Charles Leclerc verblasste im Formel-1-Rennen von Singapur vor dem Hintergrund des Sieges von Ferrari-Teamkollege Carlos Sainz. Im ersten Stint noch Zweiter, flog er durch die Safety-Car-Phase aus dem Kampf um den Sieg und wurde schlussendlich mit großem Rückstand nur Vierter. Das einstige Wunderkind der Scuderia zeigte sich nach diesem Ergebnis enttäuscht, jedoch nicht desillusioniert. Für ihn war der Sieg schon vor dem Rennen kein Thema mehr. Ferrari legte seine Strategie von vornherein auf den Erfolg des Teamkollegen aus und Leclerc fügte sich.
"Ehrlich gesagt, war es nicht der Plan. Seit heute Morgen waren die Dinge sehr klar, weshalb ich auch auf dem Soft-Reifen gestartet bin", so Leclerc, der von Startplatz drei als einziger Fahrer der Top-10 diese Reifenmischung wählte, und das aus laut eigener Aussage aus freien Stücken. "Ich wollte auch auf Soft starten, weil ich sichergehen wollte, dass ich sofort die Position von George [Russell] holen kann."
Den Traktionsvorteil seiner Reifen nutzte er auf den ersten Metern erfolgreich gegen den Mercedes-Fahrer und knüpfte diesem Platz zwei ab, jedoch nicht für den eigenen Vorteil. "Ich habe in letzter Minute meine Meinung geändert, einfach um sicherzustellen, dass ich im ersten Stint vor George bin, weil Carlos davon profitieren würde", sagt der 25-jährige Monegassen. "Wir wollten die Position von George, um den Gap für Carlos zu haben, damit er eine Runde nach mir stoppen kann, ohne die Führung zu verlieren und genau das haben wir getan."
Die Siegesambitionen, welche Leclerc nach dem Qualifying hochmotiviert anmeldete, hatte sein Team noch vor dem Rennen beerdigt. "Der Plan war, Russell zu überholen, und nicht, Carlos zu überholen", räumt Ferrari-Teamchef Frederic Vasseur ohne Umschweife ein, Leclerc für den Sieg des Teamkollegen schon vor dem Start geopfert zu haben. "Wir wussten, dass Track Position hier in Singapur entscheidend ist. Und der beste Weg, Carlos abzuschirmen, war, Charles hinter ihm zu haben."
Safety Car zerstört Leclercs Rennen
Bis zum Boxenstopp folgte er Sainz wie ein Schatten und nahm von den Ferrari-Strategen die entsprechenden Befehle entgegen, um die Führung des Stallgefährten abzusichern. "Wir haben Charles gebeten, langsamer zu fahren, um Carlos vor einem Undercut durch Russell zu schützen, und das war von der ersten Runde an der Plan", so Vasseur.
Kurz vor der Boxenstopp-Phase ließ er sich zurückfallen, um Sainz Luft für dessen Reifenwechsel zu verschaffen. Für ihn bestand in dieser Konstellation immer noch die Chance auf Platz zwei, doch die in der 20. Runde durch den Unfall von Logan Sargeant ausgelöste Safety-Car-Phase erwischte Leclerc auf dem falschen Fuß.
Durch den Doppel-Boxenstopp rutschte er auf die sechste Position ab. "Ich habe die Lücke natürlich auch für mich aufgemacht, weil es bedeutet hätte, dass ich eine Runde vor Carlos hätte stoppen und Platz zwei hätte halten können. Leider hatte ich mit dem Safety Car kein Glück. Ich musste in der Box den Verkehr durchlassen und habe das Rennen da im Grunde verloren", erklärt er.
Leclerc kämpft im zweiten Stint mit überhitzendem Ferrari
Nach dem Restart mühte er sich im Verfolgerfeld ab und verlor im zweiten Stint auf dem harten Reifen den Anschluss an die Führungsgruppe. Im Ziel lag er als Vierter über 20 Sekunden hinter Sainz. Kurzzeitig war er noch einmal Dritter, als Russell und Hamilton in der 44. von 62 Runden eine VSC-Phase nutzten, um zurück auf Medium zu wechseln. Die Chance auf das Podium hatte sich für ihn aber so oder so erledigt.
"Im Funk sagten sie mir, dass ich das Gegenteil von Lewis machen soll. Er ging vor mir an die Box, also blieb ich draußen. Es hätte nichts geändert", ist sich Leclerc sicher. Dass er in der zweiten Rennhälfte nicht mehr mithalten konnte, war jedoch nicht dem harten Reifen geschuldet. "Nachdem George und Lewis an mir vorbeigegangen sind, ging es nur darum, das Auto ins Ziel zu bringen. Es hat überall überhitzt, weshalb die Pace da nicht mehr repräsentativ war", stellt er klar. "Es ging nur darum, das Auto nach Hause zu bringen, davor war die Pace gut."
Im ersten Stint hatte er viel Zeit im Abstand von nur einer Sekunde zu Sainz verbracht, was die Maßnahme notwendig machte. "Hauptsächlich war es der Motor und wir wussten, dass es kritisch ist. Ich war mir dessen auch bewusst, und Singapur ist immer kritisch. Nachdem die beiden Mercedes dann vorbei waren, gab es für mich sowieso nicht mehr viel zu holen, indem ich pushe. Deshalb entschieden wir, sicher zu Ende zu fahren", so Leclerc weiter.
Leclerc hadert mit persönlichem Formtief
Die Freude über den ersten Ferrari-Sieg seit seinem Erfolg 2022 in Österreich war beim Monegassen nach diesem Rennverlauf gedämpft. "Es ist toll, aber andererseits schaue ich auch auf mich selbst und ich weiß, dass die letzten zwei Wochenenden von mir nicht die besten waren", gesteht er selbstkritisch. "Ich freue mich natürlich für alle, aber für mich ist das Resultat heute etwas enttäuschend, weil ich mehr wollte."
Dass sein Opfer zumindest nicht umsonst war und dazu beitrug, die Mission von Ferrari an diesem Wochenende zu erfüllen, ist für ihn ein kleiner Trost. "Der Sieg war alles in allem die Priorität und ich denke, wir haben das Rennen als Team wirklich gut im Griff gehabt", sagt er. "Es bedeutet sehr viel, besonders in solch einem Jahr, das für uns schon so schwierig begonnen hat. Red Bull war immer außer Reichweite und wir haben in Monza und hier einen guten Schritt nach vorne gemacht."
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