Sie schienen jahrelang schon ausgestorben, doch in der Formel-1-Saison 2024 sind die 10-Sekunden Strafen wieder zurück. Beim jüngsten Saudi-Arabien GP traf es allein Kevin Magnussen zwei Mal. Der Haas-Pilot machte aus dem Strafenhagel noch das Beste und verhalf durch eine Blockade der anderen Piloten seinem Teamkollegen Nico Hülkenberg immerhin zu einem Punkt.

Dass sich die FIA von den 5-Sekunden-Zeitstrafen entfernen, und in Zukunft vermehrt 10-Sekunden-Zeitstrafen aussprechen will, ging über die Winterpause zu einem gewissen Grad unter und überraschte daher einige Personen im Formel-1-Fahrerlager. Nicht zuletzt, da die Kommunikation seitens des Motorsportweltverbandes diesbezüglich ausbaufähig war. Motorsport-Magazin.com erklärt daher, was hinter dem erhöhten Strafmaß steckt.

Harter Zweikampf zwischen Kevin Magnussen im Haas und Yuki Tsunoda im Racing Bulls
Kevin Magnussen sammelte im Zweikampf mit Tsunoda eine 10-Sekunden-Strafe, Foto: LAT Images

Überholen außerhalb der Strecke: FIA greift 2024 härter durch

Ursprünglich gab es für das Verlassen der Strecke und dem Verschaffen eines Vorteils eine 5-Sekunden-Strafe, sollte der Beschuldigte seine Position nicht umgehend zurückgegeben haben. Insbesondere Vergehen dieser Art nimmt die FIA nun ins Visier, wie bereits beim Zweikampf zwischen Kevin Magnussen und Yuki Tsunoda beim Saudi-Arabien GP zu sehen war. Der Haas-Fahrer überholte den Japaner in Kurve vier außerhalb der Strecke, erlangte dadurch einen Vorteil und bekam dafür prompt seine zweite 10-Sekunden-Zeitstrafen des Abends aufgebrummt.

Kritik an dem ursprünglichen Strafmaß gab es bereits seit geraumer Zeit. Vor allem nach dem Sprint in Austin vergangenen Jahres kam die Diskussion auf, als George Russell Oscar Piastri nach einem Zweikampf außerhalb der Strecke überholte, die Strafe dafür allerdings billigend in Kauf nahm. Eine Woche später soll es beim Großen Preis von Mexiko eine ausführliche Diskussion mit den Fahrern über unter anderem genau dieses Thema gegeben haben. Das Resultat sind zukünftig höhere Strafen, die die Piloten davor abschrecken sollen, in einem Zweikampf zu viel zu riskieren.

Härtere Track-Limits-Strafen: Formel-1-Fahrer verwehren sich

Doch nicht nur das Überholen außerhalb der Strecke könnte in Zukunft härter bestraft werden. Auch die Höhe der Track-Limits-Strafen selbst soll in der FIA aktuell diskutiert werden. Bisher durfte ein Fahrer während eines Grand Prix drei Mal mit allen vier Rädern außerhalb der Streckenmarkierung sein, ehe es zu einer 5-Sekunden-Zeitstrafe kam. Ein weiterer Verstoß resultierte in einer 10-Sekunden-Strafe. In Zukunft könnte diese bereits nach dem vierten Verstoß drohen.

Dass in Zukunft nicht nur das Verlassen der Strecke beim Überholen, sondern auch das generelle Strafmaß für Track-Limit-Verstöße härter erhöht werden soll, stieß bei den Fahrern auf wenig Verständnis. "Es hört sich ziemlich hart an und das ist es auch", wurde Charles Leclerc deutlich.

Der Ferrari-Pilot hatte zur Verbesserung der Track-Limit-Problematik einen Alternativvorschlag parat. "Die Hauptpriorität sollte sein, die Streckenbegrenzungen zu verbessern oder uns zumindest zu helfen, sie besser einhalten zu können. So wie die weißen Linien im Moment sind, sehen wir sie nicht wirklich. Ich hatte das Gefühl, dass fünf Sekunden schon ziemlich schmerzhaft sind. Zehn Sekunden sind meiner Meinung nach zu viel."

Unterstützung erhielt Leclerc von Mercedes-Fahrer und GPDA-Präsident George Russell. "Man sitzt so tief, dass man nur die oberen 15 Zentimeter der Reifen sieht. Die Autos haben einen Abstand von 70 Millimetern zum Boden, am Ende der Geraden sogar noch weniger. Wir brauchen also einen Randstein, den wir fühlen können."

Danner: Unerträglich! Formel 1 Strafen-Chaos wird zur Farce! (20:14 Min.)

Lediglich Nico Hülkenberg zeigt sich nicht so abweisend wie seine Kollegen. "Es stimmt, es ist schwierig zu sehen, aber ich denke, wir haben ein Gefühl dafür", erklärte der Deutsche. "Einige Strecken sind besser als andere, aber ich denke, das würde uns zwingen, vorsichtiger zu sein. Also, warum nicht?"

10-Sekunden-Strafen sind zurück: Warum auch für Kollisionen?

Doch wie der aufmerksame Zuschauer in Jeddah bereits bemerkt haben dürfte, bekam Magnussen seine erste 10-Sekunden-Strafe für keinerlei Track-Limits-Vergehen. Auch im Zuge einer Kollision mit Alexander Albon nach dem Safety-Car-Restart bekam der Däne eine erhöhte Strafe, seine erste an dem Abend. Magnussen drückte bei der Anfahrt auf Kurve 4 den Williams-Fahrer an die Bande - Albon konnte nicht mehr zurückziehen.

Gerade für Unfälle nach eines Restarts oder normalen Rennstartes gab es in der Vergangenheit viel Kulanz seitens der Stewards. Eine 5-Sekunden-Strafe war das Maximum für Kollisionen dieser Art in der jüngeren Vergangenheit. Warum also nun der Sinneswandel seitens der FIA?

Die Antwort darauf dürfte unter anderem beim Beschädigten Albon zu finden sein. Dieser hatte nach dem letztjährigen Singapur GP, nachdem er in Kurve 14 vom heranstürmenden Sergio Perez abgeräumt wurde, flexiblere Strafen gefordert - in Abhängigkeit der Schnelligkeit des Verursacher-Autos. Albons Vorwurf: Gerade für schnelle Boliden machen 5-Sekunden-Strafen keinen Sinn, da diese mit Leichtigkeit wieder herausgefahren werden könnten.

Die FIA scheint Albon bei der Grundproblematik zuzustimmen. Da unterschiedliche Strafen in Abhängigkeit der Leistungsfähigkeit der Autos allerdings gegen die Fairness verstoßen würden, versucht der Motorsportweltverband mit einem erhöhten Strafmaß für mehr Vorsicht in den Zweikämpfen zu sorgen.