Wenige Tage nach dem GP in Austin findet sich die Formel 1 schon in Mexiko wieder. Das große Thema ist aber nach wie vor die Disqualifikation von Lewis Hamilton und Charles Leclerc nach dem US GP. Im Fahrerlager fragt man sich, warum nur bei vier Autos die Abnutzung des Unterbodens überprüft wurde, wenn doch zwei der vier geprüften Unterböden den Test nicht bestanden hatten.
Lewis Hamilton sorgte zusätzlich für mächtig Wirbel. Seine Quellen hätten ihm verraten, dass noch viel mehr Autos illegal unterwegs gewesen wären - aber eben nicht getestet wurden. Der Zweifel steht nun im Raum, flächendeckendere Tests hätten das verhindert.
Die FIA verteidigt sich, sagt es sei praktisch unmöglich, nach jedem Rennen jedes Auto auf jede einzelne Regel zu überprüfen. Die Überprüfungen brauchen Zeit, die der Rennkalender aber nicht hergibt. Die Autos müssen nach dem Rennen schnellstmöglich wieder an die Teams zurückgehen, um den Transport zum nächsten Rennen sicherstellen zu können.
FIA: Anfangsverdacht durch Oszillationsmetrik
Außerdem wurden die überprüften Autos nicht willkürlich ausgewählt. Die Teams wissen nicht, welche Autos auf welche Regeln überprüft werden - die FIA weiß das hingegen sehr wohl. Gewisse Parameter, wie das Gewicht, werden bei allen Autos überprüft. Bei komplizierteren Angelegenheiten verlässt man sich auf Stichproben. Bei den Stichproben hilft oftmals ein Anfangsverdacht.
Im Falle der Unterböden stehen der FIA Daten der Oszillationsmetrik zur Verfügung. Diese Metrik wurde in der vergangenen Saison eingeführt, um die Piloten vor zu harten Schlägen zu schützen. Die FIA kann dadurch sehen, welche Fahrzeuge besonders stark auf dem Asphalt aufschlagen.
Trotzdem bleiben Fragen unbeantwortet: Warum hat man nur jeweils ein Auto der fraglichen Teams untersucht? Hätte man nicht zumindest auch den Ferrari von Carlos Sainz und den Mercedes von George Russell auf den Verschleiß an der Unterbodenplanke checken sollen? Hätte man nach dem Entdecken der beiden Verstöße alle weiteren Checks einfach auf die Unterbodenplanken fokussieren sollen, statt Benzinproben und Co. zu entnehmen?
Wie lange dauert der Unterboden-Check?
"Gesunder Menschenverstand wird in der Formel 1 nicht immer angewandt", meint Haas-Teamchef Günther Steiner. "Um zeitliche Probleme kann es sich nicht gehandelt haben, weil die Überprüfung des Unterbodens nur wenige Minuten dauert." Steiner nahm Motorsport-Magazin.com sogar mit in die Haas-Garage und ließ von einem Mechaniker zeigen, wo und wie genau die Messung durchgeführt wird.
Im Reglement steht, dass die Messungen an den vier vordefinierten Messstellen der Planke durchgeführt werden. Allerdings ist das nicht ganz korrekt, weil es ein eigenes Messprotokoll gibt. Demnach wird nicht an der Planke selbst, sondern an den Skid Blocks gemessen. Das sind die kleinen Titanplättchen, die die recht filigrane Kunststoff-Planke an bestimmten Stellen vor übermäßigem Verschleiß schützen.
Bei Haas sind die Skidblocks verschraubt. Die Titanplättchen zu entnehmen, ist eine Sache von Sekunden. Anschließend kann die Messung erfolgen. Bei manchen Teams muss dafür aber die gesamte Planke abgenommen werden. Auch das ist teilweise komplizierter als es klingt, weil manche Teams die Planke nicht nur verschrauben, sondern auch am Unterboden verkleben. Da kann es schon einmal zwanzig Minuten dauern, an die gewünschte Bauteile heranzukommen.
Außerdem, so sagen manche im Fahrerlager, waren nicht mehr alle Autos im Parc ferme, als man auf die Ungereimtheiten bei Hamilton und Leclerc gestoßen war. Eine umfassende Reaktion auf die Verstöße wäre also gar nicht möglich gewesen.
Unterbodenabnutzung entscheidend für Performance
Für die Zukunft muss die FIA eine bessere Lösung finden. Vor allem, weil die Abnutzung der Planke extrem Performance-relevant sein kann. Eine Abnutzung von lediglich einem Millimeter erlaubt das Reglement. Dieser Wert ist eine elementare Kenngröße für das Setup. In den Trainingssitzungen testen die Teams mit unterschiedlichen Benzinladungen, mit DRS und ohne und mit weiteren Variablen, wie stark sich die Planke abnutzt. Anschließend wird auf die Renndistanz hochgerechnet.
Das Ergebnis dieser Arbeit spiegelt sich in Bodenfreiheit und Aufhängungshärte wieder. Verschleißt die Planke zu stark, muss das Auto höher oder härter abgestimmt werden. Das kostet Abtrieb oder mechanischen Grip.
Weil die Bodenwellen in Austin besonders stark waren und lediglich ein Freies Training zur Verfügung stand, gingen hier manche Teams besonders wenig Risiko ein. Dafür haben sie mit Performance bezahlt.
Sprint-Format oder Testprotokoll ändern?
Nach den Problemen in Austin mehren sich im Fahrerlager nicht nur die Forderungen nach besseren Kontrollen. Auch das Sprintformat soll überdacht werden. Eine Idee ist es, den Teams nach dem Sprint Änderungen an den Fahrzeugen zu erlauben.
Das würde gleich mehrere Vorteile mit sich bringen: Einerseits es größere Performance-Verschiebungen zwischen Sprint und Grand Prix geben. Gleichzeitig haben die Teams mehr Daten zur Verfügung, um sicherzustellen, dass die Unterbodenplanke nach der Renndistanz nicht weniger als neun Millimeter misst. Ein netter Nebeneffekt wäre es, dass die FIA deutlich weniger Aufwand hätte. Der zusätzliche Tag Parc ferme an einem Sprint-Wochenende erfordert erheblichen Mehraufwand bei Überwachung und Verwaltung.
Die Lösung für die Kontrollprobleme wäre das freilich nicht. Noch immer müssten die Autos nach dem Grand Prix auf ihre Regelkonformität überprüft werden. Um die Tests am Unterboden fairer zu gestalten, müssten wohl das Messprotokoll und/oder das Technische Reglement geändert werden, um den Zeitaufwand für die Tests über alle Fahrzeuge hinweg zu reduzieren.
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