PRO – Rebekka Bauer
Feuertaufe bestanden wäre eine Untertreibung. Liam Lawson hat diese nicht nur überstanden, sondern dabei brilliert. Beim Überraschungs-Einsatz in Zandvoort (nicht nur sprichwörtlich) ins kalte Wasser geworfen, fast in Monza gepunktet, Q3 und P9 in Singapur. Nicht durch Glück in Chaos-Rennen, sondern durch eindrucksvolle Leistungen.

Schon in der DTM und der japanischen Super Formula hat er sein Talent gezeigt, trotzdem wurde er nie in Cockpit-Entscheidungen miteinbezogen. Dann die große Chance durch Ricciardos Verletzung. "Du bekommst in der Formel 1 nur einen Versuch, und für mich ist das jetzt", sagte Lawson. Und diese nutzte er: Mit fast keiner Erfahrung unter Druck im schlechtesten Auto abgeliefert. Umsonst, 2024 geht es wieder zurück auf die Ersatzbank.

Schade für den Neuseeländer, zugleich ein Armutszeugnis für das Nachwuchsprogramm von Red Bull. Wozu junge Fahrer ausbilden, wenn dann einem 34-Jährigen Ricciardo und einem Tsunoda, der seit drei Jahren in der Formel 1 ist, und noch immer auf seinen Durchbruch wartet, der Vorzug gegeben wird?

"Wir kaufen keine Stars, wir machen Stars" - so das ursprüngliche Motto von Red Bull. Wo bleibt der Mut, mit dem einst ein 17-jährigen Teenager ins Cockpit geholt wurde? Dietrich Mateschitz kaufte 2005 Minardi als Ausbildungsstätte für zukünftige Topfahrer. Mit Sebastian Vettel und Max Verstappen offensichtlich sehr erfolgreich. Davon ist nicht viel übriggeblieben. Zu Lasten von Liam Lawson.

CONTRA - Moritz Wimmer
Die Entscheidung, Liam Lawson für die nächste Saison kein Stammcockpit zu geben, sorgte in der Formel-1-Welt für reichlich Unverständnis. Der Grund dafür ist zwar hart, aber relativ simpel. AlphaTauri entschied sich nicht gegen Liam Lawson, sondern für ihre beiden aktuellen Stammfahrer Yuki Tsunoda und Daniel Ricciardo. Und dafür gibt es auch gute Gründe.

AlphaTauri-Fahrer Liam Lawson
Liam Lawson ging bei AlphaTauri leer aus, nächste Saison geht Daniel Ricciardo an den Start, Foto: LAT Images

Denn AlphaTauri will nach der aktuellen sportlichen Talfahrt wieder nach vorne - und fährt dafür große Geschütze auf. Neuer Hauptsponsor, neuer Name sowie mehr Synergien mit Red Bull. Das Schwesterteam soll autonomer werden, steuert dadurch allerdings auf eine ungewisse Zukunft zu.

Bei all diesen Veränderungen braucht es vor allem eins: Erfahrung. Davon bringt Daniel Ricciardo reichlich mit. Der siebenfache Grand-Prix-Sieger soll in der nächsten Saison eine Führungsrolle übernehmen, die wohl weder Lawson noch Tsunoda hätten erfüllen können. Ricciardos Vertragsverlängerung war damit alternativlos.

Und auch Tsunoda hat sich einen Stammplatz verdient. Seine jüngste Pechsträhne sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Japaner am Anfang der Saison im schlechtesten Auto mehrmals nur haarscharf an den Punkten vorbeifuhr und sogar einige sammeln konnte. Der erst 23-jährige hat in dieser Saison einen erkennbaren Schritt nach vorne gemacht. Warum hätte Red Bull seine Entwicklung genau jetzt deutlich erschweren sollen?

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