Mercedes dazu, bei Antonelli die Aufbauarbeit selbst vorzunehmen, und zwar in Form von Testfahrten. Das zog man einem Williams-Wechsel vor. Dort hätte Antonelli 2024 das Cockpit von Logan Sargeant übernehmen können.

Vorbild Lewis Hamilton: So viele Formel-1-Tests fährt Andrea Kimi Antonelli 2024

TPC-Testfahrten erlauben es einem F1-Team ein zwei Jahre altes Auto beinahe unlimitiert für private Tests zu nutzen. Im Falle des derzeitigen F2-Fahrers wird davon ausgiebig Gebrauch gemacht. Bislang absolvierte Antonelli etwa zehn derartige Tests im Mercedes W13 aus der Formel-1-Saison 2022, weitere sollen folgen. Bis zum Ende des Jahres soll Antonelli auf etwa 15 bis 20 Testtage in F1-Boliden kommen.

Dazu kommen noch seine Einsätze in Freien Trainings. Den ersten davon absolvierte er am Freitag im FP1 zum Italien-GP. Ein weiterer Einsatz wird in diesem Jahr noch folgen, außerdem nimmt Antonelli am Ende der Formel-1-Saison an den Testfahrten in Abu Dhabi teil. Das Vorbild bei diesem groß angelegten Programm ist Lewis Hamiltons F1-Einstieg 2007 mit McLaren. "Wenn man sich die Blaupause damals von Lewis ansieht. Er hatte viele Tests und ist nicht nur gefahren, sondern ging auch ein Rennwochenende durch, und genau das tun wir auch", erklärte Wolff.

Beim Ungarn-Wochenende hatte Antonelli noch Zweifel angemeldet, ob er überhaupt schon für die Formel 1 bereit ist. Diese Zweifel haben sich inzwischen zerschlagen, wie der derzeit Siebte der F2-Meisterschaft bekräftigte: "In den letzten TPCs habe ich mich sehr verbessert. Ich denke, das liegt auch daran, dass ich mich mit dem Auto viel besser fühle und mich mit den Abläufen besser auskenne. Deshalb denke ich jetzt anders darüber."

Trainings-Crash verziehen: Mercedes ist bereit Lehrgeld zu zahlen

Antonellis F1-Debüt in Monza nahm aber ein bitteres frühes Ende, nachdem Antonelli auf seiner zweiten schnellen Runde abflog und einen schweren Unfall zu verzeichnen hatte. Ein Fehler, den der Italiener eingestand, dem ihm aber Wolff direkt im Anschluss des Trainings verziehen hatte. "Er muss vielleicht lernen, dass ein FP1 keine Qualifying-Sessions ist", meinte Wolff am Samstag augenzwinkernd zu Antonelli.

Wolff stellte wenig überraschend auch klar, dass die Paarung mit George Russell und Antonelli langfristig erhalten bleiben soll. Fix bestätigt ist Antonelli als Mercedes-Stammfahrer in der Formel 1 aber bislang nur für 2025. "Wir hatten immer Verträge mit unseren Fahrern, die eine kurze Laufzeit hatten. Das ist die Art, wie das Team funktioniert. Aber es ist viel wichtiger, wie sich George und Kimi im Team zusammenfügen", erklärte Wolff. Laut ihm ist der 18-Jährige zwar langfristig an die Silberpfeile gebunden, allerdings "mit komplizierten Klauseln", so Wolff.

Im Klartext kann man also davon ausgehen, dass Mercedes im Falle von schwachen Leistungen immer noch viele Hintertüren offenbleiben, um Antonelli notfalls zu ersetzen. Angesichts des rapiden Aufstiegs ist das Team aus Brackley aber bereit, eine gewisse Fehlerquote von Anfang an einzupreisen.

"[Russell] hat einige Fehler bei Williams gemacht, die nicht so auffielen. Jetzt haben wir den Aufstieg von Kimi beschleunigt. Seine Fehler werden besser sichtbar sein, da er in einem Mercedes sitzt. Aber wir sind absolut bereit für diese Investition", gab sich Toto Wolff überzeugt. Ob sich die Risiko-Entscheidung für Antonelli auszahlt, wird die Formel-1-Saison 2025 beweisen.