Mercedes erlebte eine böse Überraschung. Im Qualifying zum Großen Preis der Niederlande war für Lewis Hamilton schon nach dem zweiten Abschnitt Schluss. Dabei galt das Team aus Brackley nach dem erfolgreichen Trainingstag noch als Mitfavorit auf die Pole-Position. 0,103 Sekunden fehlten dem Briten in Q2 auf die Zeit von Fernando Alonso, die es zu schlagen galt, um ins Q3 einzuziehen. So blieb Hamilton für das Rennen morgen nur der zwölfte Startplatz, wegen einer nachträglichen Strafversetzung um drei Positionen startet er nur von P15.
Überraschender Performance-Einbruch sorgt für Frust
Nach dem frühen Ausscheiden stand der gesamten Mannschaft die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. "Das kam total überraschend. Wir konnten es ehrlich gesagt kaum glauben. Er war Schnellster auf dem ersten Reifensatz in Q1 - und das mit relativer Leichtigkeit. Und dann fliegt er im nächsten Segment raus", zeigte sich Teamchef Toto Wolff am Mikrofon von ServusTV offen erstaunt über Hamiltons Qualifying-Pleite.
Beim Rekordsieger der Formel 1 war die Verärgerung über das Ergebnis am Samstagnachmittag groß: "Das war heute ein frustrierender Tag. Wir haben das gesamte Wochenende über gut ausgesehen und im Q1 war ich mit der Balance des Autos zufrieden. Leider hatten wir im Q2 mehr zu kämpfen und es ist uns aus den Fingern geglitten." Im Training wie auch am Beginn der Qualifying-Session hätte sich alles noch gut angefühlt, meinte Hamilton. "Und dann habe ich auf einmal keine guten Runden mehr hinlegen können."
Eine ähnlich schwankende Performance zeigte sich auch bei George Russell im Zandvoort-Qualifying. Wie der Samstag für ihn verlief, lest ihr hier:
Kontroverse Begegnung mit Sergio Perez in Q1 - der Wendepunkt?
Der Wendepunkt sei mit dem Zwischenfall mit Sergio Perez gekommen. Hamilton wurde beschuldigt, im ersten Qualifying-Abschnitt dem Red-Bull-Fahrer auf dessen schneller Runde in Kurve 9 im Weg gestanden zu haben. Der Mercedes-Pilot wurde deshalb um 17 Uhr zu den Stewards zitiert. Drei Stunden später teilten die Sportkommissare ihre Entscheidung mit: Hamilton muss den Niederlande-GP von drei Plätzen weiter hinten in Angriff nehmen.
"Ich habe mein Bestes getan, um so weit wie möglich aus dem Weg zu gehen. Aber das Timing war einfach schlecht", entschuldigte sich Hamilton. Tatsächlich ist in der genaueren Betrachtung dieser Situation zu erkennen, dass Hamilton sich bemühte, dem Red Bull auszuweichen. Nachdem Hamilton vom Team vor Perez gewarnt wurde, fuhr er ausgangs Kurve 8 zur Seite am linken Streckenrand. Doch als der Mexikaner schließlich auftauchte, war Hamilton in Kurve 9 langsam auf dem Weg zurück zur Ideallinie. Die Stewards kamen zum Entschluss, dass der Mercedes-Pilot langsamer fahren und Perez passieren lassen hätte können.
Hamilton sieht in diesem Vorfall jedoch auch Auswirkungen auf seine eigene Qualifying-Session: "Es ging einfach bergab, wie ein Domino-Effekt, angefangen bei dem Moment mit Checo. Dann wurde die Balance immer schlechter, ich bekam immer stärkeres Übersteuern. Es war schrecklich."
Nach Setup-Änderung: Lewis Hamilton kämpft in Zandvoort mit Übersteuern
Das Hauptproblem war also die Balance. In der Formel-1-Saison 2024 ein bekanntes Qualifying-Problem von Hamilton. "Ich hatte heute massives Übersteuern. Gestern hatten wir viel Untersteuern und wir haben versucht, das zu beheben, sind aber zu weit in die andere Richtung gegangen", erklärte der Mercedes-Pilot weiter.
Trotz starker Trainings-Performance hätte Mercedes über Nacht große Setup-Veränderungen an beiden Boliden vorgenommen, so Hamilton. Es scheint, als habe man damit einen Fehlgriff gelandet. Der siebenfache Weltmeister zog bezüglich des Gefühls im Auto sogar Parallelen zu früheren Rennen in dieser Saison, als Mercedes noch mit großen Performance-Schwierigkeiten kämpfte.
"Das Auto ist einfach extrem schwierig zu beherrschen - es fährt wie auf des Messers Schneide", pflichtete Wolff seinem Fahrer bei. Er brachte neben dem Balance-Problem noch die Thematik, die Reifen ins richtige Fenster zu bringen, ins Spiel: "In den langsamen Kurven neigt es zum Untersteuern und sobald die Reifentemperatur über eine kritische Schwelle von 100 oder 110 Grad steigt, ist es vorbei. Der Reifen erholt sich dann nicht mehr, und die ganze Runde ist ruiniert."
Toto Wolff optimistisch: Mit Vollgas attackieren! - Hamilton malt für Formel-1-Rennen schwarz
Vor dem Rennen gab sich der Mercedes-Teamchef aufgrund der zuversichtlich stimmenden Race Pace aber selbstbewusst. Er geht davon aus, dass Hamilton einen großen Schritt nach vorne machen kann: "Es ist natürlich alles drin. Wenn wir diese erste Gruppe hinter uns lassen können, dann ist er vorne mit dabei im Führungspulk."
Obwohl Pirelli vor dem Wochenende den Ein-Stopper klar als optimale Strategie ausgab, hält sich Mercedes auch andere strategische Optionen offen: "Ich denke, dass zwischen ein und zwei Stopps momentan nicht viel um ist", wog Wolff ab. "Also kann es schon sein, dass wir etwas probieren können, bei dem man den Reifen dann zum Ende tragen muss oder eben Vollgas attackiert." Die Silberpfeile könnten den Großen Preis der Niederlande also wieder einmal nach dem Motto 'wer nichts wagt, der nicht gewinnt' bestreiten.
Beim Rekordweltmeister Hamilton zeigte sich derweil ein ganz anderer Gemütszustand. Er will vom anstehenden Rennen am liebsten gar nichts wissen. Nicht einmal die guten Longrun-Daten machen ihm Hoffnung. "Mein Wochenende ist im Grunde gelaufen", äußerte er missmutig. "Es ist definitiv sehr, sehr frustrierend. Aber es ist, wie es ist. Ich muss mich auf nächste Woche konzentrieren."
Hamilton wechselt nach seiner zwölften Saison mit Mercedes Ende des Jahres zur Scuderia Ferrari. Hat er damit die richtige Entscheidung getroffen? Das meint unsere Redaktion:
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