Es ist nicht einmal vier Wochen her, da war die Ferrari-Welt noch in Ordnung. Die Scuderia hatte durch Charles Leclerc in Monaco ihren zweiten Formel-1-GP-Sieg 2024 gefeiert und Leclerc den ihm anhaftenden Fluch bei seinem Heimrennen durchbrochen. Selbst in der WM wirkten Max Verstappen und Red Bull nach dem Erfolg in Reichweite - doch nur ein weiteres Rennwochenende genügte, um die Euphorie schnell verfliegen zu lassen.
Im Qualifying zum Kanada-GP reichte es für Charles Leclerc und Carlos Sainz auf den Positionen elf und zwölf nicht, um ins Q3 zu gelangen. Nach einem Motorproblem bei Leclerc und selbstverschuldetem Dreher, inklusive Kollision, von Sainz, musste Ferrari erstmals im Jahr 2024 punktlos von einem Formel-1-Rennwochenende abreisen. Gelingt bei der Rückkehr zur Europa-Saison in Barcelona der Schritt zurück an die Spitze des Feldes?
Leclerc in Barcelona optimistisch: Sollten wieder auf unserem Level sein
Zumindest weitere Motorenprobleme befürchtet Leclerc in Barcelona nicht: "Wir haben verstanden, was falsch gelaufen ist und es behoben." Dennoch reiht sich der Defekt in ein zunehmend besorgniserregendes Muster der Ferrari-Powerunit ein. In Imola musste bei Leclerc etwa bereits ein unplanmäßiger Motorwechsel vorgenommen werden. Leclerc beschwichtigt: "Wir sind nicht besorgt. Natürlich gab es kürzlich einige Bewegungen mit dem Motor und wir evaluieren absolut alles, aber es ist für den Moment keine Sorge. Wir spielen nur etwas mit den Motoren, die wir im Pool haben."
Doch der Defekt am Ferrari-Aggregat war bei weitem nicht das einzige Problem des italienischen Rennstalls in Kanada. Besonders die Qualifying-Performance stellte Ferrari vor Rätsel. "Auch hier haben wir die Dinge nicht so gemanagt, wie wir es hätten tun sollen. Es steckte wahrscheinlich mehr im Auto. Deswegen bin ich zuversichtlich, dass wir hier in Barcelona wieder auf unserem Level sein werden", gab sich Leclerc auch in diesem Punkt für Barcelona optimistisch.

Ferrari-Piloten uneins: Wie repräsentativ ist Barcelona?
Zusätzlich dabei nachhelfen, Ferrari wieder in Normalform zu bringen, soll ein Upgrade-Paket am SF-24. Eine gute Performance in Barcelona sei Leclerc zufolge auch dringend notwendig, denn: "Normalerweise ist Barcelona ziemlich repräsentativ für den Rest der Saison. Wenn wir also hier im Kampf sind, ist das ein gutes Zeichen für den Rest des Jahres."
Genau bei der Frage nach der Repräsentativität Barcelonas erhält Leclerc jedoch Widerspruch - ausgerechnet vom eigenen Teamkollegen Carlos Sainz. "Es gibt so viele Strecken, die nicht mehr wie Barcelona sind. Zuvor gab es viele Strecken in Europa, die Barcelona sehr ähnlich waren. Es ist also nicht mehr der Fall, dass Barcelona des Rest des Jahres diktiert", meint Sainz, der dies mit der zunehmenden Anzahl an Stadtkursen begründet.
Ferrari trotz Updates ohne Chance gegen Red Bull?
Repräsentativität hin oder her: Reichen die Ferrari-Updates und die Erkenntnisse aus der Kanada-Pleite, um die Traditionsmannschaft in Barcelona wieder in den Siegeskampf zu katapultieren? "Meine persönliche Meinung ist, dass wir einen deutlich stärkeren Red Bull sehen werden", dämpft Leclerc im Vorfeld zumindest die Hoffnungen auf eine Rückkehr auf die Siegerstraße. "Einfach deshalb, weil ich den Red Bull bei dieser Streckenführung hier sehr schnell sehen würde. Die letzten vier Rennen von Miami bis Kanada haben sich sehr viel um den Ritt über die Kerbs gedreht und das ist wohl keine der Stärken des Red Bulls."
