Den Sieg musste Ferrari im Italien-GP recht schnell abschreiben, auch der zweite Platz war gegen Red Bull im Rennen nicht in Reichweite. Damit blieb nur ein Platz auf dem berühmten Podium von Monza vor tausenden Tifosi übrig - und sowohl Carlos Sainz als auch Charles Leclerc wollten ihn haben. Die beiden verstrickten sich auf den letzten Runden daraufhin in ein gnadenloses Duell.

Dabei schienen sie alle mahnenden Worte der Ferrari-Box in den Wind zu schlagen. Kampf ohne Risiko wäre die Ansage gewesen. Die Aktionen auf der Strecke sprachen eine andere Sprache. Späte Blocks, mehrere Verbremser, Abkürzen, eine leichte Berührung in Runde 47, und noch in der letzten Runde fuhr Leclerc Sainz mit stehenden Rädern in der ersten Schikane fast ins Heck.

Keine Gnade für den Teamkollegen: Sainz & Leclerc sehen kein Problem

Nach dem Rennen sind beide aufgekratzt. Und guter Dinge. "Das war wahrscheinlich das beste Rennen der Saison, unter dem Helm zumindest", meint mit Leclerc sogar der Verlierer der Schlacht zu Motorsport-Magazin.com. "Das mit Carlos war genau das, was Racing sein tollte."

Beide Fahrer wehren sich dagegen, zu hart vorgegangen zu sein. "Als wir beide geradeaus sind, war es am Limit, aber ich war am Limit, Carlos war am Limit, das ist normal", sagt Leclerc. "Für uns beide bedeutet es viel, vor den Tifosi auf dem Podium zu stehen. Ich habe alles gegeben, aber ich weiß auch, wie wichtig es für die Tifosi ist, dass ein Auto oben steht, egal wer. Das hatte ich im Hinterkopf."

Carlos Sainz Jr. und Charles Leclerc im Kampf um Platz 3
Leclerc fand keinen Weg vorbei an Sainz, Foto: LAT Images

"Es gab keinen besonders erschreckenden Moment, es war einfach am Limit und hat Spaß gemacht", so Leclerc. Sainz unterschreibt das: "Mit Charles war es nie zu viel Risiko. Mit dem Teamkollegen passt du natürlich immer etwas mehr auf und lässt etwas mehr Platz. Das Letzte, was du in Monza vor den Tifosi willst, ist eine Berührung von zwei Ferrari. Es war ein harter Kampf für eine wichtige Position, und wir haben es sauber durchgebracht."

Ferrari feiert sich: Keine Stallorder in Monza

So ganz locker nimmt es das Team nicht. "Wir haben ihnen gesagt, kein Risiko zu gehen, aber was man als Risiko wahrnimmt, ist immer relativ", sagt Ferrari-Teamchef Fred Vasseur mit einem Schmunzeln. Etwas weniger Stress wäre ihm sicherlich lieber gewesen: "Aber das war auch die beste Art und Weise, um den Tifosi für ihre Unterstützung zu danken."

"Fünf Runden vor Schluss die Positionen einzufrieren ist nicht so toll", gibt sich Vasseur als Racing-Fan. Der finale Call, die beiden nicht einzubremsen, kam von ihm. "Ich will nicht polemisch werden, aber wenn ich die Lage eingefroren hätte, dann würdet ihr mich jetzt alle fragen, warum ich sie eingefroren habe!"

Verstanden hätten die Fahrer eine Stallorder aber auch. "Ich verstehe beide Seiten", meint Sainz. "Natürlich werde ich nicht lügen, es ist eine sehr subjektive Frage. Ich denke, es war am Limit, aber ein toller Fight zwischen Teamkollegen in der Formel 1. Das ist schließlich auch das, was ihr alle sehen wollt."