Von Tiefstapelei bei Ferrari will Leclerc währenddessen mitunter nichts wissen: "Ich werde nicht sagen, dass wir uns selbst herunterspielen. Ich glaube wirklich, dass sie besonders während des Rennens am Sonntag die Oberhand haben werden."
Sowohl Leclerc als auch Sainz halten in Anbetracht der potenziellen Stärke des RB20 in Spanien womöglich sogar eine dominante Red-Bull-Performance auf dem Niveau des Saisonauftakts in Bahrain für möglich. Bei diesem hatte Verstappen im Ziel schlussendlich mehr als 25 Sekunden Vorsprung auf Sainz als bestplatziertem Nicht-Red-Bull-Piloten.
Sainz zu F1-Update-Rennen: Gibt keine Allheilmittel
"Ich habe immer das Gefühl, dass der Red Bull auf den Medium-Highspeed-Strecken gut performt, ebenso wie auf Strecken mit gröberem Asphalt wie in Bahrain und Barcelona. Sie werden das Team sein, dass es zu schlagen gilt", so Sainz, der bislang bei jedem seiner Heimrennen punkten konnte. Doch auch die erstarkte Konkurrenz von McLaren und Mercedes hat Sainz auf dem Zettel. "McLaren ist auch sehr stark in Highspeed-Kurven wie hier. Wir müssen sehen, wie das Upgrade von Mercedes hier in Barcelona performt, denn in Kanada waren sie die Schnellsten."

Gerade im Duell mit Ersteren erwartet Leclerc ein enges Duell. Zusätzliche Ungewissheit über die Rangordnung des Formel-1-Feldes in Barcelona bereitet allerdings die Tatsache, dass neben Ferrari auch noch weitere Teams Updates mit nach Spanien gebracht haben. Bei dem aktuell äußerst engen Kräfteverhältnis können schon kleinere Gewinne den Unterschied machen. "Es gibt keine Allheilmittel in der Formel 1 und all diese Upgrades, die wir bringen sind klein", meint Sainz im Hinblick auf die Ferrari-Neuerungen. "Aber hoffentlich macht es einen Unterschied, gerade in Anbetracht dessen, wie eng das Feld ist."
Leclerc glaubt ungebrochen an WM-Chance
Klar ist allerdings auch, dass dieses vergleichbar kleine Upgrade von Ferrari in Barcelona eine der Hauptschwächen des SF-24 nicht bereinigen wird - die Pace in langgezogenen langsamen Kurven, die Ferrari besonders in China Probleme bereitete. Das Spanien-Paket sei schlichtweg zu kurzfristig entstanden, so Leclerc. "Was wir mit diesem Paket versuchen, ist, uns einfach überall ein bisschen überall zu verbessern", erklärt der WM-Zweite stattdessen.
Von diesen kleinen Schritten erhofft sich Leclerc eine große Wirkung: "Ich hoffe, dass es genug ist, um die Lücke zu schließen und Red Bull von nun an konstanter herausfordern zu können." Denn das Ziel am Ende des Jahres ist klar: Der WM-Titel. "Glaube ich immer noch an den Titel? Ja! Andernfalls wäre das kein gutes Zeichen", gibt sich Leclerc trotz des katastrophalen Kanada-Wochenendes kämpferisch. Der Rückstand auf Verstappen in der Fahrer-WM beträgt 56 Punkte.
Ganz anders als die beiden Ferrari-Piloten erwartet das Kräfteverhältnis beim Spanien-GP übrigens Weltmeister Max Verstappen. Der Niederländer rechnet auch in Barcelona mit einem schwierigen Wochenende für seine Bullen. Alle Details lest ihr in diesem Artikel:
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